Den Abriss der Illenau zum Glück verhindert
Dass die Illenau in der heutigen Form der Stadt Achern erhalten blieb und ins Bewusstsein der Menschen rückte, ist zum großen Teil ein Verdienst einer Gruppe von Achernern, die sich seit 25 Jahren für die Revitalisierung der Illenau einsetzen.
Nachwirkungen des Zweiten Weltkriegs waren auch noch Anfang der 90er Jahre zu spüren, gerade in Achern, wo einerseits die Bundeswehr, andererseits die französische Garnison beheimatet war. Und da das Militär in der Regel abgeschirmt lebt, war auch die Illenau außerhalb der Wahrnehmung der Bevölkerung.
»Es gab die Illenau, und es gab sie nicht«, meinte einst Pfarrer Gerhard Lötsch. Er gehörte zu den Personen, die früh das Potential der Illenau erkannten und im Jahr 1992 eine Bürgerinitiative gründeten.
»Alles war hermetisch abgetrennt. Die Illenau war autark«, erinnert sich Siegfried Stinus. Der Unternehmer fand unter anderem durch seine Tochter einen besonderen Bezug zur Illenau. Als Architekturstudentin fertigte Sabine Stinus zusammen mit Dagmar Köppel 1987 ein Exposé »Die Illenau« an. Die zwei Studentinnen hatten die Aufgabe, ein vor 1850 entstandenes Gebäude unter geschichtlichen, funktionalen und architektonischen Aspekten zu analysieren. Dabei fiel ihre Wahl auf die Illenau.
Die Arbeit wurde schließlich von der Bürgerinitiative in zweiter Auflage herausgegeben. »Beim Tag der offenen Tür im Mai 1992 war sie schnell ausverkauft«, erinnert sich Siegfried Stinus.
Die Gründung der Bürgerinitiative war 1992 ein Grundstein für die inzwischen erfolgte Revitalisierung der Illenau. Hans Vierneisel und Gerhard Lötsch gaben den Anstoß. Die Personen, die die Initiative gründeten, brachte ausschließlich das gemeinsame Interesse für die Illenau zusammen. Hier wurden keine alten Freundschaften aufgefrischt oder Seilschaften bedient: Es ging allen darum, das kulturelle Erbe der Illenau zu bewahren. Die Initiative war keine bereits bestehende homogene Gruppe, sondern entstand spontan am Gründungsabend und entwickelte sich über die Jahre hinweg. Inzwischen hat der Förderkreis Forum Illenau, der seit 2016 ein Verein ist, rund 200 Mitglieder.
Anfangs wurden die Initiatoren auch auf Grund des schlechten Zustands der Bausubstanz belächelt. Gescheiterte Projekte wie etwa die Einrichtung einer Kochakademie verschärften die Rufe nach einem Abriss von Teilen oder der gesamten Illenau. Mit Oberbürgermeister Reinhart Köstlin hatte die Gruppe einen Fürsprecher, der sich von Anfang an für die Illenau eingesetzt hat. Der jetzige Vorsitzende Florian Hofmeister gehört zur neuen Generation der Illenau-Aktivisten. Manche Männer der ersten Stunde sind immer noch dabei, andere wiederum – wie Gerhard Lötsch (der zwei Bücher über die Illenau schrieb), Hans Vierneisel oder auch Gerd Hofmeister (Vater von Florian Hofmeister) – verstorben.
Wenn Florian Hofmeister auf die Illenau zu sprechen kommt, fallen ihm zunächst Kindheits- und Jugenderlebnisse ein. Ab und an war er auf dem Sportplatz der Illenau, ansonsten war aber das Areal durch Zäune abgetrennt. Was die Illenau zu bieten hatte, konnte man sich von außen gar nicht vorstellen.
Erst beim Tag der offenen Tür im Jahr 1992 öffnete sich für viele Acherner die sonst verborgene Welt. »Die Ästhetik der Räume hat mich fasziniert«, erinnert sich Florian Hofmeister.
Inzwischen ist aus dem Traum, die Illenau zu revitalisieren, Realität geworden. Und der Förderkreis Forum Illenau hat mit der Schaffung der Begegnungsstätte samt Bistro und Museum einen wichtigen Beitrag geleistet. Dies war allerdings nur möglich durch die Spenden, die durch die Gruppe »Illenau aktiv« reinkamen. Die Geschirr- und Bücherbasare in der Illenau waren ein großer Erfolg – von der Resonanz her und finanziell.
Der Förderkreis, der als Bürgerinitiative begann, ist allerdings trotz allem noch nicht am Ziel. »Es gibt keinen Stillstand«, betont Florian Hofmeister. Das Bistro wurde im September 2014 eingeweiht, das Museum im März 2015. »Wir hatten hier schon über 200 Führungen«, ist Florian Hofmeister stolz auf das ehrenamtliche Engagement und das Echo auf das Angebot. Denn an jeder Führung nehmen 15 bis 20 Personen teil.
