Konzept für mehr Hochwasserschutz
Es waren dunkle Wolken, die das Unheil angekündigt hatten: Oberkirch und Lautenbach versanken an diesem geschichtsträchtigen 11. Juli 2014 im Regen. Die gewaltigen Schäden, die das Unwetter zurückließ, sind bis heute noch nicht vollständig beseitigt. Oberkirch will deshalb in Zukunft besser gewappnet sein.
»Diese Ereignisse werden zunehmen.« Oberbürgermeister Matthias Braun klang am Montagabend wie der Mann für die Wettervorhersage: Als es im Bau- und Umweltausschuss um die Aufarbeitung der Hochwasserschäden nach dem Juli-Unwetter ging, gab es für den OB nur eine Konsequenz: »Wir müssen für Oberkirch eine Hochwasserschutzkonzeption erarbeiten, die mittel- und langfristig umgesetzt werden soll. Wir wollen mehr Sicherheit in unserer Stadt.«
Einige Sofortmaßnahmen wurden bereits mit der Aufarbeitung der Schäden in Angriff genommen, weitere werden folgen. Heute ist etwa eine Gewässerschau am Reichenbächle angesetzt – man werde dafür Sorge tragen, dass die Bachsohle ausgeräumt wird, kündigte Braun an. Nicht nur das Reichenbächle war zuletzt über die Ufer getreten, auch der Gaisbach, der Stangenbach und Weidenbach in Zusenhofen und der Ödsbach liefen bei den Extremniederschlägen im Juli voll und sorgten für Überschwemmungen. »Wir haben an diesem Tag ein Neuntel der gesamten Jahresniederschlagsmenge registriert«, untermauerte Stadtbaumeister Peter Bercher das außergewöhnliche Regenaufkommen mit Verweis auf die Messstelle an der Kläranlage. Noch immer gingen bei der Stadt Schadensmeldungen ein, bislang sind es 117 – alles habe man noch nicht aufgearbeitet.
Keine Fördermittel
Dass die Schadensbehebung an der öffentlichen Infrastruktur für die Stadt teuer wird, bekam der Ausschuss am Montagabend ebenfalls zu hören: 70 000 Euro wurden bereits investiert, Bercher rechnet aber damit, dass sich der Betrag verdoppeln werde. Der Gemeinderat muss den außerplanmäßigen Ausgaben noch zustimmen. Auf Fördermittel indes können weder Stadt noch betroffene Grundstücksbesitzer hoffen (wir berichteten): Das Land habe kein entsprechendes Hilfsprogramm aufgelegt, da es sich um ein lokales Ereignis handelte, von dem »nur« das Acher- und Renchtal getroffen wurde. »Bedauerlich«, nannte Braun die Landeshaltung.
Neben der Aufarbeitung der Hochwasserschäden machte Bercher den Ausschuss auch mit der vom Land derzeit erarbeiteten Hochwassergefahrenkarte vertraut. Sie soll Anfang 2015 vorliegen (wir berichteten bereits ausführlich). Im Vorfeld wurden Städte und Gemeinden zur Lage vor Ort gehört. Die Karte berücksichtigt 10-, 100- oder gar 1000-jährige Hochwasser. Dass das komplette Oberdorf quasi als Überschwemmungsgebiet ausgewiesen wurde, hat bei der Stadt für Irritationen gesorgt, da sie Bauprojekte nach der Aussiedlung des Bauzentrums Rendler gefährdet sah. Fest steht nämlich: In Überschwemmungsgebieten ist »die Erstellung von baulichen Anlagen und die Neuausweisung von Baugebieten erheblichen Restriktionen unterstellt«. Die planungsrechtliche Änderung bereits ausgewiesener Baugebiete ist nach inzwischen erfolgter Rechtssprechung des Bundesverwaltungsgerichts allerdings nicht einer Neuausweisung gleichzusetzen, klärte Bercher auf (siehe Stichwort).
Schwachstellenanalyse
Die Stadt hat eine weitere Mammutaufgabe vor sich: In den nächsten Monaten sollen im Rahmen einer Bestandsaufnahme aller Gewässer die strukturellen Schwachstellen ermittelt werden. Danach geht es an die Ausarbeitung eines Prioritätenplans und schließlich an dessen Umsetzung.
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Baupläne: Stadt hat Hoffnung
Die Stadt Oberkirch kann ihre Baupläne im Oberdorf möglicherweise doch ohne größere Restriktionen umsetzen: Vorgesehen ist bekanntlich, dass die Firma Rendler ihr Bauzentrum auslagert, es soll im Bereich der B 28-Ortsumfahrung neugebaut werden. Wo heute noch Handwerkerutensilien, Farben und Bäderausstattungen präsentiert werden und Rendler sein großes Baustofflager unterhält, soll künftig Wohnraum geschaffen werden. Das Problem: Die noch nicht amtliche Hochwassergefahrenkarte des Landes weist den Bereich in unmittelbarer Nähe zu Rench und Renchdamm als Überschwemmungsgebiet für den Fall eines Hochwassers aus – in diesen Bereichen können künftig Neubaugebiete nur unter großen Auflagen genehmigt werden. Ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hat mittlerweile aber festgestellt, dass planungsrechtliche Änderungen von bereits bestehenden Wohn- oder Gewerbegebieten nicht mit Neuausweisungen gleichzusetzen sind. Zwar gäbe es auch hierfür Auflagen des Hochwasserschutzes, »doch«, so Stadtbaumeister Peter Bercher, »den kategorischen Planungsausschluss haben wir nicht mehr.«RK