Oberkirch

Jugend in Oberkirch in den 1950er Jahren

Heinz G. Huber
Lesezeit 3 Minuten
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29. August 2016
Perlonstrümpfe, Petticoats und Tanzkränzchen: Eine Sonderausstellung im Heimatmuseum Oberkirch widmet sich auch den Freizeitbeschäftigungen der Jugend, wie hier bei einem Abschlussball eines Tanzkurses in der Nußbacher »Blume« 1957.

Perlonstrümpfe, Petticoats und Tanzkränzchen: Eine Sonderausstellung im Heimatmuseum Oberkirch widmet sich auch den Freizeitbeschäftigungen der Jugend, wie hier bei einem Abschlussball eines Tanzkurses in der Nußbacher »Blume« 1957. ©Archiv

Ein Tanzkurs war in den 1950er Jahren ein Muss für jeden Jugendlichen. Hier lernte man nicht nur die richtigen Tanzschritte, sondern auch Manieren. Krawalle von »Halbstarken« gab es nur in den Großstädten. Die Jugend auf dem Lande beugte sich schnell einer manchmal prüden und autoritären Erwachsenenwelt.

 Im längst abgerissenen Gasthaus »Zur Blume« fand 1957 ein Tanzkurs der Tanzschule Weber statt. Junge Männer und Frauen aus Nußbach und Zusenhofen  trafen sich wöchentlich zur Tanzstunde, um zu den Klängen vom Plattenspieler die gängigen Standardtänze zu erlernen. Rock ’n’ Roll und Boogie-Woogie – so Anita Schwab – wurde auch einmal getanzt, aber in einer entschärften Form ohne Schwünge.

Beim Tanzkränzchen verwandelten sich die Jugendlichen in junge Damen und Herren. Die Mädchen trugen meist hochgeschlossene elegante Cocktailkleider, die züchtig die Knie bedeckten, darunter Petticoats, die die weiblichen Formen betonten, sowie Perlonstrümpfe. Für die Männer war der Sonntagsanzug mit Krawatte oder Schlips selbstverständlich. Die Haare wurden mit viel Fettcreme in Form gehalten, manche kokettierten mit einer Elvis-Presley-Tolle. Artig überbrachten sie ihrer Tanzpartnerin einen Blumenstrauß und baten höflich mit einer Verbeugung um den nächsten Tanz. Der Abschlussball markierte sichtbar den Übergang in die Welt der Erwachsenen, wo Formen und Konventionen herrschten.

Möglichkeiten zum Tanzen gab es nur wenige, wenn man kein eigenes Fahrzeug hatte. Elfriede Metz erinnert sich an die Tänze in der Nußbacher Obsthalle, wo die Dorffeste stattfanden. Die Polizei kontrollierte streng, ob die Altersgrenze von 18 Jahren eingehalten wurde. Anita Schwabs Tanzpartner und späterer Ehemann Gerhard besaß schon einen Roller, eine »Bella«, so dass man zum Tanz ins Riedle nach Zell-Weierbach oder nach Nesselried in die »Krone« fahren konnte.

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Pfarrer rügte junge Paare

Die 50er Jahre waren prüde. Der Dorfpfarrer rügte schon einmal in der Sonntagspredigt Paare, die zu eng miteinander getanzt hatten. Zärtlichkeiten in der Öffentlichkeit auszutauschen war verpönt. Ein Paar konnte sich erst öffentlich sehen lassen, wenn »ernste« Absichten bestanden, sonst kam vor allem das Mädchen schnell in Verruf. War trotz der sozialen Kontrolle eine junge Frau schwanger, war es selbstverständlich, dass vor der Niederkunft geheiratet werden »musste«. Es gab wenige Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung. Wer Geld hatte, besuchte die Vorstellungen eines der beiden Oberkircher Kinos. Es gab Treffpunkte im Dorf, wo sich die Jugendlichen einfanden. In Nußbach waren das die Milchsammelstelle oder der Schmiedestein. In den Städten gab es Milchbars, wo die Jugendlichen unter sich waren.

Vereine nur für Männer

Die Vereine integrierten die Jugendlichen ins Dorfleben. Viele waren im Kirchenchor und spielten Theater. Fußball war damals etwas für die Männer, die Mädchen waren nur Zuschauer. Auch in den Blasmusikkapellen gab es damals keine Mädchen und Frauen. Statt bei »Rock im Weinberg« waren Jugendliche wie in Bottenau bei der Volkstanzgruppe oder in der Landjugend aktiv.
Noch bis Sonntag, 11. September, ist im Oberkircher Heimat- und Grimmelshausen-Museum die Sonderausstellung über die 50er Jahre in Oberkirch zu sehen.

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