Zuhörer umgarnt und verführt
Das Quartett des Norwegers Tord Gustavsen zelebriert eine Musik voller Poesie, taucht in einen wunderbar reduzierten Klangkosmos ein, der das Publikum in eine andere Welt zu entführen scheint. Das Konzert in Offenburg setzte auf leise, subtile Töne, die sich in ausgesuchten Momenten dann aber konsequent empor schrauben.
Offenburg. Es gibt Konzerte die das Publikum förmlich dazu zwingen, die Hektik und die multiplen Geräusche des Alltags abzuschütteln. Das Tord Gustavsen Quartett kommt am Sonntag nach Offenburg, macht es den knapp 200 Zuhörern im Salmen damit sicherlich etwas leichter, sich auf die Klangwelt des norwegischen Pianisten einzulassen.
Tord Gustavsen (Klavier), Tore Brunborg (Saxophon), Jarel Vespestad (Schlagzeug) und Mats Eilertsen am Kontrabass spüren vor allem der Poesie im Jazz nach, den leisen, gefühlvollen Klängen, die manchmal aus einer anderen Welt herüber zu wehen scheinen. Es ist dann mucksmäuschenstill im Saal des altehrwürdigen Hauses. Alles lauscht der diffizilen Klangrede des tonangebenden Klaviers. Dann huscht ein Besen über die Becken des Schlagzeugs, es entsteht ein kaum hörbarer Rhythmus, den der Kontrabass aufgreift. Irgendwann steigt das Saxophon ein, legt einen sämigen Klangteppich über das sich nun mehr und mehr verdichtende Gefüge der Musik.
Wunderbar eingespielt
Obwohl alles auf einen leisen, auf das Notwendigste reduzierten Dialog der Instrumente ausgerichtet scheint, wirkt die Musik des Tord Gustavsen Quartett zu keinem Zeitpunkt langweilig. Die mittlerweile wunderbar eingespielte Formation würdigt den einzelnen Ton, die lyrische Kraft einer manchmal förmlich fragmentierten Melodie. Sie kann den Lauf aber auch verdichten und vorwärts peitschen, ohne dabei auf vordergründig rumpelnde Ansätze, die gängigen Schemen des klassischen Jazz, zurückzugreifen.
Tord Gustavsen und seine drei Mitstreiter legen sich auch in der Ekstase, dem musikalischen Ausbruch, eine gewisse Zurückhaltung auf. Die Musik brodelt und rumort, sie greift Raum, verweigert sich aber konsequent der manchmal auch selbstzerstörerischen, im puren Schlagabtausch der Akteure untergehenden Sprache des Freejazz.
Das Publikum in Offenburg erlebt so ein am Ende fast zweistündiges Konzert, das aus herrlich gefühlvollen Balladen schöpft. Dei Musik umgarnt und verführt, lädt auch zum Träumen ein, setzt fast unbemerkt einen durchaus ekstatischen Klimax. Auch hier gibt das Klavier den Ton an, verwickelt sich in expressive Läufe, in denen die ganze Klasse, aber auch die klassische Prägung des norwegischen Pianisten deutlich wird.
Am Ende des Auftritts erntet das Quartett stehende Ovationen, die nach der zweiten Zugabe nicht abebben. Tord Gustavsen kommt zum Schlussakkord alleine auf die Bühne, beendet einen außergewöhnlichen Abend mit einer letzten Klangpoesie des Klaviers.