Thomas Bähr und Peter Zimmermann haben nicht nur ihre gastronomische Passion gemeinsam. Bähr, der Betreiber des »Renchtalblicks« auf der Oberkircher Südseite und Zimmermann, der vom »Haus am Berg« von Norden auf die Stadt blicken kann, verbindet auch eine Erkenntnis: »Das Flugzeugaufkommen über Oberkirch hat sich in den letzten zwei bis drei Jahren verstärkt«, erklärt Bähr. Wie Bähr, so will auch Zimmermann eine Zunahme registriert haben. Viele Passagiermaschinen, die sich im Start- und Landeanflug befänden, flögen direkt über die Häuser auf der Anhöhe – mitunter im Fünf-Minuten-Takt insbesondere in den Abendstunden zwischen 21 und 23 Uhr.
Rosemarie Röpnack, die mit ihrem Mann »In der Höll« wohnt, hat das Treiben am Himmel über Oberkirch genauer in Augenschein genommen. An Samstagen und Sonntagen habe sich das Flugzeugaufkommen um rund 30 Prozent erhöht, erklärt sie. Drei bis vier Flugzeuge würden oftmals unmittelbar nacheinander starten. Eine 16-Uhr-Maschine falle immer wieder dadurch auf, dass sie besonders tief fliege. Während des Sommerflugplans erhöhe sich die Zahl der Flugzeuge nochmals.
Elke Fleig, Sprecherin des nächstgelegenen Flughafens, dem Baden-Airpark, hat für das Phänomen keine Erklärung. Bei den angeflogenen Verbindungen habe es in den vergangenen Jahren keine gravierenden Veränderungen gegeben. Oftmals täusche aber auch der Eindruck, und die Flugzeuge kämen von einem ganz anderen Flughafen, als auf den ersten Blick vermutet.
Experten rechneten
Was also ist dran an der von mehreren Oberkirchern getroffenen Feststellung, über der Stadt befinde sich mittlerweile ein regelrechtes Luftdrehkreuz? Antworten darauf weiß die Deutsche Flugsicherung (DFS) zu geben. Die Experten im Lage- und Informationszentrum in Langen definierten um Oberkirch herum ein quadratisches Auswertungsfenster mit einem seitlichen Abstand von fünf nautischen Meilen. Anschließend untersuchten sie die in einer Höhe bis zu 24 500 Fuß (8000 Meter) darüber stattfindenden Flüge und verglichen die Zeiträume von Januar bis Juli der Jahre 2013 und 2014. Das Ergebnis: »Im Jahr 2014 ergeben sich eher niedrigere Überflugszahlen«, kommentiert DFS-Sprecherin Ute Otterbein die Zahlen für die ARZ. So sank das Aufkommen über Oberkirch im Juli dieses Jahres von 1509 im Vorjahr um 295 auf noch 1214 Überflüge. Selbst im Monat mit den geringsten Veränderungen, dem April, sank das Aufkommen um 85 Verbindungen gegenüber dem gleichen Zeitraum im Vorjahr auf 1217 Flüge (siehe Hintergrund).
Um eventuellen Ausreißern auf die Spur zu kommen, die für eine erhöhte Belastung über Oberkirch verantwortlich sein könnten, nahmen die Fachleute die Flugverbindungen zwischen zwei Zielen, die sogenannten »City-Pairs« für den Monat Juli in den Blick. Auch hier ergab sich laut Ute Otterbein »ein sehr heterogenes Bild«. Einige Flüge hätten zwar zugenommen, beispielsweise die von Baden-Baden nach Berlin (+7), nach Bari (+6) und nach Hamburg (+9), »allerdings auf eher niedrigem Niveau«, wie Otterbein betont. Andere Flugverbindungen von und nach Baden-Baden seien hingegen rückläufig, wie die nach Palma de Mallorca (-12). Einziger Ausreißer in der Betrachtung der über Oberkirch verlaufenden 22 Flugverbindungen seien die zwischen Paris und Stuttgart. Betrug deren Zahl im Juli vergangenen Jahres noch 68, so sank das Aufkommen innerhalb eines Jahres um 53 Flüge auf nunmehr lediglich noch 15.
Keine Überraschung
An der Spitze der Flugverbindungen liegen Frankfurt/Main – Basel. 148 Flüge wurden auf dieser Strecke im Juli verzeichnet (-9 gegenüber dem Vorjahr). Die Häufigkeit der anderen 21 Verbindungen liegt zwischen zehn und 79 Flügen pro Monat.
Ute Otterbein überraschen diese Zahlen nicht. »Die Verkehrszahlen in Deutschland sind insgesamt auf ungefähr gleichem Niveau. Aus zahlreichen Gesprächen mit Bürgern in Deutschland wisse die DFS auch, dass die Verkehrszahlen nicht wirklich zum Gefühl einer zunehmenden Belästigung passen. »Wie sich das erklären lässt, wissen wir auch nicht«, erklärt die Sprecherin.