Eine Julia aus dem Schuttertal
Auf die eher leichtfüßig anmutende Geschichte von »Robin Hood« folgt eine der großen Tragödien Shakespeares: Die Freilichtspiele Seelbach warten mit einer Neuinszenierung von »Romeo & Julia« auf. Im Gespräch mit der Mittelbadischen Presse erzählt Regisseurin Katja Thost-Hauser, warum sie die Liebesgeschichte gewählt hat.
Seelbach. Auch wenn es die bekannteste Liebesgeschichte der Weltliteratur ist, den detaillierten Inhalt der Tragödie von William Shakespeare kennen die wenigsten. »Da ist der tragische Liebestod eines jungen Paares, eine uralte Familienfehde und ein Balkon in Verona«, fasst Regisseurin Katja Thost-Hauser die bekannten Bilder und Szenen des 1597 uraufgeführten Stücks zusammen. Sie hat den Stoff ganz bewusst für die diesjährige Auflage der Freilichtspiele Seelbach ausgesucht. Auf »Robin Hood« sollte ein etwas schwerer, ernsterer Stoff folgen – und dann ist da noch der 450. Geburtstag von William Shakespeare.
Die Befürchtung, die Festspiele könnten damit in eine neue Richtung driften, wischt sie mit ihrem nächsten Satz aber gleich wieder weg. »Shakespeare hat Schauspiele für das Volk geschrieben, bei ihm gibt es immer auch etwas zu lachen, einen Hang zum Grotesken«, schiebt sie nach.
Gut eine Woche nach Beginn der Proben zu den am 13. September in ihre elfte Saison startenden Freilichtspiele sitzt sie mit ihrem Vater Bruno Thost, dem Intendanten des Theaterspektakels, ganz entspannt in einer Gartenwirtschaft in Seelbach. Das Zusammenspiel zwischen einer Hand voll Profi-
schauspielern aus Wien und gut zwei Dutzend Laiendarstellern aus dem Schuttertal läuft wieder einmal bestens. Die rund 35 Köpfe zählende Theatercrew ist auch dieses Mal mit Feuereifer bei der Sache.
Kein Musical
Romeo wird von dem in Steyer geborenen Schauspieler Raphael Cisar gespielt. Als Julia agiert an seiner Seite ein junges Theatertalent aus dem Schuttertal, das seit 2010 zum Team gehört. Es ist das erste Mal, dass Kristina Fehse eine der tragenden Rollen in einer Inszenierung von Katja-Thost-Hauser übernimmt.
Dem eher ernsten Stoff zum Trotz, wird auch dieses Mal wieder getanzt und gesungen. Dem Publikum wird aber keineswegs ein verkapptes Musical serviert. Die Wiener Regisseurin, die selbst in die Rolle von Julias Mutter schlüpft, hat klar die Essenz der Tragödie im Blick. »Es geht um den von Generation zu Generation weitergegebenen Hass, darum, dass Eltern ihre Kinder in Geiselhaft nehmen«, bringt sie ihren Ansatz auf den Punkt. Sie spricht in dem Zusammenhang über den im Moment wieder brandaktuellen Konflikt im Nahen Osten, über »Familienehre« und »Ehrenmorde«. »Kinder haben ein Recht auf ein eigenes Leben«, lautet ihre Botschaft.
Thost-Hauser hat »Romeo & Julia« in die 1980er-Jahre, die Zeit ihrer eigenen Jugend, verlegt. Das Stück spielt überwiegend auf der Straße, Julia und Romeo gehören zwei unterschiedlichen Gangs an, die sich alles andere als grün sind. »Ein bisschen wie Mods und Punks«, sagt Katja Thost-Hauser lachend und zählt dann die aus dem Soundtrack ihres eigenen Lebens übernommenen Songs auf, die im Hintergrund der Aufführung anklingen werden.
Dass die Nachfrage so enorm ist, freut selbstverständlich alle Beteiligten – auch wenn nun wegen der regen Kartennachfrage eine weitere Aufführung dazwischengeschoben wurde.
Freilichtspiele Seelbach: »Romeo & Julia«; Termine: 13., 14., 17., 19. und 20. September, jeweils um 18 Uhr, Sonntag, 21. September, 15 Uhr, Familienvorstellung. Karten: Tourist-Info Seelbach, • 07823/949452 oder über tourist@seelbach-online.de.