Freistetter Literatursalon bietet viel schwarzen Humor
»Allem kann ich widerstehen, nur der Versuchung nicht« – gemäß diesem Zitat von Oscar Wilde begrüßte Julika Assmus die Gäste beim zweiten Literatursalon am Sonntag in der Stadtbibliothek. Serviert wurden bei Häppchen, Wein und Wasser haarsträubende Geschichten.
Der Meister des schwarzen Humors, Roald Dahl, zog die Zuhörer ebenso in seinen Bann wie die Werke und wahren Begebenheiten des bekanntesten und umstrittensten Schriftstellers Oscar Wilde im viktorianischen England. Die passende musikalische Untermalung lag in den Händen von Tatjana Schlegel. Die ausdrucksstarken Sprecher waren Julika Assmus, Lydia Fuchs und Klaus-Dieter Schoenenberg.
»Manche Menschen sind unausstehlich, aber das ist auch ihr einziger Fehler«, leitete Julika Assmus in die makabre Geschichte »Der Weg zum Himmel« von Roald Dahl ein: 30 Jahre hatte Mr. Foster seine Frau gequält, indem er ihre Angst, zu spät zu kommen, bis zum allerletzten Moment auskostete und sie damit an die Grenze zur Hysterie brachte. Als sie für sechs Wochen nach Paris fliegen wollte, trödelte er solange, bis sie ihr Flugzeug bei einem normalen Start verpasst hätte. Das Flugzeug konnte aufgrund von Nebel erst am nächsten Morgen starten. Das Drama wiederholte sich und als Mr. Foster vorgab, noch ein Geschenk suchen zu müssen, blieb er im Fahrstuhl stecken. Mrs. Foster bekam das mit, wusste ihren Mann »gut« aufgehoben und trieb ihren Chauffeur zur Eile an. »Er wird einsehen, dass es zu spät war und sich nachher ein Taxi zu seinem Club nehmen«, frohlockte sie. Den Fahrstuhl ließ sie erst nach ihrer Rückkehr reparieren.
Interessante Mischung
Zur Erholung sang Schoenenberg den Chanson »J’aime Paris au mois de mai«. Zu den Häppchen, die auf die nächsten Schandtaten einstimmen sollten, las Fuchs das Gedicht »Sie saßen und tranken am Teetisch« von Heinrich Heine und sang passend dazu »Tea for Two«. »Die Ehe ist eine gegenseitige Freiheitberaubung in beiderseitigem Einvernehmen«, machte Assmus Appetit auf die nächste schauerliche Geschichte von Roald Dahl: »William und Mary – die OP«. In seinem Testament eröffnete William Pearl seiner Frau, dass er vor seinem Tod einem Experiment zugestimmt hatte – sein Gehirn und eine Augen wurden am Leben erhalten. Mary Pearl gefiel ihr Mann nach dem ersten Schreck so viel besser, konnte er ihr doch jetzt keine Vorschriften mehr machen.
»123 Jahre lang machte der Paragraph 175 des Strafgesetzbuches den Homosexuellen das Leben zur Hölle«, führte Assmus nach der Pause in den ersten Teil der Biographie von Oscar Wilde ein. Dazu las sie das traurige Märchen »Der glückliche Prinz«, das er für seine Söhne geschrieben hatte. Anschließend wurden die Gefühle auf »Eis«(-Konfekt) gelegt, bevor der zweite, weniger ruhmreiche Teil der Biographie von Wilde folgte. Die Veröffentlichung seines einzigen Romans »Das Bildnis des Dorian Gray«, das Klaus Schoenenberg vorlas, löste 1890 einen Skandal aus. Liebeswünsche, Liebesträume und Homosexualität waren für den Familienvater nie ein Problem und er ging mit seiner Homosexualität ab 1886 relativ offen um. Auf dem Höhepunkt seines Erfolges stürzte ihn das Verhältnis zu Lord Alfred Douglas in den Ruin und es folgte 1895 der berüchtigte Strafprozess wegen »widernatürlicher Unzucht«. Nach seiner Entlassung floh Wildes vor gesellschaftlicher Ächtung nach Paris, wo er unter falschem Namen lebte.
Aufgelockert wurde die schwere Kost durch den Song »Schau mich bitte nicht so an«, gesungen von Schoenenberg, und Zarah Leanders Chanson »Kann denn Liebe Sünde sein«, gesungen von Lydia Fuchs. Für die leckeren Häppchen sorgten Caroline und Tabea Decker.