»Ich bin mal wieder ein Schelm heute«
Heinz Erhardts schelmische Sprachspielereien stehen der Grimmelshausenstadt Oberkirch gut zu Gesicht. Da kam der »Noch’n-Gedicht«-Auftritt von Hans-Joachim Heist bei den Literaturtagen gerade recht. Die weit über 200 Besucher feierten ihn mit enthusiastischem Applaus.
Oberkirch. Hans-Joachim Heist hat durch die Rolle des Gernot Hassknecht in der ZDF-Satire-Sendung »heute-show« einen enormen Bekanntheitsgrad. Hier spielt er den regelmäßig vor Zorn an die Decke gehenden Giftzwerg, dessen cholerische Wutausbrüche als Blitzableiter für die frustriert vor sich hinköchelnde Volksseele fungieren. Die 1,62 große Stimmungskanone bietet inzwischen sogar mit seinem Bühnenprogramm »Das Hassknecht-Prinzip – In zwölf Schritten zum Choleriker« erfolgreich Nachhilfe an.
In Oberkirch blieb Hassknecht jedoch gänzlich außen vor, hatte doch Heist mit »Noch’n Gedicht« einen abendfüllenden Geniestreich zu bieten. Zwei kurze biographische Einführungsrunden genügten, um den Lebenslauf des Humoristen Heinz Erhardt hinreichend in Erinnerung zu rufen. »Solange ich nur sprechen kann, werde ich es schaffen, das Publikum zum Lachen zu bringen«, hatte er gehofft. Doch der unvergessene Leinwandstar der Wirtschaftswunderjahre erlitt 1971 einen Schlaganfall und war bis zu seinem Tod im Juni 1979 verstummt.
Heist verstand es, den unvergessenen »Willi Winzig« mit einem schnellen Griff zum dickrandigen schwarzen Kassengestell zum Leben zu erwecken. Wenn der Kabarettist anschließend den Kopf ein wenig schief zur Seite neigte und den Mund zu einer schüchtern lachenden Grimasse verzog, grinste, lachte und applaudierte der ganze Saal. Und natürlich fiel auch Erhardts beliebter Dauerscherz »Ich bin mal wieder ein Schelm heute« auch in Oberkirch noch immer auf fruchtbaren Boden. Der Bühnenprofi Heist verstand es, Erhardt in Szene zu setzen.
Perfekte Mimik
So wie viele andere Rezitatoren, stocksteif ans Rednerpult gepresst, von einem Stapel voll Zettel vorzutragen, kommt für Heist nicht in Frage. Er nutzt die ganze Fläche des Raums, stolziert im Erhardt’schen Habitus auf und ab und besucht gerne zum Späßchen machen und Händeschütteln die ersten Reihen im Publikum.
Heists Mimikry gelang perfekt. Von der offiziellen Begrüßung: »Ich heiße nicht nur Heinz Erhardt, sondern auch Sie willkommen!« bis zur letzten Zugabe blieb der Komiker in seiner Rolle. Sein pausenloses, aus albernen Kalauern, raffinierten Wortverdrehungen, Schüttelreimen und der Verballhornung bekannter Begriffe bestehendes Pointenfeuerwerk kam an. Laustarke Lachsalven erschütterten die Aula.
Das rasant vorgetragene »Heinz-Erhardt-Best-of« enthielt sogar einige schmissig interpretierte Liedchen wie »Fährt der alte Lord fort, fährt er mit dem Ford fort…«. Unglaublich, wie Heist in seiner Rolle aufging. Sein Auftritt hätte sicher sogar den Erfinder der hochkomischen Kleinkunst begeistert.