Giora Feidmann und die Klezmer-Musik
Magische Momente und bewegende Augenblicke bescherte die Konzertlesung mit Giora Feidman am Freitagabend im Offenburger Salmen.
Leise klagend, fast seufzend klingt die Klarinette. Aus der Dunkelheit des Salmensaals kommend zieht Giora Feidmann die Zuhörer sogleich in seinen Bann. Seine hingehauchte Töne lassen in der ehemaligen Synagoge eine magische Stimmung aufkommen – ein bewegender Augenblick.
Auf der Bühne angekommen, wartet sein kongenialer Partner Enrique Ugarte mit Akkordeon auf ihn, um sogleich in die Musik des Virtuosen mit einzustimmen. Klarinette und Akkordeon blasen allmählich die Melancholie fort: die ersten zarten Töne schwellen langsam an, die Instrumente scheinen zu tanzen, sie singen, jauchzen – es ist das pralle Leben. Kurz danach erklingt eine Zusammenstellung aus der deutschen, israelischen und palästinensischen Nationalhymne.
Leben und Tod
Feidman bezieht sein Publikum immer wieder in seine Künste ein, animiert es zum spontanen Mitsingen. Zum Improvisieren gibt es viel Platz: Es wird »Donna Donna« oder der hebräische Gruß »Shalom chaverim« angestimmt. Die Klarinette weint, Klezmer ist Leben und Tod, Fröhlichkeit und tiefe Trauer. »What A Wonderful World« geht unter die Haut. Beide Musiker gehen an diesem Abend eine Symbiose ein, verschmelzen bei einem Klezmer-Tango in eine innige Umarmung. Beim »Konzert für Aranjuez« beweist Ugarte in einem glänzenden Solospiel, dass hier ein einzigartiger Meister am Akkordeon ist.
Im Rahmen der Konzertlesung liest Schauspieler Torsten Münchow aus Feidmans Biografie »Du gehst, du singst, du tanzt«. Mit markanter Stimme haucht Münchow den kurzen Episoden Leben ein, schäckert auf der Bühne gelegentlich mit dem Weltmusiker, der 1936 als Sohn jüdischer Einwanderer in Argentinien geboren wurde.
Mit einem Schmunzeln auf den Lippen hört Giora Feidman den Ausführungen des Schauspielers zu, schaut wohlgefällig in die Menge, erzählt zwischendurch, was ihn bewegt. In einer Mischung aus Englisch und Deutsch-Jiddisch bringt er es auf den Punkt: Musik sei für ihn geistige Nahrung, ohne die wir nicht leben könnten und eine »Sprache der innersten Seele«, ein Mittel der Verständigung, das alle Grenzen überwindet. Unser Körper sei ein Instrument, ein Gefäß des Liedes, mit einer Stimme, um die Sprache auszudrücken, die man Musik nennt: »Ein Klezmer spielt nicht, er singt«. Die Aufgabe des Künstlers sei dabei, die Menschen in die Lage zu versetzen, Liebe zu fühlen.
Brücken bauen
Feidman will Brücken bauen und zu Frieden und Versöhnung beitragen zwischen Völkern und Religionen. Die Aussöhnung zwischen Deutschen und Juden sei für ihn weitgehend abgeschlossen. »Ich liebe Deutschland«, sagt Feidman im Offenburger Salmen. Es sei ein wunderbarer Moment, dass Deutsche und Juden wie eine Familie in diesem geschichtsträchtigen Ort zusammensäßen. Das Publikum spendiert dem »Grand old man« und seinen Begleitern immer wieder begeisterten Beifall.
Mit »Summertime« von George Gershwin erinnert Weltbürger Feidman an die »Wärme der Humanität« in einer immer kälter werdenden Welt. Selbst Mime Torsten Münchow kann hier nicht mehr innehalten, springt überraschend auf und begleitet mit rauher Stimme und fast wagnerischem Impetus das Spiel der beiden Musiker. Doch so brachial endet es dann doch nicht: Alles verklingt in einwm geflüsterten »Jam pam pam deida....«.