Oberkirch

Formenbau nahm Gestalt an

Simon Allgeier
Lesezeit 5 Minuten
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30. August 2014

(Bild 1/6) Einblicke in die technischen Abläufe beim Oberkircher Unternehmen Ruch Novaplast erhielten am Donnerstagnachmittag 17 Teilnehmer der ARZ-Aktion »Offenes Werks­tor«. Sie erfuhren beispielsweise, dass sich das Volumen der Formteile bei der Expansion verfünfzigfacht, das Gewicht aber trotzdem gering bleibt. ©Stephan Hund

Das Innenleben eines Motorradhelms, Gehäuse für hochwertige medizinische Geräte oder gar ein komplettes Modellflugzeug: Die Produktpalette von Ruch Novaplast ist vielfältig. Vom ausschließlichen Herstellen von Verpackungen hat sich das Oberkircher Unternehmen längst entfernt, wie die 17 Teilnehmer der ARZ-Aktion »Offenes Werkstor« erfuhren.

Myriaden von Schläuchen, Rohren und Leitungen ziehen sich über die Decke und entlang der Maschinen in den Produktionshallen der Firma Ruch Novaplast in der Appenweierer Straße in Oberkirch. Hin und wieder zischt es laut auf und ein weißes oder schwarzes Teil kommt zum Vorschein. Was genau in den riesigen Maschinen vor sich geht, bleibt für die Augen verborgen. »Im Prinzip ist es wie Kuchenbacken«, erklärt Geschäftsführer Winfried Mantwill am Donnerstag den 17 Teilnehmern der ARZ-Aktion »Offenes Werkstor«. In eine aus zwei Teilen bestehende Form wird ein Granulat gegeben. Entweder Polypropylen – das sind dann die schwarzen Teile – oder Polystyrol. Letzteres ist im Volksmund unter dem Namen »Styropor« bekannt. Auf diesem Markennamen hat aber die Firma BASF ihre Hand. Künftig solle ohnehin der Begriff »Air-Pop« für Produkte aus diesem leichten Material gelten, sagt Mantwill.
Damit die Innenschalen für Motorradhelme und Modellflugzeuge ihre charakteristischen und wichtigsten Eigenschaften, die Leichtigkeit, Isolationsfähigkeit und gleichzeitige Stabilität, erhalten, werden die einzelnen Partikel in der Form von rund 170 Grad Celsius heißem Wasserdampf umströmt. Sie expandieren dadurch und verschmelzen miteinander.
Bei den schwarzen Produkten aus EPP, dem Polypropylen, läuft der Vorgang ähnlich ab. Nur das Ergebnis ist ein anderes. Während das Styropor bei einem Aufprall bricht und so Energie aufnimmt, federt das EPP zurück. Aus diesem Material werden in Oberkirch deshalb Aufprallelemente für Stoßfänger in Autos oder auch Warmhalteboxen für Lebensmittel hergestellt. Rund 100 000 Formteile verlassen pro Tag das Werk in der Appenweierer Straße, erläutert Mantwill. Pro Jahr kommen etwa 350 neue Artikel hinzu. Entsprechend hoch ist der Bedarf an verschiedenen Werkzeugen, die in die Maschinen eingespannt werden. Sie lagern in hohen Regalen im Hof der Firma Ruch. 2000 Stück an der Zahl. Angst, dass sie rosten, braucht man nicht zu haben, erklärt Stephan Risch den verwunderten Besuchern. Die Werkzeuge – Kostenpunkt zwischen 10 000 und 130 000 Euro – sind aus Aluminium gefertigt.
Anders als beim Spritzgussverfahren von Kunststoffteilen, bei dem Stückzahlen im sechsstelligen Bereich an der Tagesordnung sind, hat sich Ruch Novaplast auf kleine, dafür umso ausgefeiltere Serien spezialisiert. 20 der insgesamt 180 am Standort Oberkirch beschäftigten Mitarbeiter sind ausschließlich für die Entwicklung zuständig. CAD-gesteuert werden im Musterbau hinter Plexiglasscheiben gerade flache Boxen ausgefräst. Sie sollen später einmal empfindliche Anbauteile für den Automobilbau passgenau aufnehmen können.
Einen noch recht neuen Aspekt im aus Oberkirch kommenden Formenbau können die Besucher im hinteren Teil der Montagehalle bewundern. Dort werden mittlerweile Modellflugzeuge mit einer Spannweite von rund zwei Metern, die zuvor aus einem speziellen Gemisch geschäumt wurden, mit Elektronik bestückt und komplett zusammengebaut. 2002, als Ruch diese Sparte in Zusammenarbeit mit einem Unternehmen in Bretten entwickelte, wurden die Flieger noch auf den Philippinen montiert. Mittlerweile ist auch dieser Bereich bei Ruch Novaplast in Oberkirch gelandet.

Historie

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◼ 1879: Eduard Ruch und sein Partner Viktor Koller gründen in der Schweiz die Firma »Koller & Ruch« als mechanische Werkstätte für Drahtstifte und zur Herstellung der dafür erforderlichen Maschinen.
◼ 1881: Das Unternehmen erwirbt ein Anwesen in Oberkirch und erweitert das Herstellungsprogramm um Wasserturbinen und Sägegatter. Viktor Koller scheidet aus der Firma aus, weitergeführt wird sie von Eduard Ruch und Emil Scheller als »Scheller & Ruch«.
◼ 1921: Eduard und Heinrich Ruch führen das Unternehmen nach dem Ableben beider Firmengründer als »Gebrüder Ruch« weiter.
◼ 1960: Der Grundstein für das Kunststoffwerk »Ruch Novaplast« wird gelegt, die industrielle Fertigung von Styroporformteilen beginnt.
◼ 1984: Installation einer der ersten Styropor-Recyclinganlagen in Deutschland.
◼ 1988: »Ruch Novaplast« beginnt als einer der Pioniere mit der Herstellung von Schaumformteilen aus Polypropylen EPP.
◼ 1995: Die Herstellung von größeren Automobilserienumfängen beginnt.
◼ 2002: In der Tschechischen Republik wird die Tochtergesellschaft »Moraplast s.r.o.« gegründet.
◼ 2003: Das Schwesterwerk Moraplast s.r.o. in Odry nimmt die EPS-Verarbeitung auf.
◼ 2005: Ein neues Empfangsgebäude mit Besuchs- und Besprechungsräumen wird gebaut.
◼ 2006: Das Unternehmens wird in »Ruch Novaplast GmbH & Co. KG« (Produktionsgesellschaft) und »Ruch Invest GmbH & Co. KG« (Besitzgesellschaft) aufgespalten.
◼ 2010: »Ruch Novaplast« feiert Firmenjubiläum und besteht seit 50 Jahren.

Wussten Sie...

◼ Das Schwesterwerk in Tschechien eröffnete Ruch Novaplast, weil Philips als damaliger Kunde von Verpackungen dort mit der Fernseherproduktion begann. Nach sechs Jahren schloss Philips wieder sein Werk in Tschechien. Ruch indes hatte bereits genügend neue Kunden in Tschechien gewinnen können.
◼ 90 Prozent der für die Produktion von Formteilen benötigten Werkzeuge lässt Ruch in Deutschland herstellen.
◼ Im Jahr 2013 etablierte Ruch ein Umweltmanagementsystem. Annähernd 100 Prozent der Materialien können wiederverwendet werden.
◼ Jährlich verbraucht Ruch Novaplast rund 2000 Tonnen Material. Täglich sind für den Abtransport der fertigen Produkte 25 Lkw notwendig.

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