Urteil über Ausraster nach Niederlage bei Fußball-EM
Die deutsche Pleite bei der EM gegen Frankreich ärgerte einen 40-jährigen Tunesier so sehr, dass er zunächst das Auto von Frankreichfans beschädigte und einer der Personen dann ein Cocktailglas auf den Kopf schlug. Dafür erhielt er eine Bewährungsstrafe und muss 1500 Euro Schmerzensgeld zahlen.
Ein verlorenes Fußballspiel der Deutschen gegen Frankreich während der Europameisterschaft war der Hintergrund einer körperlichen Auseinandersetzung, die am Amtsgericht in Achern zu einem Verfahren wegen vorsätzlicher Körperlverletzung und Sachbeschädigung führte.
Ein 40-jähriger Tunesier, als Aushilfe in einem Lokal beschäftigt, soll im betrunkenen Zustand mit der um einen Stab gerollten Deutschlandfahne auf die Motorhaube eines Wagens geschlagen haben, dessen Lenker sich in einem Autokorso begeisterter Fußballfans mit der Frankreichfahne geschmückt hatte. So lautete die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft.
Nach den Schlägen auf die Motorhaube sollen die vier Fahrzeuginsassen ausgestiegen sein, um den rabiaten Fußballfreund der Deutschen zur Rechenschaft zu ziehen. Dieser soll in das nahegelegene Lokal, in dem er arbeitete, geflüchtet sein. Dort soll er ein größeres Cocktailglas ohne Vorwarnung auf den Kopf einer der beiden Verfolger geschlagen haben. Sein Begleiter soll den aus einer Platzwunde stark blutenden Freund aus dem Lokal und ihn ins Krankenhaus gebracht haben.
Der geschilderte Tathergang wurde vom Angeklagten vor Gericht jedoch vehement bestritten. Er könne sich überhaupt nicht erklären, wie so eine Tat von ihm ausgehen konnte. Er sei doch ein friedliebender und zu keinerlei Gewalttätigkeit neigender Mensch.
Die Zeugenaussagen des Geschädigten sowie seiner drei Freunde jedoch waren allesamt übereinstimmend. Die Wirtin des Lokals will ihren Angestellten, der an dem besagten Abend frei hatte, dagegen nicht hinter der Theke gesehen haben und schon gar nicht, wie er irgendjemandem ein Glas über den Kopf schlug.
Freund oder Bekannter?
Oberstaatsanwalt Adam fragte die Zeugin daraufhin, ob sie denn mit dem Angeklagten befreundet sei und sie ihn mit ihrer Aussage womöglich nur schützen wolle. Befreundet sei sie mit ihm gewiss, antwortete sie, ließ aber ungeklärt, wie eng diese Freundschaft sei oder ob es eher eine Bekanntschaft sei. Sie beharrte aber darauf, die Wahrheit zu sagen.
Der Staatsanwalt sah jedoch genügend Raum für Zweifel und neigte eher dazu, den Aussagen des Geschädigten und seiner Begleiter zu glauben. Für ihn sei klar, dass die Anklage zutreffe. Er halte dem Angeklagten allerdings zugute, dass dieser bislang noch nicht straffällig geworden war und forderte in seinem Schlussplädoyer auf eine achtmonatige Freiheitstrafe auf Bewährung sowie 500 Euro Schmerzensgeld.
Unklare Sachlage?
Verteidiger Albrecht Geier sah die Aussagen der Belastungszeugen dagegen keineswegs so eindeutig übereinstimmend wie der Staatsanwalt, dass von einer klaren Sachlage absolut nicht ausgegangen werden könne. Für ihn gelte die Unschuldsvermutung, er plädierte auf Freispruch.
Richter Michael Tröndle schenkte den Ausführungen der Opfer Glauben und verurteilte den Angeklagten zu einer neunmonatigen Haftstrafe auf Bewährung und zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 1500 Euro.