Jugendliche wollen mitreden
21 Jugendliche aus Achern haben Interesse an einer Kandidatur für einen Jugendgemeinderat. Das weiß die Stadtverwaltung seit Februar. Die öffentliche Diskussion im Gemeinderat zu der Frage soll im Juni stattfinden.
Achern. »Wann und wie geht es in der Sache weiter?«, möchte Tim Maurer aus Großweier wissen. Der 15-Jährige hatte schon vergangenen Sommer öffentlich angemerkt, dass in Achern ein Jugendgemeinderat fehle. Inzwischen habe er das Gefühl, bei der Stadtverwaltung sei man der Meinung, Jugendliche hätten kein Interesse daran, sich für ihre Stadt einzusetzen. Das Warten auf eine Entscheidung dauert seiner Meinung nach zu lang.
Die Freien Wähler stehen hinter seinem Anstoß und loben das Engagement des Jugendlichen, der in Achern die Realschule besucht. Auch die SPD-Fraktion im Gemeinderat fand gut, dass er die Einführung eines Jugendgemeinderats angeregt hat (wir berichteten im Juli 2014). Doch positive Signale aus dem Rathaus hat der Ideengeber bisher nicht bekommen. Er habe den Eindruck, dass »kein Interesse an einer möglichst starken und für die Jugend effektiven Beteiligungsform« besteht, sagt der junge Mann.
Geringe Resonanz
Auf Nachfrage der Acher-Rench-Zeitung verweist Oberbürgermeister Klaus Muttach auf das Ergebnis der Umfrage unter rund 2000 jungen Menschen der Jahrgänge 1995 bis 2001 aus Achern.
Lediglich 74 von ihnen gaben den Fragebogen der Stadtverwaltung zum Thema Jugendgemeinderat ausgefüllt ab. 21 wollten sich zur Wahl stellen, weitere 34 äußerten Interesse, ohne selbst kandidieren zu wollen. Diese Informationen habe er dem Verwaltungs-, Kultur- und Sozialausschuss gegeben, so das Stadtoberhaupt. Alle Fraktionen hätten zum Ausdruck gebracht, dass ihnen Jugendbeteiligung wichtig sei. Über die richtige Form würden sich die Gruppierungen im Rat nun Gedanken machen. Voraussichtlich im Juni werde der Gemeinderat dann öffentlich entscheiden, erklärt Klaus Muttach noch.
Eigene Stimme
»Wir Jugendlichen wollen für unsere Stadt und für unsere Generation eintreten«, liefert Sophie Bross aus Oberachern ein Argument für den Jugendgemeinderat. Die Schülerin der Beruflichen Schulen Achern würde sich selbst gern daran beteiligen. Ihr gehe es darum, eine eigene Stimme zu haben und etwas verändern zu können. »Beteiligung der jungen Generation am politischen Leben kann nur gelingen, wenn ein wirkliches Angebot der Beteiligung geschaffen wird«, so die Meinung der 16-Jährigen. Ein demokratisch gewähltes Gremium ist aus ihrer Sicht der richtige Weg.
Ein Gegenargument scheint Acherns Nachbarstadt Bühl zu liefern: Dort wurde das Projekt Jugendgemeinderat wieder eingestellt. Auch der hohe Aufwand scheint dagegen zu sprechen. Oberbürgermeister Klaus Muttach verweist darauf, dass für das in Achern gut eingeführte Jugendhearing und den noch recht neuen Jugendneujahrsempfang »mit erheblichem Aufwand geworben werden muss.« Der personelle Aufwand dafür dürfe nicht unterschätzt werden. Rheinau und Oberkirch dagegen haben seit Jahren einen Jugendgemeinderat, Kehl ebenfalls. Jetzt sind die Acherner Gemeinderäte gefragt: Lassen sie zu, dass ein solches Gremium gewählt wird?
Achterrat?
Gerade spricht sich eine neue Form der Beteiligung von Jugendlichen herum, der sogenannte Achterrat. Das Konzept der beiden »Partizipationsexperten« Erich Flügge und Udo Wenzl sieht vor, dass alle Achtklässler (nicht nur Gewählte) sich ein Jahr lang aktiv an politischen Entscheidungsprozessen beteiligen. Viele Kommunen im Land haben bereits Interesse angemeldet, das Modell zu erproben. Es würde aber die älteren und an politischer Arbeit vor Ort stark interessierten Jugendlichen nicht mit einbinden.
Internet: www.partizipations-blog.demg