Oberkirch

Anklage wegen Betrugs: Onlinehändler kommen vor Gericht

Simon Allgeier
Lesezeit 3 Minuten
Jetzt Artikel teilen:
12. April 2017
Die Staatsanwaltschaft Offenburg hat Anklage gegen einen Onlinehändler erhoben.

Die Staatsanwaltschaft Offenburg hat Anklage gegen einen Onlinehändler erhoben. ©Tobias Lupfer

Betrug in 276 Fällen mit einem Gesamtschaden über 47 000 Euro wirft die Staatsanwaltschaft Offenburg den beiden Betreibern eines Onlinehandels aus Oberkirch vor. 750 weitere Strafanzeigen geprellter Kunden blieben in dem zwei Jahre dauernden Ermittlungsverfahren – unbearbeitet. 

Die Schlinge für die beiden Betreiber eines Onlinehandels aus Oberkirch, der seit zwei Jahren im Fokus der Staatsanwaltschaft steht, zieht sich zu. Wie der Leitende Oberstaatsanwalt Herwig Schäfer auf Anfrage der ARZ mitteilt, hat die Staatsanwaltschaft Offenburg vor Kurzem Anklage gegen das Online-Versandhandelsunternehmen wegen Betrugs erhoben. »Den beiden Angeschuldigten werden 276 Fälle des Betrugs mit einem Gesamtschaden von rund 47 000 Euro zur Last gelegt, die im Zusammenhang mit Bestellvorgängen standen«, erläutert Schäfer.

Sie sollen Waren, die per Internet bestellt worden waren, nicht geliefert haben, obwohl diese von den Kunden im Voraus bezahlt wurden (die ARZ berichtete mehrfach). Bei der Annahme der Bestellungen und der Entgegennahme des Kaufpreises sollen die Angeschuldigten damit gerechnet haben, die Waren nicht liefern zu können. Über ihre fehlende Lieferfähigkeit sollen sie laut Schäfer die Kunden bewusst getäuscht haben. 

Aufgabe der Ermittler war es herauszufinden, ab wann die Betreiber des Onlinehandels wussten, dass sie die bestellte Ware nicht liefern konnten und diese trotzdem zum Verkauf anboten. Das hatte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft im Januar gegenüber dieser Zeitung erklärt.  

750 weitere Anzeigen blieben unbearbeitet

- Anzeige -

Um den Abschluss des seit Frühjahr 2015 laufenden Verfahrens nicht durch eine Ausdehnung der Ermittlungen zu verzögern, wurde laut Schäfer auf die Verfolgung von rund 750 weiteren Strafanzeigen verzichtet. »In einem Teil der Fälle erschien überdies zweifelhaft, ob die Nichterfüllung des Kaufvertrages strafrechtlich relevante Gründe hatte oder ob sie nicht ausschließlich zivilrechtlich zu beurteilen waren.« 

Nach wie vor ist die Homepage des Onlinehandels erreichbar, auch Bestellungen sind weiterhin möglich. »Ob die Voraussetzungen für ein strafrechtliches Berufsverbot erfüllt sind, wird das Gericht zu prüfen haben«, betont der Oberstaatsanwalt. Gewerberechtliche Maßnahmen setzten in der Regel eine rechtskräftige Verurteilung voraus und seien Sache der zuständigen Gewerbebehörden (siehe Hintergrund). 

Geschäftsführer will keinen Kommentar abgeben

Mit den Betrugsvorwürfen konfrontiert, erklärte einer der beiden Geschäftsführer im August vergangenen Jahres gegenüber der ARZ, die Anzeigen der Kunden – nach seinen Angaben zum damaligen Zeitpunkt 300 – müssten in Relation zum Auftragsvolumen betrachtet werden. Rund 40 000 Bestellungen habe er im Zeitraum von Oktober 2014 bis zum 17. Februar 2016 abgewickelt. Zu den aktuellen Betrugsvorwürfen der Staatsanwaltschaft und der Anklageerhebung wollte sich der Geschäftsführer gegenüber der ARZ nicht äußern. 

Ein Termin für eine Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Offenburg steht laut Amtsgerichtsdirektor Rolf-Dieter Sigg noch nicht fest.

Hintergrund

Stadt wartet Gerichtsurteil ab

Der Gewerbebehörde der Stadt Oberkirch sind zum jetzigen Zeitpunkt die Hände gebunden, erklärt Frank Niegeloh. »Ein Betrugsverfahren alleine reicht nicht, um einem Geschäft die Gewerbeerlaubnis zu entziehen«, meint der Fachbereichsleiter für »Bürgerservice und Ordnung« mit Blick auf den für Negativschlagzeilen sorgenden Onlinehandel. Vielmehr gehe es um die Frage der »Zuverlässigkeit« eines Unternehmens im juristischen Sinne. Dazu gehöre, dass das Unternehmen seine Steuern zahle. Die Rechtssprechung lasse der Gewerbebehörde da keinen Spielraum. Eine Schließung des Geschäfts ohne rechtliche Grundlage würde laut Niegeloh sofort wieder aufgehoben, mit negativen Folgen für die Stadt.

