Hirschberg präsentiert Buch über jüdische Gemeinden
Mit der Vorstellung seines Buches über die einstigen jüdischen Gemeinden in Neufreistett und Rheinbischofsheim hat Gerd Hirschberg ein Stück Erinnerungskultur für Rheinau geschaffen. Dieses Thema ist für ihn nun abgeschlossen, ein neues hat er aber schon im Blick.
Das Interesse war größer als erwartet, als der gebürtige Mannheimer und seit Mitte der 80er Jahre in Freistett wohnende Psychologe und Physiotherapeut Gerd Hirschberg am Mittwochabend in der Stadtbibliothek seine in einem Buch gefassten Informationen über die einstigen jüdischen Gemeinden in Rheinau vorstellte. Das Werk umfasst 318 Seiten, voll gepackt mit präzise recherchierten und mit Zeitdokumenten belegten Geschichten, von der ersten Erwähnung bis zu der Vernichtung des Judentums in Neufreistett und Rheinbischofsheim.
Weiterer Schritt
Bürgermeister Michael Welsche nannte das Werk einen weiteren Schritt der Erinnerungskultur an eine vergessene Epoche Rheinauer Geschichte, das Grundlage für künftige Forschungen bildet. Das Buch stehe somit, neben dem seit 200 Jahren bestehenden jüdischen Friedhof, dem »Bischemer Judenstein«, dem 2008 errichteten Gedenkstein am Freistetter Marktplatz sowie dem Denkmal der Deportierten an der Kirche in Rheinbischofsheim, gegen das Vergessen der einstigen jüdischen Mitbewohner der Gemeinden Neufreistett und Rheinbischofsheim.
Nach Gemeinderatsbeschluss hat die Stadt die vollständige Übernahme der Druckkosten für die 250 Exemplare starke Erstauflage übernommen. Stadtarchivar Dirk Wacker, der den Autor in den letzten Schritten der Fertigstellung unterstützte, gab den Besuchern einen Überblick darüber, wie viel Zeit und Engagement erforderlich ist, um aus einer Fülle von Einzelinformationen aus verschiedenen Archiven und Kirchenbüchern ein derartiges Werk zu verfassen, zumal der Hauptbestand des Freistetter Gemeindearchivs erst ab circa 1900 beginnt. Wacker nannte das Werk ein Erinnerungs- und Materialbuch, das Grundstock für künftige Historiker und Mitglieder eines Arbeitsprojektes für weitere Forschungen zur Ortsgeschichte sein soll.
In sechs Kapiteln beschreibt der Autor die Vorgeschichte, den Judenfriedhof, die Emanzipation und zunehmende Gleichberechtigung, die Judenverfolgung im Nationalsozialismus, die Erinnerung jüdischer Familien in Freistett und jene jüdischen Mitbürger, deren Namen zugänglich waren, die überlebt haben und welche getötet wurden. Wert legt er darauf, dass sein Buch kein Vorwurf an Schuld und Versagen sei. »Erst durch die unverstellte Sicht auf das, was einmal war, können wir die Vergangenheit akzeptieren«, so Hirschberg. Er dankte der Stadt für die Unterstützung bei der Veröffentlichung.
Neues Thema im Blick
Für den Autor selbst ist das Thema jüdische Gemeinde im Wesentlichen abgeschlossen. »Ich werde die Aktivitäten des Anne-Frank-Gymnasiums, das sich dem Thema widmet, wie man gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit im alltäglichen Zusammenleben entgegentreten kann, weiter begleiten. Ein zweites Buch zu diesem Thema wird es von mir nicht geben, ich befasse mich künftig mit dem Thema, wie Menschen zu Tätern werden«, so Hirschbergs Zukunftspläne.
◼ Erhältlich ist das Buch für zwölf Euro in den Rathäusern Freistett und Rheinbischofsheim, im städtischen Archiv und in der Stadtbibliothek, wo es auch zur Ausleihe bereit liegt.