Oppenau

Kunstinstallation erinnert an Ersten Weltkrieg

Gertrud Schley/Jutta Hagedorn
Lesezeit 3 Minuten
Jetzt Artikel teilen:
11. August 2014

Die Installation Memento190 soll an die Gefallenen des Ersten Weltkriegs erinnern. ©Tim Roth

190 Männer aus Oppenau sind im Ersten Weltkrieg gefallen. Weil das Kriegerdenkmal der Stadt zurzeit eingelagert ist, erinnert der Konzept-Künstler Tim Roth  mit einem temporären  Denkmal an die sie. Morgen, Dienstag, startet er die Aktion.
 

Neben den Laufschriften der Ortenau-S-Bahn mit Informationen zum Zugverkehr wird am Oppenauer Bahnsteig ab morgen eine weitere gelbe LED-Anzeige Informationen weitergeben: die Namen der 190 im Ersten Weltkrieg gefallenen Oppenauer. »memento 190« nennt es der Künstler Tim Otto Roth – Gedenken und Mahnung in einem. Die Anzeige befindet sich im Oberlicht von Roths Atelier und zeigt gen Bahnhof. 

Die Anzeige dient als eine Art Ersatz – für das Kriegerdenkmal, das im Stadtgarten stand und Parkplätzen weichen musste. Namentlich seien nur auf diesem Denkmal alle 190 in den Weltkriegen Gefallenen erwähnt – also jeder zehnte männliche Oppenauer. Ein Grund, warum Roth für Ersatz sorgte. Für ihn war es nicht akzeptabel, das man einerseits neue Gedenkstätten errichtet und gleichzeitig in Oppenau die einzige Erinnerungsstätte aus dem Stadtbild nimmt. Zumal an ihm zum Volkstrauertag der Toten gedacht wurde – auch wenn es bisweilen Anstoß erregte, wie Roth vermerkt. Da schleudert ein Soldat eine Handgranate gen Westen, also Frankreich, und darunter ist zu lesen: »Wenn Tausend einen Mann erschlagen / das ist nicht Sieg, nicht Ruhm, nicht Ehr! Und heißen wird’s in späten Jahren / gesiegt hat doch das Deutsche Heer!«. Starker Tobak, doch für das Künstlerpaar Tim Roth und Miriam Seidler liegt darin auch viel Potenzial. Für das Gedenken wie für das Mahnen.

- Anzeige -

Derzeit befindet es sich in der Obhut des Oberkircher Steinbildhauermeisters Michael Huber. Es solle zwar nach der Renovierung wieder aufgestellt werden – allerdings gebe es bislang noch keine Entscheidung seitens des Gemeinderates, so Roth. Für ihn und Seidler ist das bloße Aufstellen des Denkmals aber nicht ausreichend: »Vielmehr muss die Geschichte aller Kriegerdenkmäler von ausgebildeten Historikern aufgearbeitet werden und die Ergebnisse unter anderem in eine Informationstafel einfließen«, fordern sie. Als Ergänzung zum alten Denkmal. Entworfen worden war es übrigens im Auftrag des Kriegervereins von dem Freiburger Bildhauer Hugo Knittel (1888-1958).

Visuelles Spiel
Das visuelle Spiel mit den verschiedenen Anzeigen am Oppenauer Bahnhof ist für Tim Roth »mehr als ein Element der Irritation«. Es ist für ihn auch »ein Verweis auf den Bahnhof als den Ort, wo viele der Soldaten auf immer den letzten Abschied von der Heimat nahmen.«
Die erste Stufe seines temporären Denkmals hat documenta-Künstler Roth bereits gestartet. Seit 1. August, an dem sich die deutsche  Kriegserklärung an Russland zum 100. Mal jährte, zeigten Roths LED-Anzeigen verschiedene deutsche Kriegserklärungen. Besonderen Reiz hatte für Roth die »am 3. August telegraphisch übermittelte Kriegserklärung an Frankreich, die aufgrund eines Kommunikationsfehlers überwiegend sinnfrei, dadaistisch anmutende Züge« hatte.  

