Theater in der Oberrheinhalle: Amphitryon

Ein wahrhaft göttliches Durcheinander

Bettina Kühne
Lesezeit 3 Minuten
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27. Januar 2015

Wen hat Alkeme nun in ihren Armen? Jupiter oder ihren Mann Amphitryon? ©Ulrich Marx

Einen Klassiker brachten die Theatergastspiele Kempf in Offenburg auf die Bühne: »Amphitryon«, das Verwirrspiel von Heinrich von Kleist mit dem Stoff einer antiken Sage. Das Fazit: Es funktioniert – auch das Publikum blickte nicht immer durch.

Offenburg. Beim Jupiter – was für ein Durcheinander! »Wer ist jetzt wer?«, wispert ein grauhaariger Herr und zuckt mit den Schultern. »Ich habe es gelesen, die Sprache ist schwierig«, beruhigt eine Dame ihre Freundin. Tatsächlich: Ein bisschen etwas verlangten die Verse den Zuschauern in der Oberrheinhalle ab. Obwohl Regisseur Bernd Seidel Heinrich von Kleists Stück mit lediglich fünf Schauspielern inszeniert, ist es ein heilloses Durcheinander. Und vor allem der Beweis für eines: Kleists Konzept geht auf, heute vielleicht noch viel mehr als früher, als jedes Kind wusste, dass Jupiter (oder Zeus, gespielt von Bernhard Bettermann) schon mal seine Gestalt wechselt, wenn er hinter einer schönen Frau her ist.
In diesem Fall war dem Göttervater Alkmene ins Auge gestochen, die Gemahlin des thebanischen Feldherrn Amphitryon. Der weilte im Krieg – und die wartende Ehefrau war entzückt, ihn unverhofft zu sehen. Dennenesch Zoudé spielte diese mit fließenden Bewegungen, zärtlicher Geste, aber einem festen Willen. Durch nichts ließ sie sich auf Jupiters Wunsch ein, ihn als unvergessenen Geliebten zu titulieren. Warum auch? Für sie ist der Herr im glänzenden weißen anzug ihr Gatte – und ihr Geliebter zugleich. Einen Gott kann sie nur verehren, betont die Unwissende.  Dem Zuschauer freilich hilft die gut inszenierte Diskussion um Liebe und Leidenschaft: Da gibt es wieder mal einen Anhaltspunkt, wer wer ist.
Bevor es allerdings soweit ist, musst erst einmal Sosia – Patrick Gabriel als munter-dummer Diener – dran glauben. Er hat den Auftrag, die Rückkehr seines Herrn für den nächsten Tag anzukünden. Und während er noch »übt«, mit welchen Worten er Alkmene davon unterrichten will, wird er das erste Opfer des Verwirrspiels. Merkur (Manuel Klein) steht als Sosias für den Göttervater Schmiere und verhindert mit Prügel und Frechheiten, dass sein Chef auffliegt. Nett gemacht war, wie der echte Sosias nach und nach an seinem Verstand zweifelt, da sein Kontrahent einfach alles weiß.
Ruhender Pol war in der Inszenierung der Ort – so wie es auch Kleist vorsah. Strahlend weiße Palastpforte, roter Teppich, himmelblaue Wandelemente: Dieses sparsame Inventar, eher barock als antik, war das Rückgrat für das schräge Spiel des Göttervaters. Wenn die Szene wechselt, summt eine Art antiker Chor. Denn nicht nur zwischen den gedoppelten Charakteren, auch zwischen den Paaren ging es turbulent zu.
Charis (Sandra Heuer) fühlt sich vom Merkur-Sosias schlecht behandelt und lässt dies ihren wahren Mann spüren. Auch Amphitryon (Patrick Wolff) ist wenig erfreut, als er erfährt, dass er gestern schon da gewesen sein soll: Streit zwischen dem Herrscherpaar ist programmiert. Die Situation spitzt sich zu, das Volk wird involviert, und Alkmene soll schließlich entscheiden, wer der »echte« Amphitryon ist. »Ach«, seufzte sie, als das Rätsel am Ende gelöst ist.
Die Quintessenz des 1899 uraufgeführten Stückes Anfang 2015? Gut, dass kein Gott mehr auf die Erde kommt. Es wäre auch zu verwirrend.

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