Bühler Geburtshilfe sei zu klein, um fortbestehen zu können
Die Protestwelle gegen die Schließung des Bühler Kreißsaals rollt. Eine Online-Petition hat mehr als 3700 Unterstützer. Am Freitag plant die Initiative »s’Bühler Kind« um 16 Uhr eine Demonstration auf dem Bühler Marktplatz. Jetzt bezieht Jürgen Jung, Geschäftsführer des Klinikums Mittelbaden, Stellung.
»Für den Protest gegen die geplante Schließung der Geburtshilfe an der Klinik in Bühl hat Jürgen Jung großes Verständnis«, heißt es in einer Pressemitteilung des Klinikums. Die Verantwortung für den Schritt sieht der Geschäftsführer nicht beim Klinikum, sondern bei der Politik. Die bundesweiten Vorgaben, unter anderem durch das Krankenhausstrukturgesetz, hätten verheerende Folgen vor allem für kommunale Kliniken. »Kleine Einheiten sind nicht mehr überlebensfähig«, meint Jung. Das sei in ganz Deutschland zu beobachten. Die Politik sei gefordert, diesem Trend Einhalt zu gebieten.
Die immer schärferen Vorgaben führten zu einem zunehmenden wirtschaftlichen Druck. Bundesweit seien in den vergangenen Jahren rund 200 Geburtshilfe-Stationen geschlossen worden, darunter vier in der Ortenau und zwei im Landkreis Karlsruhe.
»Selbstverständlich wirken sich verschärfende qualitative Vorgaben immer auch auf die Finanzierbarkeit einer Abteilung aus. Es wäre schon aus diesem Gesichtspunkt heraus unehrlich, nicht darüber zu sprechen«, heißt es weiter.
»Nur« 400 Geburten
Allgemein gelte heute eine Geburtsklinik unter 800 Entbindungen pro Jahr als unterfinanziert. Umso mehr, wenn diese Klinik in öffentlicher Trägerschaft auch die entsprechenden Tarifverträge für ihre Beschäftigten anwende. In Bühl hätten die Geburtenzahlen zuletzt auf einen Wert von lediglich 400 stabilisiert werden können. Landesweit seien 2015 in nur vier Kliniken weniger Kinder geboren worden.
Ein beachtlicher Teil der Kinder von Eltern aus Bühl und Umgebung kämen, so Jung, nicht in der Bühler Klinik zur Welt – »trotz der bekannt guten Arbeit der Ärzte und Hebammen«. Ein Grund dafür sei die gesetzgeberische Vorgabe, dass in Bühl nur Entbindungen ab der 36. Schwangerschaftswoche bei komplikationsfreiem Verlauf begleitet werden dürften. Selbst die Aufnahme von Frauen mit Komplikationen während der Schwangerschaft sei vor diesem Zeitpunkt nicht möglich. Diese müssten an neonatologische Zentren wie in Baden-Baden oder vor der 28. Schwangerschaftswoche nach Karlsruhe verwiesen werden.
Der Geschäftsführer weist darauf hin, dass werdende Eltern trotz der geplanten Schließung der Geburtshilfe ab 2017 künftig weiter an der Bühler Klinik »ein gutes Angebot« vorfänden: Geburtsvorbereitungskurse, Hebammensprechstunden oder die Stilltreffs.
Jungs Wunsch sei es, »eine langjährig gute und sehr anerkannte babyfreundliche Geburtshilfe an anderer Stelle im Klinikum Mittelbaden fortzuführen oder zu integrieren«.
Genug unternommen?
Der Geschäftsführer wehrt sich gegen die Kritik, das Klinikum habe in der Vergangenheit zu wenig unternommen, den Standort Bühl zu sichern. Das Unternehmen habe »vieles versucht, um die Geburtshilfe in Bühl zu stärken«. Als Beispiel nennt Jung die Zertifizierung als »Babyfreundliches Krankenhaus« (seit 2005). Auch sei auf Messen für den Standort geworben, Öffentlichkeitsarbeit sei durch Kursangebote betrieben worden.