Karlheinz Kluge lässt liebt Fantasie mehr als die Recherche
In der Reihe »Wortspiel« stellte Karlheinz Kluge am Dienstagabend sein neues Buch »Auf der Walz« vor. Der große Zuspruch zeigte die Wertschätzung der eigenwilligen Schreibkunst des Offenburger Autoren.
Einen wahrlich traumhaften Abend bescherte der Schriftsteller Karlheinz Kluge am Dienstag dem »Wortspiel«-Publikum in der Stadtbibliothek. Denn er zeigte sich als begnadeter Erzähler, als Fabulierer, der in seinem Buch »Auf der Walz« autobiografische Wirklichkeit mit Fantasie und Träumerei verwebt. Das habe schon etwas mit magischem Realismus zu tun, versuchte der Literaturwissenschaftler Wolfgang Menzel das Werk seines Gesprächspartners Kluge ein wenig zu analysieren.
Wie Bilder von Chagall
Irgendwie erinnerten viele Szenen dieser Fahrt durch das Leben an Bilder, wie von Marc Chagall gemalt. Manchmal steht die Welt auf dem Kopf, manchmal ist eine Szene weiß wie Schnee oder kindlich bunt, dann geheimnisvoll leuchtend. Und immer wieder bleibt von Dingen und Handlungen aus den Zeiten der »Walz« nur ein knapper Satz, der das Vielschichtige zusammenfügt.
Karlheinz Kluge schreibt einen sehr originellen Stil. Es verwundert, dass er nicht längst auf den großen Bühnen der Literatur gelistet ist. Sollte Kluge seine bescheidene Zurückhaltung nicht aufgeben? Man könnte seine Literatur trotz des badischen Plusquamperfekts auch im Norddeutschen verstehen, hatte Menzel mit Augenzwinkern gemeint.
Karlheinz Kluge präsentierte dem aufgeschlossenen Publikum zwei seiner merkwürdigsten Buchkapitel. Das von der Offenburger Fasent-Taufe und das vom Mönch, der das Geheimnis eines Mathematikers entdeckt hatte. Im nachfolgenden Zwiegespräch plauderte Kluge unbefangen über sein Verständnis vom Schreiben.
Schon Sigmund Freud hatte einst gedeutet, dass einem, dem sich die Wirklichkeit nicht füge, der Traum als Wahrheit diene. Bei Kluge wurde er zu Literatur, zur Wunschbiografie. Daten und Fakten sind dabei immer stimmig. »Obwohl«, bekannte Kluge mit verschmitztem Lächeln, »zu viel Recherche bringt meine Fantasie auf null«. Mit viel Beifall endete die charmante Lesung.