»Die Illenau ist ein großes Gut«, meint Florian Hofmeister. Ziel sei es gewesen, die Illenau im Bewusstsein der Acherner Bevölkerung zu verankern. »Das hat funktioniert«, resümiert Florian Hofmeister stolz. Dies wurde dadurch erreicht, dass die Illenau-Begeisterung, die vor 25 Jahren in der Gründung der Bürgerinitiative mündete, nicht nur über die vielen Jahre bewahrt, sondern auch verbreitet und gesteigert werden konnte.
Bürgerinitiative und Förderkreis
Die Geschichte von Bürgerinitiative und
Förderkreis:
Die »Bürgerinitiative Zukunft der Illenau« wird am 13. Februar 1992 gegründet. Initiatoren sind Gerhard Lötsch und Hans Vierneisel. Zu den Gründungsmitgliedern gehören außerdem Martin Bippes, Inge Bräutigam, Horst Brombacher, Paul Droll, Winfried Hoggenmüller, Hugo Huber, Helmut Kuschel, Mechthild Ralla, Winfried Rosenfelder, Gerhard Stauch, Siegfried Stinus, Walther Stodtmeister und Guntram Weißer – durchweg honorige und bekannte Persönlichkeit des öffentlichen Lebens der Stadt Achern.
Im Jahr 1992 gab es Ende Mai zwei Tage der offenen Tür in der Illenau mit rund 20 000 Besuchern, im September wurde das Jubiläum »150 Jahre Illenau« begangen.
Die Stadt Achern und die Illenau-Initiative stellen im Mai 1994 die Werbebroschüre »Die Illenau – ein Objekt für Visionen« vor.
Am 1. September 1994 verlässt die französische Garnison die Illenau. Am 1. März 1999 beschließt der Gemeinderat, die Illenau für drei Millionen D-Mark zu erwerben.
Trotz ungeklärter Zukunft der Illenau, trotz nicht umgesetzter Pläne und Ideen bleibt die Initiative aktiv, eröffnet im September 2002 den »Illenau-Gedächtnisweg«, im Mai 2005 den »Hansjakob-Weg« und im August 2006 den »Hugo-Huber-Weg« im Illenauer Wald.
Im Dezember 2003 wird die Gruppe »Illenau aktiv« gebildet, die die Illenau vermehrt ins Bewusstsein der Bevölkerung rücken soll. In ehrenamtlicher Arbeit renoviert die Gruppe den Festsaal und eröffnet ihn am 1. Mai 2004 mit einem Frühlingsfest.
Am 15. Februar 2006 wird die Bürgerinitiative in den »Förderkreis Forum Illenau« umgewandelt. Der Zentralbereich der Illenau soll zu einer »Stätte der Bürgerbegegnung und des kulturellen Lebens« werden, so das Ziel. Dem Vorstand gehören Gerhard Lötsch als Sprecher sowie Paul Droll, Jürgen Franck, Madeleine Früh, Gerd Hofmeister und Siegfried Stinus an – dazu OB Reinhart Köstlin kraft Amtes.
Im Herbst 2005 und Frühjahr 2006 werden die ersten Bücher- und Geschirrbasare veranstaltet. Einerseits steigt dadurch das Spendenaufkommen für die Initiative deutlich an. Andererseits finden die Basare in der Illenau statt. Viele Besucher erhalten so einen Einblick in die schönen, aber sanierungsbedürftigen Räume.
Jürgen Franck und der inzwischen verstorbene Franz Rothmund von der Gruppe »Illenau-aktiv« initiieren am 11. Juli 2006 die Gründung des Fördervereins Illenau-Werkstätten. Die ehemaligen Stallungen werden zu einem Kreativzentrum für Kunst, Technik und Handwerk.
Nach vielen gescheiterten Plänen und Ideen für die Illenau beschließt der Gemeinderat am 12. Juni 2007 noch in der Ära von OB Reinhart Köstlin, das Technische Rathaus in die Illenau zu verlegen, am 2. Februar 2010 beschließt der Gemeinderat bereits in der Ära von OB Klaus Muttach, die Stadtverwaltung in den Südwestflügel der Illenau zu verlegen.
Am 16. September 2009 wird bei der Mitgliederversammlung des Förderkreises Forum Illenau die Konzeption für die Begegnungsstätte mit Museum und Bistro/Café vorgestellt. Das Bistro/Café wird am 19. September 2014 eröffnet, das Illenau Arkaden Museum am 7. und 8. März 2015.
Die Einweihung der Jugendkirche Illenau (2010), die Verleihung des Christian-Roller-Preises im Festsaal der Illenau (2012) und der große Tag der offenen Tür in der Illenau (2013) sind weitere große Ereignisse für den Förderkreis. Inzwischen hat nach Siegfried Stinus und Jürgen Franck seit 2015 Florian Hofmeister den Vorsitz übernommen. Im April 2016 wird aus dem Förderkreis schließlich ein eingetragener Verein mit rund 200 Mitgliedern.