Illenau-Theater taucht musikalisch in die Seele von Müttern
Mütter und ihre Kinder, ihre Aufgaben und ihre Sorgen, ihre Nöte und ihre geheimen Sehnsüchte. All das stand Pate für das neue Stück des Illenau-Theaters, das am Samstag Premiere feierte – vor ausverkauftem Haus, was ebenso für die nächsten drei Veranstaltungen gilt.
Anhaltender Applaus und viele lachende Gemüter gab es am Samstag bei der Premiere des neuen Stücks des Illenau-Theaters. Holger Albrecht hat mit »Immer diese Mütter« ein Singspiel kreiert, das aus bekannten Liedern besteht, einzelne textlich übernommen, die meisten aber in Eigenregie umgedichtet.
Im Wartesaal eines Psychotherapeuten treffen sie sich. Mütter. Ältere und jüngere, mit kleinem Kind, mit großem Kind. »Menschen, wie du und ich, aber halt alles Mütter«, stellt Brigitte Spengler-Weissgärber vor. Ihre Figur arbeitet als Sekretärin beim Psychotherapeuten und sie durchleuchtet die Klienten mit femininem Weitblick.
Zu viele sind ihr hier schon begegnet, ihr, die alles besser, anderes gemacht hätte, denn Mutter zu sein, das war immer ihr geheimer Wunsch. Jetzt muss sie sich arrangieren, besänftigen und überlegt singend: »Kinder find ich nicht so toll!« Sie, die Teletubbies brabbelnden Windelvollmacher, deren alleiniges Sein hier im Wartezimmer einen regelrechten Krieg herauf beschwört.
Wäre gerne Mama
Brigitte Spengler-Weissgräber spielt ihre Rolle überzeugend, distanziert ihr Auftreten, wäre aber doch spürbar gerne eine Mutter. Wie Maria (Annik Obrecht). Zart und zerbrechlich steht sie da und singt Bettina Wegeners »Sind so kleine Hände Bettina«. Als Mutter hat sie Angst, ist unsicher und doch so liebend, wenn sie den »kleinen Fratz« besingt. Toll gespielt, schön gesungen!
Tochter pubertiert
Wie ein Kontrastprogramm wirkt da die Beziehung von Lucia (Eveline Schneider) und Tochter Julia (Sophie Bross). Herrlich verkörpert Schneider das Temperament einer italienischen Mama, doch auch sie muss sich mit einer pubertierenden Tochter herumschlagen. »Es war Sommer«, singt Mama in Erinnerungen schwelgend, »ich war 16 und er 51.« Upps! Da kontert die Tochtert: »Ich war 16 und er hieß Berlusconi!« Frech, aufmüpfig, großartig: Sophie Bross scheint die Rolle der Tochter auf den Leib geschrieben.
Gekonnt schafft es Regisseur Holger Albrecht, unterstützt durch Petra Hoppe, die Charaktere mit Unterstützung der Lieder hervorzuheben. Unterstützt von Kurt Bayer am Klavier, Pit Ferch an der Gitarre und Nico Wöhrle an den Drums entspannt sich ein unterhaltsames Psychogramm rund um die Hilfesuchenden.
Das Dilemma der Alleinerziehenden, ihre Sehnsucht und ihre Verlassenheit, ihre Ängste und ihre Suche nach Identität werden gerappt und gerockt, gegroovt und manchmal wehmütig beklagt. »You can’t always get what you want«, bricht es endlich aus dem überbehüteten Sohnemann Tobias (Klaus Gößwein) heraus. Gerade hat die Mama (eine überzeugende Barbara Rose-Behrendt) ihn noch mütterlich beschützt, als die Horde anstimmt: »Männer sind Schweine«. Davon kann Constanze Fliegel, alias Cindy, ein Lied singen. Doch aufgeben, nein. Nach dem Motto »lebe wild und unersättlich« dreht sie erst richtig auf und rockt die Bühne mit »Wild Thing« – einfach Klasse!
»Immer diese Mütter« lebt von der Musik, den Liedern und der Bereitschaft der Protagonisten, sich auf ein Terrain einzulassen, das nicht unbedingt immer den Ohren schmeichelt, wohl aber eine berührend unspektakuläre Geschichtensammlung wiedergibt, über Menschen, die so wichtig sind: Mütter. Und somit eine anerkennende Gesamtleistung, die dementsprechend mit lang anhaltendem Applaus belohnt wurde.