Dass sich das Verfahren so lange hingezogen hat, bedauert Niegeloh. »Auch bei uns laufen die Telefone heiß.« Viele geprellte Kunden des Onlinehandels hätten sich bereits bei der Stadt beschwert. 
Weiter abwarten will Niegeloh nach einer möglichen Verurteilung der beiden Betreiber des Onlinehandels nicht. Er werde dann das Risiko eingehen und die Schließung des Geschäfts veranlassen. 

Kommentar

Die Mühlen der Justiz

Strafrechtliche Ermittlungen sollen Beweise für eine hieb- und stichfeste Verurteilung vor Gericht liefern. Zeitdruck ist da in der Regel fehl am Platz. Im Falle des Oberkircher Onlinehandels, der nun wegen 276 Betrugsfällen angeklagt wird, haben die Mühlen der Justiz aber zu langsam gemahlen. Zwei Jahre dauerten die Ermittlungen zur Abzocke von hunderten Kunden. Vor den Augen der Justiz nahm die Zahl der Geschädigten von Tag zu Tag zu, ohne dass den Händlern das Handwerk gelegt wurde. 

Dass die Ermittlungen so lange dauerten, kann aber auch für die Gewieftheit der Beschuldigten sprechen und dafür, dass es nicht einfach war, ihnen den Betrug nachzuweisen. Für die Geschädigten ist es nur ein kleiner Trost, dass die Abzocker bald vor Gericht stehen. Ihnen wäre mit einem handlungsfähigen Verbraucherschutz mehr geholfen gewesen, der sie gar nicht erst in die Falle tappen lässt. 
 

Weitere Artikel aus der Kategorie: Achern / Oberkirch

Zur Kommunalwahl am 9. Juni sind die Wähler landauf, landab wieder zu den Urnen aufgerufen.
vor 2 Stunden
In Appenweier und Renchen
Welche bisherigen Gemeinde- und Ortschaftsräte treten in Appenweier und Renchen nicht mehr an? Diese und weitere interessante Antworten liefern die frisch bewilligten Wahllisten.
Wenn „es Katzen hagelt“ sind die Kinder im „Bauwagen“, ansonsten am liebsten draußen.
vor 5 Stunden
Naturgruppencheck
ARZ-Naturgruppencheck: Der Naturkindergarten Guckinsdorf in Oppenau bietet Platz für 20 Kinder über drei Jahren. Wiese und Wald machen die Natur im Jahreszeitenverlauf erlebbar.
Am Amtsgericht Achern schilderte ein Mann sein Leben in Sucht.
vor 6 Stunden
Amtsgericht Achern
Ein 41-Jähriger hatte morgens um acht schon 1,25 Promille, als ihn die Polizei auf einem E-Roller kontrollierte. Kein Wunder, der Mann hat eine lange Gewöhnung an starken Alkoholkonsum hinter sich. Jetzt schilderte er vor dem Amtsgericht seinen Weg aus der Sucht.
Keine leichte Arbeit hatte die Jury beim Auswerten des Rheinauer Mal- und Zeichenwettbewerbs.
vor 7 Stunden
Jury bestimmt die Sieger
Das Spiel und das Spielen stehen beim Mal- und Zeichenwettbewerb der Stadt Rheinau unter dem Motto „Rheinau – alles ein Spiel“ facettenreich im Vordergrund. Jetzt ist die Jury am Zug.
Die Bushaltestelle "Schlatten" in Bottenau wurde vom Kreis priorisiert umgebaut.
vor 14 Stunden
Oberkirch
Die Kommunen wollen den barrierefreien Umbau von Bushaltestellen genau prüfen. Denn abseits der finanziellen Herausforderungen, ergibt ein Umbau nicht an jeder Haltestelle Sinn. So sehen es zumindest die Verantwortlichen.
Bereits barrierefrei umgestaltete Bushaltehaltestellen, wie hier in Lautenbach-Winterbach, sind optisch leicht an den Aufmerksamkeitsfeldern und Leitstreifen zu erkennen.
vor 14 Stunden
Situation im Renchtal
Der barrierefreie Umbau von Bushaltestellen schreitet voran. Allerdings deutlich langsamer, als der Gesetzgeber das ursprünglich vorgesehen hat. Das Renchtal bildet da keine Ausnahme.
Anja Bauer (62), Leiterin der Abteilung für Schule und Bildung im Regierungspräsidium Karlsruhe, wohnt in Achern und wurde nun auch zur Vorsitzenden des Hochschulrats der PH Karlsruhe gewählt.
vor 16 Stunden
Anja Bauer beschreibt Problematiken und Chancen
Anja Bauer aus Achern ist die neue Vorsitzende des Hochschulrats der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe. Die Schulexpertin leitet auch die Abteilung für Schule und Bildung im RP Karlsruhe.
Im Rathaus Stadelhofen wurde über die neue Hauptsatzung diskutiert.
vor 17 Stunden
Neue Hauptsatzung
Die Ortschaftsräte möchten der Oberkircher Verwaltungsspitze die Möglichkeit geben, Bürokratie abzubauen. Dennoch gibt es große Bedenken wegen der neuen Hauptsatzung.
Wie kaum ein anderer Journalist erlebte Kai Diekmann die Mächtigen der Welt hautnah, mit Putin fuhr er Jetski im Schwarzen Meer. Kai Diekmann wurde im Josefshaus von Julius Geier (rechts) interviewt. 
vor 17 Stunden
Achern
Der frühere "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann stellt im Josefshaus bei der Jungen Union seine Memoiren vor. Er gibt Einblicke in die Welt der Mächtigen.
Oberbürgermeister Gregor Bühler (rechts) und Fachbereichsleiter Mathias Benz (links) begrüßten die Heimattage-Organisatorin Gabriele Schindler.
vor 22 Stunden
Planungen für Großevent werden forciert
Die Heimattage Baden-Württemberg 2026 in Oberkirch nehmen an Fahrt auf: Mit der Besetzung der Geschäftsstelle der Heimattage durch Diplom-Kulturwirtin Gabriele Schindler fällt der Startschuss für die Planungsphase des Eventjahrs.
Die Franz Rapp Schule Oppenau trauert um ihren langjährigen Kollegen Axel Pfundstein. 
18.04.2024
Franz-Rapp-Schule
In den Osterferien ist ein Lehrer der Franz-Rapp-Schule in Oppenau völlig überraschend verstorben. Er war seit 2002 an der Schule tätig.
Beim Wasserverkauf für 2022 gibt es ein Defizit.
18.04.2024
Investitionen in die Wasserversorgung
Bad Peterstal-Griesbach steht vor einer Erhöhung der Wassergebühren. Im Gemeinderat ging es am Montag zunächst um das erhöhte Defizit im Jahresabschluss 2022, das ausgeglichen werden muss.

