Hotel »Grüner Baum« begann vor 150 Jahren zu wachsen
Das Waldhotel »Grüner Baum« in Ödsbach kann auf eine lange Tradition zurückblicken. Heute vor 150 Jahren wurde aus der Bierwirtschaft ein Restaurationsbetrieb mit Speisen und Weinausschank. Zwei Jahrzehnte später beherbergte das Gasthaus die ersten Touristen.
Ein Gasthaus war früher weit mehr als nur ein Ort, um zu essen und zu trinken. In Zeiten ohne Fernseher und anderem Unterhaltungsprogramm war das Wirtshaus vor allem auch ein sozialer Treffpunkt. Und da es noch keinen Supermarkt um die Ecke gab, war die Wirtsstube auch die einzige Möglichkeit, ein Bier zu trinken. Die Bedeutung des Wirtshauses in vormodernen Zeiten wird auch in der Argumentation des Johann Sester deutlich, der im Jahr 1866 beim Oberkircher Bezirksrat eine Konzessionserweiterung für seine Bierwirtschaft beantragte.
Bierwirtschaft ab 1866 erweitert
Wie aus Unterlagen des Oberkircher Stadtarchivs hervorgeht, betonte Sester in einem Schreiben aus dem Jahr 1864, dass es in Ödsbach bisher mit der »Krone« nur eine Wirtschaft gebe. Diese sei mindestens eine Viertelstunde von seinem Haus entfernt, »so dass sowohl meine Nachbarn als auch die fremden, die mit ihnen zu thun haben, diese große Wegstrecke machen müssen, wen sie ein Klaß Wein Trinken wollen«.
Johann Sester, damals 29 Jahre alt, Vater zweier Kinder und gelernter Küfer, betrieb schon damals eine Bierwirtschaft. Mit seinem Antrag auf eine Konzessionserweiterung zielte er auf die Erlaubnis, künftig auch Wein ausschenken und Speisen anbieten zu dürfen und kündigte an, bei einem positiven Bescheid, seine »Lokalideten« zu erweitern. Diesen positiven Bescheid erhielt er schließlich auch: Am 30. Januar 1866 – also heute vor 150 Jahren – entschied der Oberkircher Bezirksrat: »Es wird die in Oedsbach vacante Restauration dem Johann Sester da verliehen.«
Zahl im Balken zeugt von Geschichte
Aufmerksam auf dieses Jubiläum wurden das heutige Hotelierehepaar Doris und Ulrich Lechner durch die Zahl 1866 auf einem Balken in der Bauernstube, dem ältesten Teil des Waldhotels. Sie beauftragten schließlich Irmgard Schwanke, die Geschichte des Hauses rund um diese Jahreszahl zu recherchieren. Die Stadtarchivarin fand heraus, dass bereits 20 Jahre nach der Konzessionserweiterung der Fremdenverkehr Einzug in den »Grünen Baum« gehalten hatte.
In einem Schreiben aus dem Jahr 1888 erwähnte der damalige Wirt Johann Sester, dass im Jahr 1886 in seinem Gasthaus zwölf Personen zum »Sommeraufenthalt loschierten«. In diesem Zusammenhang fällt auch zum ersten Mal der Name des Gasthauses: »Grüner Baum«. Genaue Informationen, wie groß das Gasthaus mit Fremdenzimmern zu dieser Zeit war, gibt es nicht. 1935 wurden aber die einzelnen Gebäudeteile hinsichtlich ihres Alters geschätzt. Das Hauptgebäude mit Gastwirtschaft, Fremdenzimmer und Wohnanteil wurde dabei teils für 50, teils für 70 Jahre alt gehalten. Das angrenzende Ökonomiegebäude mit Schweinestall soll damals 50 Jahre alt gewesen sein und der Wagenschopf etwa 30 Jahre.
Lange im Familienbesitz
Bis ins Jahr 2000 war das Waldhotel Grüner Baum im Besitz der Nachfahren Johann Sesters. Aus Unterlagen des Grundbuchamts gehen folgende Eigentümer hervor:
1866: Johann Sester, Küfer und Wirt
1900: Barbara Sester, ab 1903 verheiratete Springmann, ab 1910 nach Wiederverheiratung Barbara Spinner (Tochter Johann Sesters)
1923: Franziska Springmann, verheiratete Müller (Tochter aus erster Ehe der
Barbara Spinner
1961: Karl Müller (Sohn von Franziska und Karl Müller)
2000: Kauf des Waldhotels »Grüner Baum« durch Ulrich und Doris Lechner