Darüber können auch Eltern lachen
Der Schriftsteller Jan Weiler hatte bei seiner Lesung am Montag im Kehler Zedernsaal die Lacher auf seiner Seite. »Das Pubertier« kannte nämlich so ziemlich jeder seiner Zuhörer.
Kehl. Jan Weilers Geschichten über »Das Pubertier« stehen seit einem Jahr auf der Bestsellerliste. Seine kabarettreife Lesung am Montag bestätigte, dass die Schilderungen absolut aus dem Leben gegriffen sind – wie jeder bezeugen kann, der selbst ein »Pubertier« zu Hause hat. Irgendwann um den 13. Geburtstag herum verwandelt sich der süße Nachwuchs in eine bockige, verpickelte Tyrannenbrut, die grundsätzlich erst einmal Nein sagt, das heimische Badezimmer in ein Barbie-Kosmetiklabor verwandelt und die eigenen Erzeuger uncool findet.
Jan Weiler macht aus der Not eine Tugend und geht das Ganze wissenschaftlich an: Minutiös dokumentiert er beispielsweise einen mehrstufigen Weckversuch des hauseigenen »Pubertiers«, der von der Aufhellung des Versuchslabors über das Stolpern übers Handy-Ladekabel mit anschließender Landung in einem angegammelten Käsekuchenrest bis zum Auswringen eines Waschlappens reicht, was zum wütenden Kopfkissenangriff auf den Versuchsleiter führt. Der wiederum nimmt es gelassen: »Das Pubertier hat offene Augen und schlechte Laune – es ist wach.«
Jan Weiler hat gleich zwei Kinder in der Pubertät. Während er bei der 15-jährigen Carla langsam Licht am Ende des Tunnels zu erspähen scheint, steht der elfjährige Nick erst am Anfang. Ihm zuliebe wagt er sich in die fungizide Fliesenwelt eines Spaßbades, beobachtet angeekelt brezelkrümelnde Weißbiertrinker in der Wasserbar und kichernde Teeniemädels im Hotpool. Der Autor versteht es meisterhaft, Situationen herauszupicken, die jedes Elternteil kennt, und durch kleine Erhöhungen und eine oft lakonische Sprache eine komische Geschichte daraus zu stricken.
Unverzeihliche Fehler
Die Lacher im Publikum lassen deutlich erkennen, dass die Sachverhalte nicht unbekannt sind – seien es die traumatischen Erfahrungen mit übereifrigen Elternvertretern, das Betteln der Tochter, ihr am Vorabend der Abgabe ein Referat zu verfassen, oder der unverzeihliche Fauxpas, am Morgen der Übernachtungsparty heiße Schoki anzubieten: »Gibt’s hier keinen Latte macchiato?«
Doch Jan Weiler, der seinen Lebensunterhalt unter anderem mit dem Verfassen der Kolumne »Mein Leben als Mensch« verdient, ist nicht nur dem »Pubertier« auf der Spur. Auch sein esoterisch angehauchter Schwager Jürgen, der schaffellgewandet zum Siedler-Spieleabend bittet und beim Nackt-Yoga im Garten den Nachbarn Energieströme schickt, ist zur Freude der Zuhörer ein steter Quell seiner Fabulierlust. Auch hier ist der Wiedererkennungswert groß: Jeder kennt sie, die missionarischen Müslimänner, die trommelnden und töpfernden Chakrensucher, die ihrer Umgebung mit ihrer Spiritualität auf den Geist gehen.
Jan Weilers Rache ist süß: Während der Schwager mit Gattin auf einer Kundalini-Tagung in Bad Boll weilt, nimmt er Sohn Friedemann-Amadeo in Obhut und lehrt ihn, dass es ein Leben jenseits der Dinkelhölle seiner Eltern gibt: Chips und Nutella-Toast, Supermario und Hangover 2.
Und was lernt man nun über den Umgang mit dem »Pubertier«? Investigative Recherche über sein Leben betreibt man über Facebook. Und durchsetzen kann man sich am besten, indem man ihm mit peinlichen Auftritten vor den zu Besuch weilenden Freunden droht: »Yo, Papa-Checker is in the house!«