Tonarten-Festival

Musikalische Offenbarungen

Wolfgang Winter
Lesezeit 3 Minuten
Jetzt Artikel teilen:
24. Juli 2014

Ob mittelalterliche Harfenklänge oder argentinische Tangomelodien: die Musiker von Quadro Nuevo setzten viele Glanzpunkte. ©Daniela Busam

Am »Ende des Regenbogens« riss es am Dienstag im Sasbachwaldener Kurhaus »Alde Gott« rund 300 Besucher von den Sitzen. Mit dem Auftritt von Quadro Nuevo ist dem Tonarten-Festival ein phänomenaler Start in das Konzertprogramm.

Sasbachwalden. Quadro Nuevo sind seit 18 Jahren Weltreisende in Sachen Musik. »Wir waren schon fast überall, nur in Rio, Moskau und Sasbachwalden noch nicht«, flachste Mulo Francel bei der Begrüßung des Publikums. Über 3000 Konzerte hat das Quartett bisher gegeben und dabei viele Preise, darunter 13 German Jazz Awards und zwei Jazz-Echos, abkassiert.
Jazz? Diese Schublade ist der Gruppe längst viel zu klein geworden! Journalisten etikettieren Quadro Nuevo gerne mit dem Label »Weltmusik«. Das mag schon eher hinkommen, trifft aber nur für einen kleinen Teil der Stücke zu. Piazollas »Oblivion« zum Beispiel ist und bleibt ein »Tango Nuevo«. Wer ihn kennt und liebt, hat ihn schon hundertmal von einer Heerschar von Interpreten gehört. In der Bearbeitung von Quadro Nuevo mit dem genialen Andreas Hinterseher am Bandoneon erhält jedoch das sehr feinfühlig und virtuos interpretierte Kleinod einen neuen, zutiefst inspirierten goldenen Glanz.
Die vier Musiker haben einige Tangos in ihrem aktuellen »Regenbogen«-Programm, kein Wunder, spielten sie doch schon wiederholt, zuletzt im Januar, in Argentinien. »Der Tango ist ein trauriger Gedanke, den man tanzen kann. Man kann ihn auch anhören, ihn genießen, ihn verschlingen. Und allzu traurig muss er auch nicht immer sein!«, heißt es im Mutterland des Genres. In Sasbachwalden wurden die Tangos allesamt mit großer Freude verschlungen.
Dem enthusiastisch mitgehenden Tonarten-Publikum wurde darüber hinaus die ganze Bandbreite des Quadro-Nuevo-Repertoires geboten. Bei der Eigenkomposition »Adventure«, mit seinem pfeilgerade ins Mittelalter katapultierenden Harfeneinstieg, sollte sich das Publikum vorstellen, einfach einmal unter der Decke des Kurhauses zu schweben oder den Sasbach hinunterzurutschen, sich mit ihm von einen Fluss in den anderen durch viele Länder treiben zu lassen, zwischendurch »gegen Lindwürmer und Jungfrauen zu kämpfen« oder ein Einhorn zu streicheln, bis sich am Ende die Welt der Mythen am Schwarzen Meer erschöpft und ein neues Lied auf den Reisenden wartet.
Geschichten wie diese oder die köstlich ironische, über Goethes Italienreise drapierte Denkfolie hatte Mulo Francel noch einige auf Lager, an deren Ende er immer eine mitreißend musikalische Offenbarung in den Mittelpunkt rückte, der zu lauschen die Besucher regelrecht verzückte.
Die Stärken und außergewöhnlichen Talente der Musiker Mulo Francel (Saxofone, Klarinetten, Mandoline, Sansula), D. D. Lowka (Kontrabass, Percussion), Andreas Hinterseher (Akkordeon, Bandoneon, Vibrandoneon) und Evelyn Huber (Harfe, Salterio) aufzuzählen, würde ins Uferlose führen.
Auch nach den Höhepunkten des Konzerts zu fragen erübrigt sich. Der eine stammelte entzückt »Parole, Parole«, der andere hatte einen Narren an der »Torna Sorrento« gefressen, »Que reste-t-il de nos amours?« schwärmte eine Dame melancholisch, »der 7/8 Takt bei Prinzessin Josefina war ein Hochgenuss«, murmelte der Fachmann. Die Schlange am CD-Stand, an der das Quartett bereits in der Pause mit vollen Einsatz signierte, sprach für sich.

