Hochwassergefahrenkarte: Rench-Gebiete sind Überflutungsflächen
Wer in Nachbarschaft der Rench in Oberkirch bauen will, könnte es künftig schwer haben: Die Hochwassergefahrenkarte weist dort Überflutungsflächen aus, in die nur sehr eingeschränkt eingegriffen werden darf. Abhilfe könnte der Bau von Schutzmaßnahmen schaffen.
Von den Hochwassern der vergangenen Jahre waren die Bereiche an der Rench in Oberkirch nur wenig betroffen: Schließlich bot der Renchdamm Schutz vor den Wasserfluten. Bei einem Jahrhunderthochwasser (HQ 100) würde der Damm aber nicht mehr ausreichen: Zu diesem Schluss kommen Landesbehörden bei der Erarbeitung seiner vorläufigen Hochwassergefahrenkarte. Dort sind unter anderem die Bereiche zwischen Rench und Werkstraße als Überschwemmungsgebiete im Falle eines Flutereignisses ausgewiesen, wie es einmal in 100 Jahren vorkommt. Ein Schluss, dessen Folgen Oberkirch nicht nur im Hochwasserfall zu spüren bekommen könnte und der schon jetzt ein Fragezeichen hinter geplante Bauprojekte im Oberkircher Oberdorf setzt.
Das neue Landes-Wasserrecht, das seit Anfang des Jahres in Kraft getreten ist und Bestimmungen des Bundeswasserhaushaltsgesetzes aus dem Jahr 2009 übernimmt, verbietet in derartigen Überschwemmungsgebieten inner- wie außerorts die Ausweisung neuer Baugebiete sowie die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen. Die Ausübung jeglicher Bau- und Planungstätigkeit wird dort erschwert – sie ist nur möglich, wenn gleichzeitig neun Ausnahmebedingungen erfüllt werden.
Die Dimensionen zeigte Bauamtsleiter Peter Bercher am Montag im Bau- und Umweltausschuss auf: »Nach den Bestimmungen ist schon der Bau einer Garage in der Werkstraße untersagt.« Pikant: Genau an jener Werkstraße, am Raiffeisengelände, fasst die Stadt den Bau einer neuen Stadthalle ins Auge. Auch er könnte nun schwieriger werden.
Die Überplanung einer unbeplanten Fläche im Innenbereich ist laut der Sitzungsvorlage möglich, wenn keine neuen (weiteren) Flächen einer Bebauung oder intensiveren Nutzung zugeführt werden. Eine Frage, die derzeit noch »höchstrichterlich geklärt werden muss« (Bercher), erscheint aus Oberkircher Sicht besonders prekär: Gilt es schon als Ausweisung eines neues Baugebietes, wenn bestehende heterogene Bebauung im Rahmen der Stadtsanierung in ein Wohngebiet umgewandelt wird?
Der konkrete Fall, auf den Bercher anspielt, ist in Oberkirch das Sanierungsgebiet Südliche Kernstadt: Die Flächen den Bauzentrums Rendler, der ins Gewerbegebiet an der B 28-Umfahrung umziehen will, sollen überplant werden. Der Bereich in unmittelbarer Nachbarschaft zum Renchdamm wird in der Hochwassergefahrenkarte als Überschwemmungsgebiet ausgewiesen, wo die Ausweisung eines neuen Baugebietes untersagt wäre.
Zwar erlaubt das Gesetz Ausnahmen für das Verbot, im Überschwemmungsgebiet Baugebiete auszuweisen – doch es stellt laut Bercher »richtig hohe Hürden« und knüpft die Ausnahme an neun Bedingungen. Bezogen aufs Sanierungsgebiet Südliche Kernstadt steht Bercher nun vor der Aufgabe, so zu planen, dass sie allesamt erfüllt werden.
Ein weiterer Ausweg bestünde darin, für den überplanten Bereich Schutzanlagen auszuweisen, die einem hundertjährlichen Hochwasser standhalten. Dann entfallen die Beschränkungen des Wassergesetzes. OB Matthias Braun forderte deshalb, dass das Land, das für den Hochwasserschutz an der Rench zuständig ist, den Renchdamm ertüchtigt.
Eine punktuelle Erhöhung des Damms reicht laut Bercher aber nicht aus – auch weil den angrenzenden Gemeinden durch die Baumaßnahme keine Nachteile entstehen dürfen.
Gleichzeitig wird Oberkirch an die Ausweisung neuer Rückhaltebecken denken, die in der Fläche an oder oberhalb von Tiefpunkten geschaffen werden könnten. Bercher kündigte gegenüber der ARZ eine intensive Untersuchung aller Gewässer an. Der Bau mehrerer kleiner Becken könnte sich dabei sinnvoller erweisen als der eines großen.
Hochwassergefahrenkarte existiert bisher nur als interner Entwurf
Die Hochwassergefahrenkarte für den Bereich Oberkirch ist noch nicht abschließend ausgearbeitet. Im ersten, noch nicht veröffentlichten Entwurf, den die Stadt zur Prüfung erhalten hat, sind laut Bauamtsleiter Peter Bercher zahlreiche Stellen als Überschwemmungsgebiete ausgewiesen – das Band entlang der Rench erstreckt sich von Lautenbach bis Renchen.
Auch fast alle Ortsteile sind an ihren Gewässern betroffen. Die Festlegung der Gebiete erfolgt nach einem standardisierten Verfahren, auf das die Stadt keinen Einfluss hat. Der Gemeindetag hinterfragt deshalb laut OB Matthias Braun die Methodik. Braun zeigte sich verwundert darüber, dass der Renchdamm laut der neuen Hochwassergefahrenkarte nicht für ein hundertjährliches Hochwasser, die Maßgabe für den Hochwasserschutz, ausgelegt sein soll. »Ich war immer der Auffassung, dass das Land seine Hausaufgaben gemacht hat.« Braun erwartet, dass das Land nachbessert, »damit wir bauen können«.