Junge Meister am Akkordeon
Welch hohes Niveau das Musizieren auf Akkordeons hat, erlebten die Zuhörer am Sonntag in der vollbesetzten Günter-Bimmerle-Halle. Der gastgebende Harmonika-Verein Ramsbach hatte zu seinem traditionellen Herbstkonzert eingeladen. Gastorchester war das »Sommerorchester« der Akkordeonjugend Baden-Württemberg.
Bei diesem doppelten Konzertabend brachten gleich drei Orchester den Besuchern die vielen Facetten des modernen Akkordeonspiels näher, bei dem auch Schlagzeuge aller Art und auch das Klavier zum Einsatz kamen. Ihr Können unterstrich das 1. Orchester des Harmonika-Vereins Ramsbach unter Leitung von Christoph Müller gleich zum Auftakt mit der vierteiligen, anspruchsvollen »Russian Dance Suite« von Kees Vlak und danach mit der »Rhapsodia« von Robert Finn. Die Akkordeonbearbeitung schrieb Hans-Günter Kölz. Nun folgte eine Überraschung, die nicht im Programm stand und für die Carmen Huber aus Maisach, die auch Mitglied des Sommerorchesters ist, den verdienten Sonderbeifall erhielt: Als »Teufelsweib«, wie Moderatin Ulrike Müller ankündigte, trug sie in perfekter Weise »La Campanella« von Paganini“ vor. Mit dieser Komposition des »Teufelsgeigers« war sie kürzlich beim Landesmusikpreis der Akkordeonjugend Baden-Württemberg Vizemeisterin geworden.
Auch das Jugendorchester Ramsbach zeigte sich von seiner besten Seite. Es überzeugte das Publikum mit der Suite in sechs Sätzen »Magic« von Wolfgang Russ , mit dem es sich beim diesjährigen Deutschen Akkordeon-Jugendorchester-Wettbewerb den dritten Platz und die Note hervorragend erspielt hatte, sowie beim »Magico incontro« von Reverberi.
Mit »Child’s Anthem«, dem Welterfolg der Gruppe »Toto«, dem Musettewalzer »Unter dem Himmel von Paris« von Hubert Giraud, was an Edith Piaf erinnerte, und dem Marsch »Feuert los« von A. Holzmann sowie einer Zugabe rundete das 1. Orchester den ersten Teil des Abends ab.
Die Vorträge des »Sommerorchesters« der Akkordeon-Jugend Baden-Württemberg übertrafen alle Erwartungen. Das junge, von Patric Jockers aus Kork geleitete Orchester, das sich aus Preisträgern beim Landesmusiktag und bei »Jugend musiziert« zusammensetzt, glänzte bei seinem diesjährigen Abschlusskonzert durch engagierten Einsatz und schon erstaunlich reifer Spielkunst, sowohl mit Werken aus Klassik als auch Jazz und Pop. Das spürten die Zuhörer auf Anhieb bei der »Ouvertüre und Hornpipe« aus der »Wassermusik« von G. F. Händel, dem sich auf gleichem Level das »Concerto Grosso« op. 3, Nr. 11 von A. Vivaldi anschloss. Ein Gospel-Medley von A. Jekic bildete sodann den Übergang zur zeitgenössischen Musik, die mit der beeindruckenden »Galaxy« von H. G. Kölz eröffnet wurde. Die jungen Interpreten verstanden es mit Leichtigkeit, das Große und Strahlende dieses Weltraumtongemäldes akustisch in vollendeter Weise wiederzugeben.
Stehender Beifall
Eine Hommage an Astor Piazolla, den Großmeister des argentinischen Tangos, schloss sich mit »Inmortal« (unsterblich) von Hans Boll an. Nahtlos reihte sich daran das Stück »Autumn Leaves« (Blätter im Herbst), das der ungarische Komponist Joseph Kosma 1945 zunächst als melancholischen Chanson schrieb und das der in Köln lebende Ralf Gscheidle in Swing-Fassung für Akkordeonorchester arrangiert hat. Mit Jazzstandard interpretierten die Musiker danach auch »Birdland«, eines der erfolgreichsten Stücke von Josef Zawinul. Ein echter Ohrwurm war hierauf »Lord of the dance«, mit dem R. P. Hardiman dem irischen Tanz zu Weltruhm verholfen hat. Nach diesem rasanten Vortrag wurde den jungen Interpreten und ihrem Dirigenten zu Recht auch stehender Beifall zuteil, für den sie sich mit den zwei Zugaben »You raise me up« und »What a feeling« gerne revanchierten.