Kriege setzten der Nußbacher Kirche zu
Die Nußbacher Kirche ist ein Wahrzeichen des Renchtals. Lange Zeit vernachlässigt, drohte das 1121 erbaute Gebäude im 18. Jahrhundert gar einzustürzen. Derzeit wird die Kirche renoviert. Ein Blick auf die bewegte Geschichte des Gotteshauses.
Die ursprünglich romanische Steinkirche in Nußbach, deren Entstehung nach der Überlieferung von Allerheiligen auf das Jahr 1121 zurückzuführen ist, war eine Chorturmkirche. Der Turm erhob sich über dem Altarraum. Der Zehntherr – nach der Gründung das Kloster Allerheiligen – hatte für Chor und Turm aufzukommen, die Gemeinde für das Langhaus. Die große Zahl von Chorturmkirchen ist nach den Forschungen von Professor W. Müller eine Besonderheit der Ortenau.
Im 13. Jahrhundert wurde der Chor mit einem gotischen Kreuzrippengewölbe und mit einer Bemalung versehen. Sie wurde im 15. Jahrhundert durch Freskenmalereien ersetzt, die neben den vier Evangelisten St. Michael mit der Seelenwaage und das letzte Abendmahl zeigen. Die beschädigte Malerei wurde erstmals 1904 durch Theodor Mader renoviert. Seit dem klassizistischen Neubau des Langhauses wurde der Altarraum nach vorne in das ehemalige barocke Landhaus verlegt. Der alte Chorraum hinter dem heutigen Hochaltar stellt den historischen Kern der Nußbacher Pfarrkirche dar.
1723 klagte die Landvogtei Ortenau, dass der Kirchturm zu Nußbach »baufällig« sei, das Kloster Allerheiligen aber seiner Baupflicht als Zehntherr nicht nachkomme. Während zwischen 1727 und 1730 ein neues Langhaus errichtet wurde, beschränkte sich Allerheiligen auf Renovierungsarbeiten am Turm. Der Dachdecker Caspar Reichart aus Buchsweiler deckte 1751 mit mitteilrheinischem Schiefer aus Kaub den Turm neu ein. Im Jahr 1793 wurde festgestellt, dass der Turmhelm nach der Ostseite hin verfault sei.
Wegen der Revolutionskriege kam es zu keinen Baumaßnahmen. Erst 1803 meldete das vorderösterreichische Oberamt Offenburg, »dass der Kirchturm zu Nußbach so baulos ist, dass der nahe Einsturz desselben zu besorgen stehet«. Der rund 25 Meter hohe Turmhelm wurde 1806 »zur Vermeidung eines Unglücks« bis auf den steinernen Stumpf abgetragen. Nach den Plänen von Baumeister Josef Hirschbühl aus Schutterwald wurde darauf ein einfaches Zeltdach aufgesetzt, wobei auch noch die mangelhafte Ausführung Anlass zur Beanstandung gab.
1853 wurde der Kirchturm wieder als reparaturbedürftig befunden. Die Gemeinden des Kirchspiels Nußbach wünschten sich einen neuen und höheren Aufbau des Turmes. Der kümmerliche Turm passte hinsichtlich der Proportionen nicht mehr zum 1826-1828 errichteten Langhaus, außerdem wurde in den Kirchspielgemeinden das Läuten nicht gehört.
1867 wurde Hirschbühls Aufbau wieder abgetragen und durch ein neugotisches Oktogon aus weißem Sandstein und einen neuen Helm ersetzt, die Planung hatte der Karlsruher Architekt Adolf Williard (1823-1923). Der Kostenvoranschlag belief sich auf 12 972 Gulden. Anlässlich des Richtfestes schrieb ein Lokaljournalist: »Ehre einer solchen Gemeinde, die durch den begonnenen Turmbau ihrer Nachkommenschaft ein Denkmal setzt.« In dem neu errichteten Turmgeschoss wurden 1879 die Glocken untergebracht.
1932 wurde beobachtet, dass sich schon bei schwachem Wind das Turmkreuz hin und her bewegte. Die Balken, die in der Turmspitze zusammenliefen, waren abgefault und mussten ersetzt werden. Die Arbeiten am Turm waren bei der damaligen Gerüstbautechnik für die Handwerker immer mit erheblicher Gefahr verbunden. Schon im 18. Jahrhundert wurde wegen »ausgestandener Gefahr« eine Zulage bezahlt.
Abbruch stand bevor
Im November 1969 schockierte die Lokalpresse ihre Leser mit der Schlagzeile »Wird der Nußbacher Kirchturm abgerissen?« Bauexperten von der TH Karlsruhe und vom Erzbischöflichen Bauamt meinten, ein Teilabbruch des Turmes sei »nicht zu verhindern«. Die Fundamente seien der Last des steinernen Turmaufbaus nicht gewachsen, die Bruchsteine des früheren Glockenstuhlgeschosses seien nicht tragfähig. Die Glocken schaukelten den Turm auf, außerdem seien die tragenden Konstruktionshölzer des Turmhelmes zerfressen.Die Nußbacher Bevölkerung setzte sich vehement für die Erhaltung des dörflichen Wahrzeichens ein. Mit modernster Bautechnik, mit Betonspritzguss und Stahlankern, wurde das Problem gelöst.
Bei der jüngsten Renovierung wurde der Turmhelm neu eingedeckt, Kreuz und Kreuzblume wurden neu gestrichen beziehungsweise vergoldet, die schadhaften Steine ersetzt und der Sandstein abgestrahlt sowie die Außenflächen neu gestrichen.