Drei Monate Haft wegen unbezahlter Metzgerrechnung
Weil ein 34-Jähriger eine Rechnung der Metzgerei über 85 Euro »vergas«, muss er für drei Monate in Haft. Allerdings ist der Angeklagte wahrlich kein unbeschriebenes Blatt, wie am Dienstag vor Gericht klar wurde.
Drei Monate Gefängnis ohne Bewährung dafür, dass eine Metzgerrechnung über 85 Euro nicht innerhalb des üblichen Zeitraums bezahlt worden war, will niemandem so recht einleuchten, zumal der Betrag inzwischen beglichen und somit kein Schaden entstanden ist. Bei der Beleuchtung der Hintergründe verschieben sich die Perspektiven indes: Das Urteil von Amtsrichter Michael Tröndle am Amtsgericht in Achern setzte den vorläufigen Schlusspunkt hinter eine »Betrugskarriere« größeren Umfangs. Sie begann bereits 2007, wie aus den Eintragungen des Angeklagten im Bundeszentralregister hervorgeht. Mehr als 20 Fälle von Betrug sind über die Jahre verzeichnet, die jeweils mit Geld- und Haftstrafen geahndet wurden. Eine Bewährung wurde in der Folge dann mehrmals widerrufen.
Zuletzt bekam der 34-jährige Lagerarbeiter, verheiratet und Vater von vier Kindern, zwei Jahre Gefängnis, sodass er zu diesem Verfahren aus der Haft vorgeführt wurde. Diesmal jedoch scheint er nicht ganz verstehen zu wollen, warum er wieder auf der Anklagebank sitzt, wo er doch einfach »vergessen« habe, diese Metzgerrechnung zu bezahlen.
Er hatte zwei Wurstplatten dort bestellt, die für eine Geburtstagsfeier der Ehefrau vorgesehen waren. Bei der Übergabe war, wie allgemein üblich, vereinbart worden, die Rechnung, deren Höhe zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststand, bei der Rückgabe der Platten zu begleichen. Die hatte er nach der Feier in den Kofferraum seines Wagens gelegt und dann – wie er versucht, den Richter zu überzeugen – einfach dort liegen lassen und sich nicht mehr an sie erinnert.
Anzeige erstattet
Die Inhaberin der Metzgerei hatte mittlerweile Anzeige erstattet, weil sie ergebnislos versucht hatte, die Adresse des Angeklagten ausfindig zu machen. Der war inzwischen wegen eines anderen Deliktes verhaftet worden, sodass die Ehefrau, deren Adresse man letztlich doch hatte herausfinden können, die Rechnung bezahlte. Die Argumentation des Angeklagten, dass er schlichtweg »vergessen« habe, diese Rechnung zu bezahlen, überzeugte die Staatsanwaltschaft keineswegs. Sie betonte die schnelle Rückfallgeschwindigkeit, mit der er seine Betrügereien begangen habe, und plädiert auf drei Monate Haft ohne Bewährung.
Verteidiger Christian Forcher hingegen argumentierte, dass man seinem Mandanten eine vorsätzliche Betrugsabsicht in diesem Falle nicht unterstellen könne, habe dieser doch – im Gegensatz zu dessen sonstigen Betrügereien – seinen vollen Namen bei der Bestellung in der Metzgerei angegeben, und es sei ja schließlich üblich, erst bei Rückgabe der Platten den Rechnungsbetrag zu begleichen. Er verlangte Freispruch.
Dem vermochte sich der Richter nicht anzuschließen. Der Angeklagte sei schließlich gerichtserfahren, und er wisse genau, wann er was zurückbringen und begleichen müsse. Noch während er sprach, überkam es den Angeklagten, und er unterbrach den Richter unter Tränen: »Sie sind doch auch ein Mensch«, was offenbar soviel heißen sollte, dass auch Richter vergesslich sein können. Das mochte stimmen, änderte aber nichts an dessen Urteilsspruch.