Ein Klang wie feine Poesie
Es hat einen besonderen Reiz, Musik zu erleben, wie sie um 1800 geklungen hat. Miriam Altmann, Julia Huber und Anja Enderle beglückten das Kreuzgang-Publikum mit Original-Instrumenten aus dem 17. Jahrhundert und einem Nachbau eines Pianoforte von 1790.
Moderatorin Julia Huber erklärte, warum der Abend »Bearbeitungen« gewidmet war. »Die Werke von Haydn und Beethoven waren oft so erfolgreich und gefragt, dass die Verleger mit dem Noten-Drucken nicht nachkamen. Die Komponisten selbst oder weniger berühmte Kollegen schoben deshalb leicht veränderte oder anders instrumentierte Kopien nach, die dann auch ihren Weg machten.« Und so präsentierten Miriam Altmann (Hammerflügel), Julia Huber (Violine) und Anja Enderle (Violoncello) beim Kreuzgangkonzert am Sonntag in Offenburg entsprechende »Bearbeitungen«.
Die erste Bearbeitung, die Sinfonia Concertante Es-Dur von Mozart, stammt aus der Feder des Mainzer Kopisten und Verlegers Carl Zulehner, der Mozart um 50 Jahre überlebte und sehr viele eigene Passagen einbaute. Mozart wirkte manchmal wie der Souffleur, doch Zulehner wandelte treu in seinen duftigen Melodien.
Auf den weniger durchdringenden Hammerflügel und den seidigen Klang der alten Streichinstrumente muss man genauer hinhören, dann aber hat man den reinsten Genuss. Auf die Tauben wirkten die differenzierten Phrasen indes nicht beruhigend, sie gurrten so ungehalten, dass die Künstlerinnen amüsiert neugierig zum Dach schauten.
Sein Trio fis-moll hat Haydn in London selbst bearbeitet und es der Komponisten-Witwe Rebecca Schroeter gewidmet, die dem 60-Jährigen, sagen wir ruhig, eine Menge Liebesbriefe schrieb und seine Schülerin wurde. Sie war 20 Jahre jünger, und »Papa Haydn« war ihr sehr gewogen. Und weil alte Liebe niemals rostet, klingt auch dieses Trio heiter und beschwingt. Das Adagio ist so schmeichlerisch zart, dass man die Herzensregungen zu spüren meint.
Während die Pianistin einen Klangteppich aus virtuosen Läufen ausrollt, liebkosen die Streicherinnen ihre Instrumente, die tänzerischen Bogenstriche sind eine Augenweide.
Nach der Pause war Instrumentenkunde dran. Julia Huber machte das aber so lebendig, dass sich niemand auf der Schulbank fühlte. Der Hammerflügel als Brücke vom Cembalo zum Konzertflügel (1850) hat noch keinen Stahlrahmen und statt eines Pedals einen Kniehebel. Die traditionellen Darmsaiten von Violine und Cello – mit den Knien gehalten, ohne Dorn – werden mit alten Bögen sehr sensibel gestrichen. Und das klingt weit filigraner als die heutige Musizierweise.
Kokette Sykopen
Haydns Streichquartett op. 33,5 hat der Franzose Barthelemon, der in London ein Musiktheater geleitet und Haydn dort erlebt hat, in ein Trio verwandelt und im Adagio und Allegro schottische Volksmusik aufgenommen. Dabei ahmen die Pizzicati wie sommerliche Serenaden die Renaissance-Lauten nach, und der »Tanz der Herzogin von Hamilton« macht zierliche Schritte und kokette Synkopen-Sprünge. Weil er so viel Spaß macht, kehrt sein Thema in leichter Variation in ungefähr zehn Wiederholungen wieder. Zum Abschluss Beethovens fast originales »Gassenhauer-Trio« von 1798. Da wurde nur die Klarinette durch die Violine ersetzt, was Julia Huber ausgesprochen gefiel.
Schön vollgepackt sind die Ecksätze, während das kürzere Adagio ganz zart und innig klingt. Die sieben Gassenhauer-Variationen, eigentlich eine an jeder Ecke in Wien gepfiffene Arie aus einer damals beliebten Oper, kamen sehr verschieden daher, mal wuchtig, lebhaft, dann neckisch, tänzerisch, auch mal in Moll, immer wieder überraschend.
Nach ausgiebigem Applaus folgte als Zugabe Beethovens Menuett aus dem Septett, wieder für Trio bearbeitet. Der Konzertgenuss könnte allerdings optisch abgerundet werden: Die besenartigen Ölbäumchen auf der Bühne und die kümmerliche Bepflanzung der Sandsteinschale rufen dringend nach einem Gärtner.