Drei Stunden hochklassige »Best-of«-Darbietung
»Wir zeigen es euch«: Dieses Versprechen zu Beginn erfüllt »SWR1 Pop & Poesie in Concert« am Samstag in Gengenbachs Altstadt bei Bilderbuchwetter mit majestätischem Auftakt. »We will rock you« intoniert die Live-Band, die auch mit starken Sängerinnen und Sängern drei Stunden rund 2000 Besuchern ein hochklassiges »Best of« dieses Konzepts von Matthias Holtmann beschert.
Der Kultmoderator, inzwischen im Rentenalter von 65 Jahren, zelebriert nach der stampfenden Queen-Hymne in ruhigen Gesangstönen »Du holde Kunst, ich danke dir«. Franz Schuberts Hommage an die Musik sei so alt wie die Menschheit, erklärt Holtmann. Der Westfale, der in Stuttgart beim Südwestrundfunk seine berufliche Heimat fand, erläutert gewitzt das Wesen der Popmusik, der populären Musik, zu der unbedingt Text gehören und gehört werden sollte.
»Die Musik war meine erste Liebe und sie wird die letzte sein«, zitiert Jochen Stöckle, einer aus der jüngeren Moderatoren-Generation bei SWR1. »Music« von John Miles bringt weitere Besucher in Bewegung, die den Wechsel zwischen andächtigem Lauschen von Worten und Pop-Perlen genießen – Höhepunkte aus sechs Jahren und vier Staffeln »Pop & Poesie«, dazu Lieblingssongs von Holtmann, wie Queens »Bohemian Rhapsody« über einen tödlichen Schuss: »Mama, mein Leben hat doch gerade erst angefangen!« Das Stück gelte eigentlich als unspielbar, so Holtmann. Das SWR-Ensemble meistert diese Herausforderung.
Einzigartige Kulisse
»Vincent (Starry Starry Night)« von Don MacLean über die Zerrissenheit Van Goghs lässt manch Träne kullern, von Patrick Schwefel gesanglich und mit Akustikgitarre anrührend interpretiert. Als Kontrast poltert die coole »Rosie« von AC/DC zu Ehren des viel zu früh verstorbenen Bon Scott mit ihren 120 Kilo Gewicht über die große Bühne. »Ob du das Bier verschüttest oder nicht weißt, wo es steht, ist egal«, lässt Holtmann ebenfalls wissen. Wobei es sich nicht um einen Liedtext handelt, sondern um Auswirkungen von Parkinson und Alzheimer. »Mich hat eine Scheißkrankheit erwischt«, sagt Holtmann offen, verspricht aber, »keine Schüttelreime« von sich zu geben.
Vielmehr dankt er am Schluss seinem Arrangeur Peter Grabinger, »ohne den wir nichts wären« und der am Klavier filigran begleitet, dazu für »diese einzigartige Kulisse hier« und den Störchen, dass sie den Film »Vögel« doch nicht nachgespielt hätten. Die erste Halbzeit hat ein Storch schräg gegenüber mitverfolgt, später sich ein zweiter dazu gesellt. »Bei Hitchcock hat es auch harmlos angefangen«, schmunzelt der Mann mit Sinn für feinsten Humor und all die populären Tonarten.