Morgen, Dienstag, 19.30 Uhr, wird die temporäre Gedenkanzeige mit den 190 Namen eingeweiht. SWR-Redakteur Willi Keller liest Lyrik aus den ersten Kriegsmonaten von prominenten Dichtern wie Gerhard Hauptmann, dem Kriegsfreiwilligen Richard Dehmel und Ernst Lissauer, den Zeitgenossen den »deutschesten aller jüdischen Dichter« nannten.
Im ersten Kriegsjahr seien rund drei Millionen Kriegsgedichte entstanden, weiß Roth. Sie »bejubeln im Nachhinein auf kaum nachvollziehbare Weise den Krieg und bringen so das moralische Versagen von großen Teilen der künstlerischen Avantgarde zur Sprache«, erläutert er die von der Literaturwissenschaftlerin Miriam Seidler ausgewählten Texte.
Auf einer interaktiven Karte hat Roth die über ganz Europa verteilten Sterbeorte der Kriegstoten verzeichnet. Sein Denkmal am Bahnhof soll so lange in Betrieb bleiben, bis das alte wieder steht.

Weitere Artikel aus der Kategorie: Kultur

Kam rockig daher: Musiker Alastair Greene beim Blues Caravan.
vor 2 Stunden
Offenburg
Starke Stimmen und epische Gitarrenläufe: Blues Caravan in der Offenburger Reithalle mit Katarina Pejak, Eric Johanson und Alastair Greene.
Beliban zu Stolberg gastiert am Donnerstag bei "Wortspiel" und liest aus "Zweistromland".
vor 2 Stunden
Literaturtage Wortspiel
Um die kurdische Bürgerrechtsbewegung und eine mutige Frau geht es in "Zweistromland" von Beliban zu Stolberg. Sie liest am Donnerstag, 18. April, in Offenburg in der Stadtbibliothek.
Charlotte Gneuß schaffte es mit ihrem Erstling auf die Longlist des Deutschen Buchpreises – heute liest sie in Offenburg.
15.04.2024
Literaturtage Wortspiel
Mit ihrem Romandebüt "Gittersee" hat die Autorin Charlotte Gneuß eine heftige Debatte entfacht. Zugleich erhielt sie mehrere Literaturpreise. Am Dienstagabend liest sie bei "Wortspiel" in Offenburg.
Dirigent Rolf Schilli (von links), Komponist Leonard Küßner und Musikschulleiter Peter Stöhr bei der Übergabe der Partitur von "Zeitenwende".
15.04.2024
Offenburg
Die Partitur ist übergeben: Nun probt die "Philharmonie am Forum" für die Uraufführung des Konzerts für Altsaxofon und Orchester des Komponisten Leonard Küßner am 5. Mai in Offenburg.
José F.A. Oliver.
15.04.2024
Kulturkolumne
So wie „spring“ im Englischen Frühling „m:eint“, lade ich Sie ein, hineinzuspringen – mitten in diesen Kolumnentext! In die Zeilen. Zwischen die Zeilen.
Barbara Ehrmann und Dieter Konsek stellen gemeinsam beim Kunstverein Offenburg/Mittelbaden aus. 
12.04.2024
Kunstverein Offenburg/Mittelbaden
Barbara Ehrmann zieht es ins Wasser, Dieter Konsek in den Wald. Die Bilderwelt der beiden Künstler zeigt eine gemeinsame Ausstellung beim Kunstverein Offenburg/Mittelbaden.
Die schweizerisch-österreichische Malerin Angelika Kauffmann vollendete das Ölgemälde "Klio, Muse der Geschichtsschreibung" um 1775. 
10.04.2024
Ausstellung in Basel
In der Ausstellung „Geniale Künstlerinnen“ zeigt das Kunstmuseum Basel Gemälde und Druckgrafik von Frauen von der Renaissance bis zum 18. Jahrhundert.
Hotel Rimini macht Popmusik, hält die Tür aber in alle Richtungen offen.
09.04.2024
Konzert
Das junge Sextett Hotel Rimini sucht noch nach der unverwechselbaren Handschrift. Das Konzert im Foyer der Offenburger Reithalle hatte trotzdem eine positive Resonanz des Publikums.
Der holländische Gitarrist und Songschreiber Bertolf Lentink bringt seine hochkarätige Tourband mit nach Bühl.
09.04.2024
Bluegrass-Festival
Bei der 20. Ausgabe des Bühler Bluegrass-Festivals am ersten Mai-Wochenende gibt es erstmals eine Matinee. Stargast beim Hauptkonzert ist die John Jorgenson Bluegrass Band.
Schlagzeuger Joe Hertenstein, Trompeter Thomas Heberer und Kontrabassist Joe Fonda setzten in der Christuskirche auf die lyrische Kraft ihrer Instrumente.
08.04.2024
Jazzkonzert
Bei seinem Konzert in der Reihe der Kuppelkonzerte in der Lahrer Christuskirche hat das Jazztrio Remedy um Joe Hertenstein die Herausforderung des besonderen Klangraums mit Bravour gemeistert.
Der Autor Alex Capus besitzt auch die Bar "Galizia" in Olten.
08.04.2024
Kultur
Dienstagabend um 20 Uhr stellt Alex Capus sein aktuelles Buch vor: Seine Zuhörer in der Buchhandlung Roth in Offenburg wird er mit in "Das Haus am Sonnenhang" nehmen.
Von Altersmüdigkeit keine Spur: Bandmitbegründer und Frontman Jim Kerr (64) zelebriert immer noch seine berühmten Posen.
08.04.2024
Konzert in Straßburg
Die schottische Gruppe Simple Minds hat sich mit jungen Musikern verstärkt. Beim Auftritt im Straßburger Zenith begeisterte sie 6000 Besucher und sorgte für einen Gänsehautmoment.

