Beim Praxisbesuch: Frau steckt Lippenstift und 230 Euro ein
Ließ eine 48-Jährige in einer Podologiepraxis nur einen Lippenstift oder auch 230 Euro aus der Kasse mitgehen? Gegen einen entsprechenden Strafbefehl hatte sie Einspruch eingelegt, weshalb der Fall nun vor Gericht landete.
Wegen Diebstahls musste sich eine 48-jährige Frühentnerin vor dem Amtsgericht in Oberkirch verantworten. Den zur Last gelegten Diebstahl eines Lippenstifts gab sie zu, bestritt aber vehement, auch Geld aus der Kasse mitgenommen zu haben. Deshalb hatte sie auch Einspruch gegen einen Strafbefehl eingelegt, so dass die Verhandlung angesetzt wurde. Hier verlas Oberamtsanwalt Wurth zunächst die Anklageschrift, nach der die Frau beschuldigt wurde, Ende August letzten Jahres in einer podologischen Praxis einen Lippenstift und Bargeld in einer Größenordnung von 230 Euro gestohlen zu haben.
Zur Person erklärte die Angeklagte, dass sie seit 2001 eine Erwerbsunfähigkeitsrente bezieht. Auf Nachfragen von Richter Bastian Jansen nach den Gründen für die Arbeitsunfähigkeit war von einer psychischen Erkrankung und Drogenkonsum die Rede. Zur Sache beharrte sie darauf, kein Geld aus der Kasse genommen zu haben. Sie habe die 230 Euro dabeigehabt, um sich ein neues Fahrrad zu kaufen. Ihr altes habe man ihr Wochen zuvor gestohlen, deshalb bekam sie Geld von der Versicherung und habe es abgehoben. Als sie nach dem Diebstahl des Lippenstifts von der Polizei vernommen wurde sei sie einfach aufgeregt gewesen und habe deshalb behauptet, das Geld von einer Freundin geliehen bekommen zu haben.
Angesichts der Aussagen, welche die beiden Zeuginnen bei der Polizei gemacht hatten, machte Richter Jansen der Angeklagten klar, dass die Strafe im Fall einer Verurteilung auch höher ausfallen könnte als im Strafbefehl– da waren 20 Tagessätze zu je 10 Euro angesetzt. Sie habe das Geld nicht genommen, so die Angeklagte und lehnte die Rücknahme des Einspruchs ab.
Als erste Zeugin wurde eine Kundin der podologischen Praxis gehört, die zum Zeitpunkt des Diebstahls im Wartebereich saß. Die Angeklagte sei einfach hinter die Anmeldetheke gegangen, habe sich bei den Lackständen aufgehalten und auffällig benommen. Eine offene Schublade konnte sie aus ihrer Perspektive nicht sehen, die Kundin habe aber nach einiger Zeit etwas in ihre Tasche gesteckt. Der Farbe nach könnten es 50-Euro-Geldscheine gewesen sein. Ein Briefumschlag, wie die Angeklagte behauptete, sei es auf keinen Fall gewesen. Sie habe dann die Inhaberin der Praxis über das merkwürdige Verhalten der Kundin informiert. Diese habe daraufhin die Kundin angesprochen und dann in ihrer Tasche den gestohlenen Lippenstift gesehen, berichtete die Podologin. Als sie feststellte, dass die Schublade der Ladentheke mit der Kasse offenstand, habe sie die Polizei benachrichtigt.
Da es noch Vormittag war, konnte auf der Grundlage der bereits erzielten Einnahmen und des Wechselgeldes der Fehlbetrag in der Kasse recht genau beziffert werden. Der Polizist, der dann in die Praxis geholt wurde, war ebenfalls als Zeuge geladen. Auf den Geldbetrag in ihrer Tasche angesprochen habe die Angeklagte zunächst behauptet, es von einer Freundin geliehen zu haben. Die Frage nach dem Namen der Freundin habe sie dann nicht beantwortet und stattdessen behauptet, den Betrag von der Bank abgehoben zu haben.
Aufgrund der Beweisaufnahme und der glaubwürdigen Zeugenaussagen sah Oberamtsanwalt Wurth den Tatvorwurf als zweifelsfrei erwiesen an.
In ihrem Schlusswort beteuerte die Angeklagte noch einmal, sich keiner Schuld bewusst zu sein. Richter Jansen verurteilte die Angeklagte zu 25 Tagessätzen zu je 12 Euro. Die Strafe sei deshalb höher ausgefallen, weil die »Geständnisfiktion«, die bei einem Strafbefehl zugrunde gelegt wird, hier entfiel und für einen Teil der Tat auch kein Geständnis erfolgte.