Puppenparade Ortenau

»Oskar und die Dame in Rosa« bewegte die Zuschauer tief

Johanna Graupe
Lesezeit 3 Minuten
Jetzt Artikel teilen:
24. März 2017
Puppenspielerin Cornelia Fritzsche erzählte die bewegende Geschichte des Jungen Oscar und der Dame in Rosa.

Puppenspielerin Cornelia Fritzsche erzählte die bewegende Geschichte des Jungen Oscar und der Dame in Rosa. ©Johanna Graupe

Ein schweres Schicksal wurde behutsam in Szene gesetzt: Das Dresdner Figurentheater Cornelia Fritzsche spielte am Mittwochabend im »freche hus« Éric-Emmanuel Schmitts Erzählung »Oskar und die Dame in Rosa«.

Der französische Erfolgsautor Éric-Emmanuel Schmitt und sein zehnjähriger Protagonist Oskar teilen dasselbe Schicksal: Sie erkrankten an Leukämie. Der Junge Éric-Emmanuel hatte Glück, er wurde wieder gesund. Oskar hingegen sieht sich selbst als hoffnungslosen Fall, was er den Reaktionen seiner Ärzte und Eltern entnimmt: »Je mehr der Doktor mit den traurigen Augen schweigt, desto mehr fühle ich mich schuldig.«
Tapfer erträgt der kranke Junge Chemotherapie und Knochenmarktransplantation – beides ohne Besserung seines Zustandes. Oskar begreift, dass er sterben wird, doch seine Eltern verweigern jegliche Thematisierung des Todes. Da begegnet ihm die alte Dame in Rosa – in Frankreich ehrenamtliche Helferinnen, die Hospiz-Aufgaben übernehmen. Sie wird Oskars Mentorin. 
Oma Rosa fordert ihn auf, Gott seine Gedanken, Gefühle und Ängste in Briefen mitzuteilen und jeden Tag wie zehn Jahre seines Lebens wahrzunehmen. Auf erstaunliche Weise erlebt er die Pubertät, das Erwachsenendasein und das Alter. Es gelingt ihm sogar, sein Umfeld in die Fantasie mit einzubeziehen. In zehn Tagen durchläuft er mithilfe Oma Rosas ein ganzes Leben, und die Zuschauer spüren, dass der nahende Tod die Zeit intensiver erlebbar macht. 

Friedlicher Tod

- Anzeige -

Oma Rosa bringt sogar eine Versöhnung zwischen Eltern und Sohn zustande, denn sie beschwichtigt nicht und schweigt nicht, wenn andere sprachlos sind. »Auf seine alten Tage« versöhnt, stirbt Oskar friedlich und hinterlässt die Notiz: »Nur der liebe Gott darf mich wecken.« 
»Oskar und die Dame in Rosa« ist Teil von Schmitts Trilogie über die Weltreligionen. Sie ist dem Christentum gewidmet. Und obwohl dauernd über Gott geredet wird, geschieht das nie frömmelnd oder einseitig christlich. Schmitts Stil, praktische Lebensphilosophie und Fragen nach dem Sinn des Lebens und des Leidens in einer verblüffend offenen Art in intelligentem Unterhaltungstheater unterzubringen, birgt Gefahr, platt und rührselig daherzukommen. Der Gefahr unterliegen weder der Autor noch die Puppenspielerin. 

Unglaubliche Reife

Das von Irene Voß sorgsam in Szene gesetzte und von Cornelia Fritzsche behutsam, aber sehr differenziert gespielte Schicksal Oskars droht nie, in sentimentalen Kitsch umzuschlagen. Das Spiel lebt von der akribischen Spielweise Fritzsches und von den wundervollen Figuren, die ins tatsächliche Leben zu geraten scheinen. Die Regisseurin hat aus der Erzählung eine 90-minütige Fassung geschnitten. Cornelia Fritzsche agiert als Oskar jungenhaft, altklug, sensibel, komisch, liebenswert und Oma Rosa als kluge, lebenserfahrene Partnerin,  die mit ihrer pragmatischen Art der Kommunikation die Ängste des Jungen ernst nimmt und ihn damit zu einer unglaublichen Reife führt. 
Vor dem intensivem Applaus herrschte nach der Aufführung zuerst eine lange Stille. Die Zuschauer waren berührt, wie menschlich und ganz im Leben stehend mit dem Tod umgegangen wird. Etliche Zuschauer schilderten anschließend der Künstlerin ihre Emotionen.