Das könnte Sie auch interessieren

- Anzeige -
  • Alles andere als ein Glücksspiel: die Geldanlage in Aktien. Den Beweis dafür tritt azemos in Offenburg seit mehr als 20 Jahren erfolgreich an.
    17.04.2024
    Mit den azemos-Anlagestrategien auf der sicheren Seite
    Die azemos Vermögensmanagement GmbH in Offenburg gewährt einen Einblick in die Arbeit der Analysten und die seit mehr als 20 Jahren erfolgreichen Anlagestrategien für Privat- sowie Geschäftskunden.
  • Auch das Handwerk zeigt bei der Berufsinfomesse (BIM), was es alles kann. Hier wird beispielsweise präsentiert, wie Pflaster fachmännisch verlegt wird. 
    13.04.2024
    432 Aussteller informieren bei der Berufsinfomesse Offenburg
    Die 23. Berufsinfomesse in der Messe Offenburg-Ortenau wird ein Event der Superlative. Am 19. und 20. April präsentieren 432 Aussteller Schulabsolventen und Fortbildungswilligen einen Querschnitt durch die Ortenauer Berufswelt. Rund 24.000 Besucher werden erwartet.
  • Der Frühling steht vor der Tür und die After-Work-Events starten auf dem Quartiersplatz des Offenburger Rée Carrés.
    12.04.2024
    Ab 8. Mai: Zum After Work ins Rée Carré Offenburg
    In gemütlicher Runde chillen, dazu etwas Leckeres essen und den Tag mit einem Drink ausklingen lassen? Das ist bei den After-Work-Events im Rée Carré in Offenburg möglich. Sie finden von Mai bis Oktober jeweils von 17 bis 21 Uhr auf dem Quartiersplatz statt.
  • Mit der Kraft der Sonne bringt das Unternehmen Richard Neumayer in Hausach den Stahl zum Glühen. Einige der Solarmodule befinden sich auf den Produktionshallen.
    09.04.2024
    Richard Neumayer GmbH als Klimaschutz-Pionier ausgezeichnet
    Das Hausacher Unternehmen Richard Neumayer GmbH wurde erneut für seine richtungsweisende Pionierarbeit für mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit ausgezeichnet. Die familiengeführte Stahlschmiede ist "Top Innovator 2024".