Kritik an Artenschutz bei Waschparkbau in Achern
Peter Huber und Joachim Thomas mischen sich ein. Die beiden Vertreter des Landesnaturschutzverbands (LNV) haben sich – ungefragt – die Pläne für den Bau eines Waschparks an der neuen B 3 genauer angeschaut. Sie halten die Artenschutzmaßnahmen für völlig unzureichend.
Es geht vor allem um die Zauneidechsen (Foto). Diese bedrohte Reptilienart ist das Symboltier, wenn auf Flächen gebaut wird, die bisher der Natur gehörten. In Rheinau war unter anderem beim Radwegbau in Diersheim eine teure Umsiedlung der Eidechsen angeordnet worden (wir berichteten). Bis zu 30 Zaun- und bis zu 120 Mauereidechsen gibt es laut Gutachten auf der Brachfläche zwischen Heckelfabrik und neuem Fitnesscenter direkt an der neuen B 3, dem ehemaligen Bahngelände. Um die Tiere zu schützen, werde viel zu wenig getan, kritisieren nun zwei Naturschützer.
Wie berichtet hat der Gemeinderat den vorhabenbezogenen Bebauungsplan für den Waschpark mit drei Gebäuden klar befürwortet, auch weil der Artenschutz berücksichtigt würde. Nur die ABL hatte das anders gesehen. Deren ehemaliges Fraktionsmitglied Peter Huber hat nun in der zweiten Offenlage des Planentwurfs mit Joachim Thomas aus Rheinau ein neunseitiges Schreiben des LNV eingereicht.
Aussage nicht möglich
Auf ARZ-Nachfrage teilt die Stadtverwaltung dazu mit, dass sie sich inhaltlich nicht zu den Anregungen der Naturschützer äußern kann, da sie zunächst ein Planungsbüro auswerten wird. Außerdem liege es an dem Bauträger, inwieweit er auf diese Anregungen reagieren möchte. Erst dann werde sich der Gemeinderat damit auseinandersetzen.
Der LNV hat seine Anregungen aus Eigeninitiative abgegeben. Huber und Thomas schlagen vor, bei einer Ortsbegehung mit Experten den Artenschutz genauer unter die Lupe zu nehmen, bevor eine Entscheidung getroffen wird. Zwar begrüßen die beiden vom Grundsatz her, dass eine Innenfläche bebaut wird, allerdings seien die naturschutzrechtlichen Themen mit erheblichen Mängeln bewertet worden.
»Nebenbei« kritisieren die beiden auch die »Schuhschachtelarchitektur« der bereits errichteten Gebäude am Hinterbann und den hohen Anteil an versiegelter Fläche.
Das betroffene Gelände Hinterbann IV ist laut LNV 43 Ar (0,43 Hektar) groß, wovon 37 Ar bebaut würden. Die restlichen 6 Ar würden für Sträucher, 13 Bäume und Entwässerungsmulden vorgesehen – eine laut LNV »völlig unzulängliche« Grünordnung. Baurechtlich ist das aber völlig korrekt.
Auf diesen Grünflächen würden zwei je fünf Quadratmeter große Steinhaufen für die Eidechsen errichtet werden. Viel zu wenig, sagen Huber und Thomas im Pressegespräch. Mit Studien wollen sie belegen, dass für so viele Tiere ein Vielfaches an Platz benötigt werde. Außerdem müssten diese neue Lebensräume schon lange vor Beginn des Projekts fertig sein. Geplant sei aber, dies parallel laufen zu lassen.
Tiere werden vergrämt
Schon begonnen wurde allerdings mit der Vergrämung. Das ist gängige Praxis, um tierische Bewohner auf Nachbargrundstücke zu vertreiben, in diesem Fall in Richtung Heckelfabrik. Doch auch dies hat laut Huber und Thomas einen Haken, denn das Nachbargrundstück gehöre dem Bauherren nicht. Dadurch könne es nicht auf Dauer als Ersatzlebensraum gesichert werden. Außerdem sei nicht klar, ob es nebenan nicht bereits eine konkurrierende Eidechsenpopulation gibt.
Falls sich an den bisherigen Plänen nichts ändert, »werden die Tiere früher oder später eingehen«, sagt Joachim Thomas, zumal auch die Bundesstraße eine Barriere darstelle. Für ihn wäre die einzig wirksame Lösung eine Umsiedlung der Populationen wie jüngst in Rheinau – und das wäre teuer.
Gutachter kontrollieren
Peter Huber und Joachim Thomas kündigen an, dass sie weiterhin »den Finger drauflegen« werden, solange sie den Eindruck haben, dass »Stadtverwaltung, Gemeinderat und Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt« die Belange des Naturschutzes qualitativ nicht ausreichend genug bewerten. Peter Huber sagt auch: »Die von den Investoren in Auftrag gegebenen Artenschutzgutachten bedürfen einer strengen Kontrolle.« Er glaubt, dass diese Gutachten mit unterschiedlich hoher Gründlichkeit vorgenommen werden.
EU-Beschwerde
Joachim Thomas wird noch in diesem Jahr an die EU-Kommission eine Beschwerde richten. Inhalt: die im Ortenaukreis unzulänglich umgesetzten Schutzmaßnahmen für Zaun- und Mauereidechsen. Absender wird der Verein »Zukunftsforum Natur & Umwelt Ortenau« sein, dessen Vorsitzender er ist.hei
Den meisten ist’s egal
Von Matthias Heidinger
Jetzt machen die Naturschützer so viel Tamtam wegen der paar Eidechsen. Das werden nun viele denken. Und sicher auch nicht ganz zu Unrecht. Nüchtern betrachtet, ist es einem Großteil der Acherner Bürger völlig egal, ob auf dem ehemaligen Bahngelände an der neuen B 3 nun 80, 20 oder gar keine dieser Reptilien leben, ob sie viel oder wenig Lebensraum haben. Das ist einfach so. Es wäre vielleicht nur dann anders, wenn sie wahrnehmbar wären, große dunkle Kulleraugen hätten und süße, putzige Babys produzieren würden. Eidechsen haben keine Lobby.
Das Engagement der Naturschützer Huber und Thomas ist aller Ehren wert. Sie sind unbequem und das ist gut so. Wer es mit dem Artenschutz ernst meint, muss dafür sorgen, dass zumindest ein großer Teil der heimischen Tiere überlebt. Wirtschaftsentwicklung und Naturschutz müssen heutzutage vereinbar sein.
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