Das könnte Sie auch interessieren

- Anzeige -
  • Auch das Handwerk zeigt bei der Berufsinfomesse (BIM), was es alles kann. Hier wird beispielsweise präsentiert, wie Pflaster fachmännisch verlegt wird. 
    13.04.2024
    432 Aussteller informieren bei der Berufsinfomesse Offenburg
    Die 23. Berufsinfomesse in der Messe Offenburg-Ortenau wird ein Event der Superlative. Am 19. und 20. April präsentieren 432 Aussteller Schulabsolventen und Fortbildungswilligen einen Querschnitt durch die Ortenauer Berufswelt. Rund 24.000 Besucher werden erwartet.
  • Der Frühling steht vor der Tür und die After-Work-Events starten auf dem Quartiersplatz des Offenburger Rée Carrés.
    12.04.2024
    Ab 8. Mai: Zum After Work ins Rée Carré Offenburg
    In gemütlicher Runde chillen, dazu etwas Leckeres essen und den Tag mit einem Drink ausklingen lassen? Das ist bei den After-Work-Events im Rée Carré in Offenburg möglich. Sie finden von Mai bis Oktober jeweils von 17 bis 21 Uhr auf dem Quartiersplatz statt.
  • Mit der Kraft der Sonne bringt das Unternehmen Richard Neumayer in Hausach den Stahl zum Glühen. Einige der Solarmodule befinden sich auf den Produktionshallen.
    09.04.2024
    Richard Neumayer GmbH als Klimaschutz-Pionier ausgezeichnet
    Das Hausacher Unternehmen Richard Neumayer GmbH wurde erneut für seine richtungsweisende Pionierarbeit für mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit ausgezeichnet. Die familiengeführte Stahlschmiede ist "Top Innovator 2024".
  • Sie ebnen den Mitarbeitern im Hausacher Unternehmen den Weg zur erfolgreichen Karriere (von links): Linda Siedler (Personal und Controlling), Patrick Müller (Teamleiter Personal), Arthur Mraniov (Pressenführer Schmiede) und Heiko Schnaitter (Leiter Schmiede und Materialzerkleinerung).
    09.04.2024
    Personal entwickelt sich mit ökologischer Transformation
    Als familiengeführtes Unternehmen baut die Richard Neumayer GmbH auf Transparenz, kurze Wege und Nähe zu den Mitarbeitern. Viele Produkthelfer und Quereinsteiger haben es auf diese Weise in verantwortungsvolle Positionen geschafft.