Flüchtlingszahlen steigen: Platzproblem zeichnet sich ab
In Syrien und im Nordirak tobt ein Bürgerkrieg, auf dem Balkan treibt die Not die Menschen aus ihrer Heimat fort: In der letzten Folge der ARZ-Serie »Heimatlos« gewährt das Migrationsamt einen Blick in die Zukunft. Eine Zukunft, in der die Suche nach Unterkünften weiterhin an erster Stelle steht.
Nach einem Bericht vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und einem Jahresbericht der Vereinten Nationen waren im Jahr 2012 mehr als 45,2 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht vor Hungersnöten, Bürgerkriegen oder politischer Verfolgung. Die meisten Flüchtlinge kommen dabei aus russischen Unruhestaaten (Tschetschenien), Balkanländern (Mazedonien, Serbien) oder Krisenländern (Afghanistan, Syrien, Iran, Irak, Pakistan).
Auch der Ortenaukreis sieht sich mit einer immer größeren Zahl an Asylbewerbern konfrontiert, denn dieser muss knapp vier Prozent aller in Baden-Württemberg aufgenommener Flüchtlinge eine Unterkunft zur vorläufigen Unterbringung zur Verfügung stellen, wie Alexandra Roth (Foto), Leiterin des Migrationsamtes im Landratsamt Offenburg, berichtet. Nach einer hohen Flüchtlingswelle in den 1990er-Jahren und Anfang des neuen Jahrtausends, als noch 1350 Plätze zur Verfügung standen, habe man aufgrund der sinkenden Nachfrage die Kapazitäten stetig abgebaut –im Jahr 2009 wurden nur noch rund 200 Plätze benötigt. Doch dies änderte sich schlagartig, beispielsweise mit dem Bürgerkrieg in Syrien. Von 370 Flüchtlingen Ende 2011 stieg die Zahl der Asylbewerber auf fast 800 Ende vergangenen Jahres an. Suchte der Kreis 2006 noch für weniger als zehn Flüchtlinge im Monat eine Unterkunft, sind es mittlerweile nahezu 100. Aktuell gibt es in der Ortenau Unterkünfte und Wohnungen an 15 Standorten, in denen 914 Menschen aus 25 Nationen untergebracht sind – fünf Sozialarbeiterinnen, mehrere Hausmeister und Betreuer kümmern sich vor Ort um die Neuankömmlinge.
Doch auch wenn der Kreis mittlerweile über fast 1000 Plätze verfügt: »Falls die Zugangszahlen weiter so steigen, bekommen wir ein ernsthaftes Problem«, ist Alexandra Roth beim Blick in die Zukunft ein wenig mulmig. In diesem Jahr sei das neue Flüchtlingsaufnahmegesetz die Rettung gewesen, durch das bisher gut 300 Flüchtlinge in eine Anschlussunterbringung übergetreten seien. Doch auf Dauer könne der Anstieg so nicht kompensiert werden. Und wenn der jedem Flüchtling zur Verfügung stehende Wohnraum bis 2016 erhöht werde, fallen noch einmal rund ein Drittel der vorhandenen Plätze weg. Daher ist der Ortenaukreis weiterhin mit großem Einsatz dabei, gemeinsam mit den Städten und Gemeinden neue Unterkünfte zu finden.
HIINTERGRUND
Oberkirchs Hilfe für Flüchtlinge
Das Oberkircher Unterstützernetzwerk für Flüchtlinge (Paula) hat mittlerweile vier Gruppen etabliert, die Flüchtlinge in folgenden Bereichen unterstützen:
◼ Wirkgruppe »Sprache/Bildung«: Sprachkurse für Erwachsene werden finanziert durch gemeinnützige Organisationen (Kinderschutzbund und Lions-Club). Der Lions-Club finanziert Lesepatenschaften zur Förderung von Migrantenkindern. Zweimal wöchentlich bieten ehrenamtlich tätige Lehrerinnen Hausaufgabenbetreuung/ Förderunterricht und Lerngruppen für Grundschul- und Sekundarstufenkinder an. Geplant sind ein Übersetzerdienst und ein Dolmetscherpool. Ansprechpartner ist die Familie Stier (Sprachkurs Erwachsene); • 07 802/36 76; Angelika Gronemeyer (Hausaufgabenbetreuung Grundschule); • 07 802/43 02.
◼ Wirkgruppe »Kleider«: Private Annahme, Lagerung und Weiterleitung von Spenden (zum Beispiel Kinderwagen, TV, Spielzeug, Fahrräder, Möbel); Zusammenarbeit mit Vereinen »Gemeinsam aktiv« (Kleiderspende) und Oberkircher Tafel. Geplant ist, ein Kleiderlager für Bedürftige ab September in den Räumen der Caritas (Sozialstation) einzurichten. Ansprechpartnerin ist Melanie Frühe: info@paula-oberkirch.de oder • 01 60/96 60 88 02.
◼ Wirkgruppe »Begegnung/ Freizeit«: Fahrten zur Experimenta am 5. April und zum Bogenschießen am 31. Mai mit dem Verein »Gemeinsam aktiv«; Grillfeste für alle Flüchtlinge. »Mal mit«: Gemeinsames Malen bei Kaffee und Kuchen, einmal im Monat dienstags, 15 Uhr im DRK-Haus mit Martina Tripp und Irmel Stier. Vereinsvernetzung (zum Beispiel Karateclub Oberkirch) oder Stipendium für Musikschule. Ansprechpartnerin ist Kerstin Manthey (Paula); • 078 02/36 74.
◼ Wirkgruppe »Patenschaft/ praktische Hilfen im Alltag«: Familienpaten treffen sich regelmäßig zum Erfahrungs- und Informationsaustausch. Ein Gemeinschaftsgarten in den Unterkünften in der Appenweierer Straße und in der Erbstraße in Nußbach wurde angelegt. Das in Achern bereits praktizierte »Tandem-Modell« (Kinder aus Flüchtlingsfamilien besuchen einmal wöchentlich eine einheimische Familie mit Kindern) soll auch in Oberkirch angeboten werden. Ansprechpartner sind Familie Just: • 078 05/59 194 und Eva Woelki • 07 802/50 850. wun