Publikum regelrecht »geflasht«
Madeline Juno gab am Sonntag das Abschlusskonzert ihrer ersten eigenen Tournee in ihrer Heimatstadt Offenburg – und wurde gefeiert wie ein Star. Die Reithalle war voll besetzt.
Offenburgs neue »Göttin« heißt Juno – allerdings trägt sie einen recht irdischen Vornamen. Und das ist gut so, denn obwohl die junge Madeline Juno zu den spannendsten und talentiertesten Newcomern der vergangenen Jahre zählt, hat sie ihre Bodenhaftung beibehalten. Einen gefeierten Tour-Abschluss durfte die in Griesheim geborene Sängerin am Sonntag in der vollbesetzten Reithalle im Kreise von Hunderten von Freunden, Fans und Angehörigen erleben.
Doch zunächst bringt die taufrische Duo-Formation »Scene Writers« aus der PopCamp-Schmiede mit Elektro-Folk-Pop die Reithalle auf Betriebstemperatur. Dann ist es soweit: Spannend wie ein Tatort am Sonntagabend kündigen Junos Begleitmusiker mit einem mitreißenden Opener den Rising Star an – unbändiger Jubel bricht aus. Unter Beifall schwebt die 19-Zehnjährige feengleich über die Bühne.
Mit einer offensichtlichen »Ich-bin-Zuhause-Nervosität« winkt Madeline glücklich ins Publikum, erkennt bekannte Gesichter, ist vom großartigen Empfang regelrecht gerührt. Sie will diesen besonderen Tag auskosten, will die Herzlichkeit aufsaugen – es erklingt »Feel You« –, Gänsehaut pur. Es folgen Titel aus ihrem ersten Album »The Unknown«: »Like Lovers Do«, »Second Time Around«, »Day One« »Six Cigarettes«, »If This Was A Movie« und »Sympathy«.
Einmal mit Band, dann alleine nur mit Gitarre: Madeline Juno singt mit Anteilnahme, Gefühl und Leidenschaft, die die Zuhörer berühren. Hinzu kommt ihre einnehmende sympathisch-jugendliche Ausstrahlung. Zwischendurch erzählt sie, wie die Lieder entstanden sind: »Ich war damals verliebt«, erklärt sie, oft seien aber Traurigkeit, Trotz und Wut die Auslöser gewesen. Emotionen und Weltschmerz, die vor allem im Refrain hinausgeschrien werden.
Die melancholischen Balladen von Madeline drücken wahrhaftige Gefühle aus: »Ich kann keine fröhliche Songs schreiben«, entschuldigt sie sich fast. Ihren Fans ist es egal. Plötzlich steht »das Mädchen von nebenan« auf der Bühne, Madeline lässt ihren suchenden Blick umherwandern. »Mein Freund ist auch hier, wo bist du? » Als sich der Glückliche in den hinteren Reihen bemerkbar macht, lächelt sie zufrieden, ist erleichtert: »Ich brauch dich näher...«.
Die Halle bebt
Das Publikum zeigt sich unglaublich textsicher. Bei der Debütsingle »Error«, die auch als Titelsong der Komödie »Fack ju Göhte« diente, wird mitge-»errort«, dass die Halle webt. Überhaupt, alle stehen voll hinter ihrem Idol. Einige eingefleischte Fans in den vorderen Reihen treiben es dabei gelegentlich zu toll – die Solistin zeigt sich etwas verunsichert, ruft freundlich, aber resolut zur Ordnung: »Ihr seid komplett bescheuert, aber deswegen hab ich euch auch so lieb!« – es sind ja alte Bekannte... Das Publikum wird mit einbezogen – beim Mitsingen von »Same Sky« wird lautstark »Oh-oh« im Wettbewerb skandiert. Begleitet wird Madeline Juno von einer hervorragenden Band, deren Rhythmen immer wieder zum Mitklatschen anregen.
Nach dem zweistündigen Konzert gibt es noch reichlich Zugaben. Und weil einige noch glauben, dass Madeline nur Englisch singen kann, überrascht sie mit »Eiskristalle« und einem erfrischend-humorvollen »Herzchen« auf der Ukulele; der ultimative Beweis: Juno kann Deutsch und sogar noch lustig sein... Spätestens hier merkt man, die Musik hat die Tochter eines Schlagzeugers und einer Pianistin in die Wiege gelegt bekommen. Übrigens: Jede Menge Herzchen gab es auch im Anschluss bei der Autogramm-Runde – die Schlange war lang.
An diesem magischen Abend hat Madeline Juno mit ihrer Band eine Show abgeliefert, die ihre Fans vollkommen geflasht haben dürfte. Und einmal mehr ist deutlich geworden, dass sich die junge Offenburgerin musikalisch und imagemäßig radikal von schrillen Pop-Diven unterscheidet – Juno braucht keine nackte Haut, laszive Gesten oder extravagante Outfits. Ihre Frische und unschuldige Erscheinung treffen den Nerv einer Generation, die sich trotz Smartphone und Facebook zunehmend wieder nach romantischen, innigen Momenten sehnt – diese müssen aber nicht immer traurig sein.