Weitere Artikel aus der Kategorie: Kultur

José F. A. Oliver
27.03.2024
Kulturkolumne
Einst las ich den Satz, die Zeit sei eine blinde Führerin. Übersetzt hieß das für mich nichts anderes, als dass wir diejenigen sein sollten, die diese an die Hand nehmen müssten. In einer Welt, die groß ist und klein zugleich: Die Welt ist groß. Die Welt ist klein ...
Berühmten Kollegen setzte Anna Haifisch ein Denkmal. So zeigt sie in einer Zeichnung den Karikaturisten Saul Steinberg (1914–1999) beim Kampf gegen eine Schaffenskrise.
26.03.2024
Ausstellung in Straßburg
Noch bis zum 7. April sind im Straßburger Musée Tomi Ungerer Werke der deutschen Zeichnerin Anna Haifisch zu sehen. Sie stellt Menschen gerne oft als Tiere dar und karikiert Kollegen.
Gäste im "Grand Hotel Grimm" mit unlauteren Absichten: ein Zwerg mit langem Bart, ein unscheinbarer Handlungsreisender und eine elegante junge Dame mit dem Namen Rotkäppchen.
26.03.2024
Puppenparade Ortenau
Die „Berliner Stadtmusikanten“ des Theaters Zitadelle sind in die Jahre gekommen. Mit „Grand Hotel Grimm“ boten sie bei der Puppenparade in Lahr dennoch eine erfrischende Vorstellung.
Im Mittelpunkt der Tragödie: die Schwestern Chrysothemis (Elza van den Heever, links) und Elektra ­(Nina Stemme).
26.03.2024
Festspielhaus Baden-Baden
Das archaische Thema der Oper „Elektra“ ließ das Publikum bei der Eröffnung der Osterfestspiele Baden-Baden frösteln. Umjubelt wurden Sängerin Nina Stemme und Dirigent Kirill Petrenko.
Dietrich Mack. 
26.03.2024
Kulturkolumne
„Hoffnungsglück“ hat Goethe die Aufbruchstimmung genannt, die der Frühling verbreitet..Dieses Gefühl genießt auch der Kolumnist, der verrät, warum für ihn Bach nicht nur der fünfte, sondern auch der beste Evangelist ist.
Sechshändig am Klavier: die Schwestern Alisa und Lia Benner aus Lahr und Ennco Sinner aus Kippenheim.
19.03.2024
"Jugend musiziert"
Eine Auswahl der Besten beim Landeswettbewerb in Offenburg stellte sich in der Offenburger Reithalle vor, oft begleitet von Vater, Mutter oder Geschwistern.
Harte Szene im Gemüsekrimi: Dietmar Bertram hobelt eine Gurke, um sie zum Reden zu bringen.
17.03.2024
Lahr
Ein Detektiv spielt mit Essen: Dietmar Bertram präsentierte „Hollyfood – Die Gemüsekrimis“ bei der Puppenparade Ortenau im Lahrer Schlachthof.
Am Abgrund: In "A long way down" wird über ein ernstes Thema gealbert. 
17.03.2024
Offenburg
Mit britischem Humor thematisiert die Tragikomödie „A long way down“ die Selbstmordgedanken gescheiterter Existenzen. Für die Aufführung in der Oberrheinhalle gab es viel Beifall.
Von Gier befeuert: Carsten Klemm (rechts) als Kunstfälscher Fritz Knobel und Luc Feit (links) als Skandalreporter Hermann Willié. 
17.03.2024
Lahr
Den Skandal um die angeblichen Hitlertagebücher des Kunstfälschers Kujau brachte die Landesbühne Esslingen mit „Schtonck“ auf die Bühne.
Arbeiten aus mehr als drei Jahrzehnten zeigt Karl Vollmer im Artforum.
17.03.2024
Offenburg
Karl Vollmer reflektiert das Zeitgeschehen und bezieht Position. Zwei Werke seiner Ausstellung „Wider Erwarten – Ortung“ beim Kunstverein Ortenau hat er Alexej Nawalny gewidmet.
Das Trio Van Beethoven erhielt frenetischen Schlussbeifall.
13.03.2024
Achern
Das Trio Van Beethoven eroberte am Sonntag mit Werken von drei weitgehend unbekannten Komponisten das Publikum in der Alten Kirche Fautenbach.
Mit ein bisschen Absurdität und jeder Menge Witz ließ das Theater Handgemenge seinen König auf Reisen gehen.
13.03.2024
Kehl
Das Schattenspiel um Herrn König bescherte dem Kehler Publikum einen großartigen Puppenparade-Abend

Das könnte Sie auch interessieren

- Anzeige -
  • HYDRO liefert etwa Dreibockheber für die Flugzeugwartung. 
    26.03.2024
    HYDRO Systems KG und Rhinestahl fustionieren
    HYDRO Systems KG und Rhinestahl schließen sich zusammen. Mit diesem Schritt befinden sich die Kompetenzen in den Bereichen Ground Support Equipment (GSE) und Aircraft- & Engine Tooling unter einem Dach.
  • Alle Beauty-Dienstleistungen bietet die Kosmetik Lounge in Offenburg unter einem Dach.
    26.03.2024
    Kosmetik Lounge Offenburg: Da steckt alles unter einem Dach
    Mit einer pfiffigen Geschäftsidee lässt Elena Plett in Offenburg aufhorchen. Die staatlich geprüfte Kosmetikerin denkt "outside the box" und hat in ihrer Kosmetik Lounge ein außergewöhnliches Geschäftsmodell gestartet.
  • Konfetti, Flitter und Feuerwerk beschließen die große Preisverleihung im Forum-Kino in Offenburg. Die SHORTS feiern 2024 ihr 25. Jubiläum. 
    26.03.2024
    25 Jahre SHORTS – 25 Jahre Bühne für künftige Filmemacher
    Vom kleinen Screening in 25 Jahren zum gewachsenen Filmfestival: Die SHORTS der Hochschule Offenburg feiern Jubiläum. Von 9. bis 12. April dreht sich im Forum-Kino Offenburg alles um die Werke junger Filmemacher. Am 13. April wird das Jubiläum im "Kesselhaus" gefeiert.
  • Das LIBERTY-Team startet am Mittwoch, 27. März, in die Afterwork-Party-Saison. 2024 finden die Veranstaltungen in Kooperation mit reiff medien statt. 
    22.03.2024
    Businessaustausch jetzt in Kooperation mit reiff medien
    Das Offenburger LIBERTY startet mit Power in die Eventsaison: Am Mittwoch, 27. März, steigt die erste XXL-Afterwork-Party mit einem neuen Kooperationspartner. Das LIBERTY lädt zusammen mit reiff medien zum zwanglosen Feierabend-Businessaustausch ein.