Hilfe für Flüchtlinge polarisiert Türkischen Verein
Der Türkische Verein Oberkirch verurteilt Terroristen, die sich auf Allah berufen, und spricht sich für ein friedliches Miteinander der Religionen aus. Die überkonfessionelle Aktion »Oberkirch hilft« für syrische Flüchtlinge kommt bei den Vereinsrepräsentanten dennoch nicht so gut an.
Das Verhältnis zwischen Christen und Muslimen in Oberkirch nennt Zülfikar Atlay beispielhaft. »Schulter an Schulter in Frieden wie in Oberkirch sollten die Menschen in der ganzen Welt leben«, sagt der Dialogbeauftragte und Moscheeführer des Türkischen Vereins Oberkirch. Nicht so gut zu sprechen ist Atlay derzeit auf die Aktion »Oberkirch hilft«, die sich für syrische Bürgerkriegsflüchtlinge in der Türkei im Raum Midyat einsetzt. Bei der Vorstellung des Hilfsprojekts im November war auch der Türkische Verein mit im Boot – mitgefahren nach Midyat ist weder Atlay selbst noch der Vereinsvorsitzende Hüseyin Colak.
Atlay spricht von einer »Trotzreaktion« seinerseits: »Ich werde kein Projekt unterstützen, das sich nur an Christen wendet. Ich wehre mich dagegen, nur eine einzelne Bewegung zu unterstützen.« Ein Vorwurf, den Roland Deusch klar zurückweist. »Wir haben nicht nur nach den Christen geschaut«, sagt der Diakon der evangelischen Kirchengemeinde, der gemeinsam mit vier weiteren Ortenauern in der vergangenen Woche aus Midyat zurückgekehrt ist. Rund die Hälfte aller Spenden ging an Projekte für alle Konfessionen. Milchpulver habe man zum Beispiel nicht nur an Jesiden und Christen verteilt, sondern auch an Muslime mit Kindern unter zwei Jahren.
Im Lager, das die Gruppe mit Hilfsgütern versorgte, waren vor allem Jesiden untergebracht. Die Christen seien nicht im Lager, sondern nur in leer stehenden Häusern untergekommen. Sie erhielten Gutscheine, die sie für Einkäufe einsetzen konnten – »außer für Alkohol und Zigaretten«.
Deusch kontert Atlay: Der türkische Staat schließe in Midyat christliche und jesidische Flüchtlinge von der medizinischen Versorgung aus. »Die Türkei leistet große Hilfe, verteilt sie aber ungerecht. Das hören die Türken nicht gerne.«
30000 Euro neue Spenden
Atlay seinerseits stellt die Region Midyat gerade als Beispiel für ein friedliches Zusammenleben der Religionen heraus. Vorwürfe, die Christen dort würden unterdrückt, sind seinen Informationen nach »übertrieben oder an den Haaren herbeigezogen«. Eine eigene Hilfsaktion hat der Türkische Verein aktuell nicht laufen.
Beide Seiten zeigen sich gesprächsbereit: »Wir wollen versuchen, die Wogen zu glätten«, meint Zülfikar Atlay. Auch Roland Deusch hofft darauf, über das überkonfessionelle Café Abraham wieder besser ins Gespräch miteinander zu kommen. Der Zulauf für »Oberkirch hilft« ist unterdessen ungebrochen: Seit November konnte die Stadt Oberkirch Spenden ans Flüchtlingsprojekt in Höhe von insgesamt rund 40 000 Euro bescheinigen.
Ein Imam für Oberkirch
Der Türkische Verein Oberkirch hat aktuell 91 Mitglieder. Zum Freitagsgebet im Vereinshaus in der Oberdorfstraße, das auch als Moschee genutzt wird, kommen regelmäßig 40 bis 50 Vereinsmitglieder zusammen. Hinzukommen fünf bis zehn Muslime aus anderen Ländern, die dem Verein nicht angehören.
Seit 2014 hat die Gemeinde in Oberkirch mit Ahmet Ileri einen eigenen Imam. Er ist auch für die religiöse Erziehung der Jugendlichen verantwortlich – und die ist aus Sicht des Moscheebeauftragten Zülfikar Atlay wichtig, damit die Jugendlichen gut gewappnet gegen Extremisten sind. Atlay unterstreicht im ARZ-Interview, dass Radikale, die zur Gewalt im Namen Allahs aufrufen, beim Türkischen Verein Oberkirch keinen Platz haben: Man würde sie sofort anzeigen.