Kein Vorrang für die Windkraft im Renchtal
Der Regionalverband Südlicher Oberrhein will die Schwend und den Kutschenkopf nicht als Vorranggebiete für Windkraft ausweisen. Der erwartbare Entschluss ändert allerdings nichts daran, dass an beiden Standorten dennoch Windräder gebaut werden können.
Wo im Land Windräder gebaut werden dürfen und wo nicht, lag bis zum Mai 2012 alleinig in den Händen der Regionalverbände. Sie hatten die für die Nutzung der Windkraft geeigneten Flächen in Vorrang- und Ausschlussgebiete eingeteilt. Lediglich ein Prozent der Landesfläche war bis dato für Windräder geeignet. Zwei Maßnahmen sollten den von Grün-Rot geforderten Ausbau der Windkraft beflügeln: Als eigenständige Planer treten nun die Gemeinden auf. Sie sind gehalten, durch die Ausweisung von Standorten der Windkraft auf ihrer Gemarkung »substanziellen Raum« zu geben, sie planen parallel zu den Regionalverbänden.
Gleichzeitig wurden die Regionalverbände in ihren Befugnissen eingeschränkt. »Die Regionalverbände haben nur noch die Aufgabe der Positivplanung«, erklärt Dieter Karlin, Direktor des Regionalverbands Südlicher Oberrhein. Will heißen: Die bisherigen Ausschlussgebiete gehören der Vergangenheit an. Bis in wenigen Wochen soll es laut Karlin so weit sein, dass der sich seit Jahren in Arbeit befindende Regionalplan »Windkraft« verabschiedet werden kann.
Neben der Schwend ist der Kutschenkopf/Eselskopf das Gebiet im Renchtal, das nach derzeitigem Stand am ehesten als Windkraftstandort in Betracht kommt. »Im Rahmen der Offenlage haben wir bei den Landratsämtern abgefragt, wo sich Landschaftsschutzgebiete befinden«, gibt Karlin Einblick. Die Antwort aus Offenburg im Spätjahr: Eine Änderung der Landschaftsschutzgebietsverordnung auf dem Kutschenkopf ist nicht absehbar.
Einspruch eingelegt
Der Energieversorger EnBW, der auf dem zu Lautenbach und Oppenau gehörenden Kutschenkopf einen Windpark plant, hatte nach der Absage aus Offenburg Einspruch beim übergeordneten Regierungspräsidium Freiburg eingereicht. Die Entscheidung aus Freiburg, ob der Landschaftsschutz beibehalten oder aufgehoben wird, steht noch aus. »An unserer Planung ändert das allerdings nichts«, stellt Karlin fest. Ein Planungskriterium des Regionalverbands für ein Vorranggebiet Windkraft sei eine Mindestgröße von 15 Hektar, so dass mindestens drei Windräder gebaut werden können. »Wenn die Landschaftsschutzgebiete erhalten bleiben, gibt es nicht genügend Fläche für einen Windpark.«
Dass der Kutschenkopf kein Vorranggebiet für Windkraft wird, zeichnete sich laut Regionalplaner Jens Fiedler bereits bei der ersten Offenlage des Regionalplans Windenergie im November 2014 ab. »Ganz am Anfang war er mal als Vorranggebiet drin, ist dann aber herausgefallen.« Der Regionalverband berücksichtige zudem die Windgeschwindigkeiten an den möglichen Standorten. Unter 6 m/s falle ein Standort aus der Planung. Die EnBW erwartet auf dem Kutschenkopf durchschnittliche Windgeschwindigkeiten von 5,8 bis 5,9 Meter pro Sekunde.
Unabhängig von den Planungen der Regionalverbände können Gemeinden und Windkraftbetreiber ihre eigenen Planungen weiter verfolgen, betont Fiedler. »Wir legen keine Ausschlussgebiete für Windkraft mehr fest.« Lediglich im umgekehrten Fall sitzt der Regionalverband am längeren Hebel: Dann wenn er ein Vorranggebiet ausgewiesen hat. »Die Gemeinde kann dann nicht sagen, den Standort wollen wir nicht«, hält Karlin fest. Sobald der Regionalplan Windkraft rechtskräftig ist, was wohl im Mai der Fall sein wird, bestehe Anpassungspflicht für die Gemeinden.
Die Stadt Oberkirch ist in der nördlichen Ortenau mit ihren eigenen Windkraftplanungen nach Aussagen Fiedlers am weitesten. Viele andere Gemeinden würden zunächst nicht planen. »Sie warten und sagen sich, wenn eine unliebsame Anlage kommt, können wir noch immer planen.« Vor allem aber entscheide die Geografie darüber, wo Windräder gebaut werden können. »Und da ist in der südlichen Ortenau deutlich mehr Musik drin als im Norden.«
2016 kamen 15 Anlagen hinzu
Etwa 11 Prozent aller sich in Betrieb befindlichen Windenergieanlagen Baden-Württembergs stehen derzeit in der Region Südlicher Oberrhein (jede neunte). Die Gesamtzahl der sich in Betrieb befindlichen Windenergieanlagen hat sich in der Region seit der Änderung des Landesplanungsgesetztes bis Ende 2015 nicht wesentlich verändert (+ 1). Erst im Jahr 2016 kam es zu einem stärkeren Zubau von insgesamt 15 Neuanlagen, die in den Jahren zuvor zunächst beantragt und genehmigt werden mussten (etwa 3 Jahre von der Voranfrage bis zum Betrieb). Neben den 23 seit Anfang 2012 neu in Betrieb gegangenen Windenergieanlagen wurden zwischenzeitlich sieben Altanlagen wieder abgebaut.
Bis 2020 sollen 10 Prozent des Stroms aus heimischer Windenergie erzeugt werden. Dieses Ziel gab die Landesregierung 2011 vor. Dafür ist ein zusätzlicher landesweiter Zubau von 1200 Windenergieanlagen nötig.