Dieter Ilg und das Orpheus Vokalensemble im Festspielhaus

Mit leiser, feinfühliger Poesie

Jürgen Haberer
Lesezeit 3 Minuten
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30. Mai 2015

Feine Lyrik: Dieter Ilg und seine musikalischen Begleiter im Festspielhaus. ©Manolo Press

In ihrer kontinuierlichen Auseinandersetzung mit der klassischen Musik und dem deutschen Liedgut haben Kontrabassist Dieter Ilg und sein Trio ein neues Kapitel aufgeschlagen. Im Festspielhaus präsentierten sie die Uraufführung eines neuen Projektes mit dem »Orpheus Vokalensemble«.

Baden-Baden. Fast 20 Jahre ist es her, dass Dieter Ilg mit der vom Jazz inspirierten und geprägten Neubearbeitung alter Volkslieder musikalisches Neuland betreten hat. Wie einst Franz Schubert, Robert Schuhmann oder Johannes Brahms hat er überliefertes Liedgut in einen zeitgemäßen Kontext gestellt. Ilg wählte dabei die Tonsprache des Jazz, die feinfühlige Reduktion auf reine Instrumentalversionen. Mit seinen Adaptionen der Opern Parsifal und Otello, der Auseinandersetzung mit der Musik von Richard Wagner und Ludwig van Beethoven hat er den eingeschlagenen Weg nicht nur konsequent fortgesetzt. Er hat den zeitgenössischen Jazz auch um eine ungemein feinfühlige und poetische Spielart erweitert. Mit der vom Festspielhaus Baden-Baden angestoßenen Kollaboration mit dem »Orpheus Vokalensemble« ist er nun auf einer neuen Ebene zu den Wurzeln zurückgekehrt.
Im Fokus des Projektes, das am Donnerstag in Baden-Baden seine Uraufführung erlebte, stehen wieder die alten Volkslieder und das Liedgut der Romantik. Die Erinnerung an Melodien, die Ilg, wie er selbst betont, seit seinen Kindertagen begleiten. Neu ist die Verschränkung von Jazzadaption und Vokalmusik, die Hinzuziehung weiterer Akteure. Dieter Ilg (Kontrabass), Patrice Héral (Schlagzeug) und Rainer Böhm (Arrangements, Klavier) nehmen sich noch einmal ein ganzes Stück weiter zurück.
Wechselspiel
Ihre Instrumentalpassagen und Improvisationen verströmen eine leise Poesie und Lyrik, die sich nur in einigen wenigen Momenten in einer dynamischen Manifestation, einem kraftvollen Klavierlauf, einem durchaus auch einmal fast schroff wirkenden Solo des Kontrabasses verdichtet.Das mit kaum mehr als 200 Zuhörern alles andere als gut besuchte Konzert überraschte mit einer erstaunlichen Bandbreite, einem von Rainer Böhm wunderbar herausgearbeiteten Wechselspiel zwischen Chor und Jazztrio, das sicherlich in einem intimeren Rahmen noch einmal an Präsenz gewonnen hätte.
Das 13-köpfige Vokalensemble unter der Leitung von Klaus Brecht erwiderte den Ansatz des »Dieter Ilg Trios«,  indem es die Verse der bearbeiteten Lieder um fast impressionistisch anmutende Vokalpassagen erweiterte. Der Konzertabend, der einen Bogen von der Renaissance bis ins 20. Jahrhundert spannte, entwickelte so eine bemerkenswert moderne Tonsprache, die mit kleinen Ausreißern um Mond, Nacht und Abschied kreiste.
Gleich zum Einstieg »Der Mond ist aufgegangen« in einer Interpretation, in der sich Vokal- und Instrumentalimprovisation rund um den zentral platzierten Liedvers umgarnten. Sopranistin Sonja Bühler stimmte Luciano Berios »Black is the Colour« an, Maria Bergmann (Sopran) antwortete mit einem altdeutschen Nachtlied, das Jazztrio setzte feine Tupfer zwischen den teilweise a-cappella vorgetragenen Liedern, wartete mit Auszügen aus seinem aktuellen Album »Mein Beethoven« auf.
Eher dunkle Verse (Der Mond hat eine schwere Klag‘ erhoben) wechselten sich ab mit romantischer Schwelgerei (O Täler weit, o Höhen). Dazwischen sorgsam platziert zwei, drei musikalische Verdichtungen, in denen das Trio seine dezente Zurückhaltung für einen Moment ablegte. Ganz ähnlich auch der Ansatz des Chores, dessen Stimmkraft in ausgesuchten Momenten wunderbar aufblühte.

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