Weitere Artikel aus der Kategorie: Kultur

José F. A. Oliver
27.03.2024
Kulturkolumne
Einst las ich den Satz, die Zeit sei eine blinde Führerin. Übersetzt hieß das für mich nichts anderes, als dass wir diejenigen sein sollten, die diese an die Hand nehmen müssten. In einer Welt, die groß ist und klein zugleich: Die Welt ist groß. Die Welt ist klein ...
Berühmten Kollegen setzte Anna Haifisch ein Denkmal. So zeigt sie in einer Zeichnung den Karikaturisten Saul Steinberg (1914–1999) beim Kampf gegen eine Schaffenskrise.
26.03.2024
Ausstellung in Straßburg
Noch bis zum 7. April sind im Straßburger Musée Tomi Ungerer Werke der deutschen Zeichnerin Anna Haifisch zu sehen. Sie stellt Menschen gerne oft als Tiere dar und karikiert Kollegen.
Gäste im "Grand Hotel Grimm" mit unlauteren Absichten: ein Zwerg mit langem Bart, ein unscheinbarer Handlungsreisender und eine elegante junge Dame mit dem Namen Rotkäppchen.
26.03.2024
Puppenparade Ortenau
Die „Berliner Stadtmusikanten“ des Theaters Zitadelle sind in die Jahre gekommen. Mit „Grand Hotel Grimm“ boten sie bei der Puppenparade in Lahr dennoch eine erfrischende Vorstellung.
Im Mittelpunkt der Tragödie: die Schwestern Chrysothemis (Elza van den Heever, links) und Elektra ­(Nina Stemme).
26.03.2024
Festspielhaus Baden-Baden
Das archaische Thema der Oper „Elektra“ ließ das Publikum bei der Eröffnung der Osterfestspiele Baden-Baden frösteln. Umjubelt wurden Sängerin Nina Stemme und Dirigent Kirill Petrenko.
Dietrich Mack. 
26.03.2024
Kulturkolumne
„Hoffnungsglück“ hat Goethe die Aufbruchstimmung genannt, die der Frühling verbreitet..Dieses Gefühl genießt auch der Kolumnist, der verrät, warum für ihn Bach nicht nur der fünfte, sondern auch der beste Evangelist ist.
Sechshändig am Klavier: die Schwestern Alisa und Lia Benner aus Lahr und Ennco Sinner aus Kippenheim.
19.03.2024
"Jugend musiziert"
Eine Auswahl der Besten beim Landeswettbewerb in Offenburg stellte sich in der Offenburger Reithalle vor, oft begleitet von Vater, Mutter oder Geschwistern.
Harte Szene im Gemüsekrimi: Dietmar Bertram hobelt eine Gurke, um sie zum Reden zu bringen.
17.03.2024
Lahr
Ein Detektiv spielt mit Essen: Dietmar Bertram präsentierte „Hollyfood – Die Gemüsekrimis“ bei der Puppenparade Ortenau im Lahrer Schlachthof.
Am Abgrund: In "A long way down" wird über ein ernstes Thema gealbert. 
17.03.2024
Offenburg
Mit britischem Humor thematisiert die Tragikomödie „A long way down“ die Selbstmordgedanken gescheiterter Existenzen. Für die Aufführung in der Oberrheinhalle gab es viel Beifall.
Von Gier befeuert: Carsten Klemm (rechts) als Kunstfälscher Fritz Knobel und Luc Feit (links) als Skandalreporter Hermann Willié. 
17.03.2024
Lahr
Den Skandal um die angeblichen Hitlertagebücher des Kunstfälschers Kujau brachte die Landesbühne Esslingen mit „Schtonck“ auf die Bühne.
Arbeiten aus mehr als drei Jahrzehnten zeigt Karl Vollmer im Artforum.
17.03.2024
Offenburg
Karl Vollmer reflektiert das Zeitgeschehen und bezieht Position. Zwei Werke seiner Ausstellung „Wider Erwarten – Ortung“ beim Kunstverein Ortenau hat er Alexej Nawalny gewidmet.
Das Trio Van Beethoven erhielt frenetischen Schlussbeifall.
13.03.2024
Achern
Das Trio Van Beethoven eroberte am Sonntag mit Werken von drei weitgehend unbekannten Komponisten das Publikum in der Alten Kirche Fautenbach.
Mit ein bisschen Absurdität und jeder Menge Witz ließ das Theater Handgemenge seinen König auf Reisen gehen.
13.03.2024
Kehl
Das Schattenspiel um Herrn König bescherte dem Kehler Publikum einen großartigen Puppenparade-Abend

Das könnte Sie auch interessieren

- Anzeige -
  • HYDRO liefert etwa Dreibockheber für die Flugzeugwartung. 
    26.03.2024
    HYDRO Systems KG und Rhinestahl fustionieren
    HYDRO Systems KG und Rhinestahl schließen sich zusammen. Mit diesem Schritt befinden sich die Kompetenzen in den Bereichen Ground Support Equipment (GSE) und Aircraft- & Engine Tooling unter einem Dach.
  • Alle Beauty-Dienstleistungen bietet die Kosmetik Lounge in Offenburg unter einem Dach.
    26.03.2024
    Kosmetik Lounge Offenburg: Da steckt alles unter einem Dach
    Mit einer pfiffigen Geschäftsidee lässt Elena Plett in Offenburg aufhorchen. Die staatlich geprüfte Kosmetikerin denkt "outside the box" und hat in ihrer Kosmetik Lounge ein außergewöhnliches Geschäftsmodell gestartet.
  • Konfetti, Flitter und Feuerwerk beschließen die große Preisverleihung im Forum-Kino in Offenburg. Die SHORTS feiern 2024 ihr 25. Jubiläum. 
    26.03.2024
    25 Jahre SHORTS – 25 Jahre Bühne für künftige Filmemacher
    Vom kleinen Screening in 25 Jahren zum gewachsenen Filmfestival: Die SHORTS der Hochschule Offenburg feiern Jubiläum. Von 9. bis 12. April dreht sich im Forum-Kino Offenburg alles um die Werke junger Filmemacher. Am 13. April wird das Jubiläum im "Kesselhaus" gefeiert.
  • Das LIBERTY-Team startet am Mittwoch, 27. März, in die Afterwork-Party-Saison. 2024 finden die Veranstaltungen in Kooperation mit reiff medien statt. 
    22.03.2024
    Businessaustausch jetzt in Kooperation mit reiff medien
    Das Offenburger LIBERTY startet mit Power in die Eventsaison: Am Mittwoch, 27. März, steigt die erste XXL-Afterwork-Party mit einem neuen Kooperationspartner. Das LIBERTY lädt zusammen mit reiff medien zum zwanglosen Feierabend-Businessaustausch ein.