Jahresrückblick 2014: Schlachtplatte in Lahr
Die satirische Jahresendabrechnung des Kabaretts »Schlachtplatte« am Sonntag in Lahr fällt gallig aus. Überall Krieg, im Großen wie im Kleinen. Die fünfköpfige Truppe schlüpft deshalb in Uniformen, steigt als »Humorbataillon« hinab in die Schützengräben des Alltags
Die mittlerweile siebte Auflage des Kabaretts »Schlachtplatte« lässt dem Publikum wenig Zeit zum Verschnaufen. Das Tempo ist hoch, der Kessel selbst steht mächtig unter Druck. Robert Griess, Jens Neutag, Matthias Reuter und das Duo »Onkel Fisch« alias Adrian Engels und Markus Riedinger kommen nach Lahr, um im ausverkauften Schlachthof so richtig Dampf abzulassen.
Als neu gegründetes »Humorbatallon« der Bundeswehr stürmen sie die Bühne, ducken sich dann schnell in den Schützengraben. Überall herrscht Krieg, im Fernen Osten ebenso wie im Nahen Osten und an den östlichen Rändern Europas. Es wird scharf geschossen, über die Heimatfront donnern die Tiefflieger vom rechten Rand der Gesellschaft. Das satirische Feuerwerk des Quintetts fällt angesichts der allgemeinen Themenlage deutlich galliger aus als in früheren Jahren.
Es wird Tacheles geredet, das Lachen bleibt manchmal fast im Halse stecken. Gleichzeitig ist aber auch spürbar die Comedy auf dem Vormarsch. Das feine Florett des politischen Kabaretts bleibt oft zugunsten eines lärmenden Frontalangriffs, einer schnellen Pointe in der Scheide stecken.
2014 war also vor allem ein Jahr der kriegerischen Auseinandersetzungen, das 25-jährige Jubiläum des Mauerfalls wird nur am Rande gestreift. Und doch stellt die Truppe klar: »Auf deutschem Boden wird nie wieder eine Mauer fallen!« Der Beginn des 1. Weltkrieges vor 100 Jahren taugt schon eher als Steilvorlage. Die Geister der Kriegstoten von damals steigen aus ihren Gräbern, werden von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen gleich auf die verschiedenen Frontabschnitte verteilt.
Zeichen auf Sturm
Deutschland soll schließlich mehr Verantwortung übernehmen, die Bundeswehr ist aber nur bedingt einsatzfähig. Die meisten Panzer und Flugzeuge schaffen es nicht einmal durch den TÜV. Auf die Mächtigen der Welt ist auch kein Verlass mehr. Von Selbstzweifeln geplagt, liegen Barack Obama, Françoise Hollande und Wladimir Putin bei Psychiater Kim Jong Un auf der Couch. Nur Angela Merkel behält den Überblick. Sie schneit herein, macht schnell ein paar Bilder, um die Herren bei Bedarf unter Druck setzen zu können. Der nordkoreanische Diktator ist begeistert, von »Angie« kann selbst er noch etwas lernen.
Die Jugend läuft derweil aus dem Ruder, zieht eigenmächtig in den heiligen Krieg. Die Terroristen und Mörder der »ISIS« haben aber ebensowenig mit dem Islam am Hut wie die Killer der »NSU« mit den Nazis.
Auch an der Heimatfront stehen die Zeichen auf Sturm. Adrian Engels und Markus Riedinger erklären dem Publikum, warum Deutschland das Freihandelsabkommen mit den USA braucht, dass die Hoffnung für die Zukunft auf genetisch veränderten Lebensmitteln, dem durch sie verursachten Sprung in der Evolution beruht. Robert Griess übt derweil den Klassenkampf, studiert mit den Zuhörern schon einmal ein paar Parolen für die nächste Demo vor der Bank ein. Matthias Reuter singt derweil das Liebeslied eines Hooligans, der endlich einen »Feind fürs Leben« gefunden hat. Dann marschiert das Quintett schnurstracks zum Parteitag der AfD, der Erfolgspartei des vergangenen Jahres.
Für 2015 gibt es trotzdem Hoffnung, auch wenn FDP, SPD, CDU und Grüne gleich bei der ersten Landtagswahl an der 5-Prozent-Hürde scheitern, das Land damit unregierbar wird. Der russische Einmarsch scheitert dafür gleich hinter der Grenze, weil Putins Armeen mit ihren Rubeln die Autobahngebühr nicht bezahlen können.