Obstgroßmarkt erwartet durchschnittliche Erdbeer-Saison
Die Obsterzeuger im Renchtal steuern in der nächsten Woche auf den Höhepunkt der Erdbeersaison zu. OGM-Vorstandsvorsitzender Wendelin Obrecht rechnet mit einer durchschnittlichen Ernte. Der bundesweit zurückhaltende Konsum und der Mindestlohn schmälern indes den Optimismus.
Bis vor wenigen Tagen war Wendelin Obrecht mit den für heimische Erdbeeren erzielten Preisen zufrieden. »Jetzt sind wir etwas ernüchtert«, sagt der Vorstandsvorsitzende des Obstgroßmarktes Mittelbaden (OGM). Es herrsche ein gewisser Druck auf dem Markt. Die durch die Einführung des Mindestlohns auch für ausländische Erntehelfer verursachte Kostensteigerung lasse sich nicht an die Abnehmer weitergeben. Mit 20 bis 30 Cent Mehrkosten, die den Obsterzeugern entstehen, kalkuliert Obrecht für die 500-Gramm-Schale. Die Preise, wie sie im Direktverkauf an der Straße erzielt werden können – momentan rund 2,50 Euro pro Schale – seien im Großhandel nicht durchsetzbar. Hinzu komme ein zurückhaltender Erdbeerkonsum. Dieses Phänomen erlebten die Landwirte im Renchtal in den vergangenen Jahren schon des Öfteren. Die Ursache dafür, dass weniger Erdbeeren über den Tresen gehen als in anderen Jahren, führt Obrecht auf das Wetter zurück, das vor allem im Norden und Osten zum sommerlichen Erdbeergeschmack nicht so recht passen wolle.
Kurzzeitig habe die Kaufzurückhaltung zur Folge gehabt, dass sich einige Steigen mit Erdbeeren in den Hallen des OGM in der Konrad-Adenauer-Straße stapelten. Allerdings: Dramatisch sei die Situation nicht gewesen. Stärker gefüllte Lager verzeichne der OGM auch immer dann, wenn ein Feiertag die Wochen- und damit Verkaufstage reduziere.
Im Vergleich mit anderen Erdbeeranbaugebieten in Deutschland sieht Obrecht die Region momentan noch weit vorne. Die Tunnelerzeugung sei mittlerweile abgeschlossen, im Freilandanbau steuerten die heimischen Landwirte im Verlauf der nächsten Woche auf den Höhepunkt der Saison zu. Mit einer geschätzten Gesamtmenge von 5000 bis 5500 Tonnen an Erdbeeren werde der Obstgroßmarkt in diesem Jahr wohl eine durchschnittliche Ernte einfahren, meint Obrecht. Im vergangenen Jahr, einem ohnehin sehr turbulenten (siehe Hintergrund), verzeichnete die Genossenschaft eine Rekordernte von 6300 Tonnen.
Ein großes Fragezeichen sieht der OGM-Vorstandsvorsitzende hinter der Zukunft der Obsterzeuger im Renchtal. »Viele Betriebsleiter machen sich Gedanken und beobachten den Markt ganz genau.« Der in diesem Jahr eingeführte Mindestlohn werde seine Spuren in der Landwirtschaft hinterlassen, ist Obrecht überzeugt. »Wir werden damit klarkommen müssen.« Eine Preiserhöhung sei indes fast nicht möglich, darunter würde wiederum der Konsum leiden.
Die Bestrebung der Landwirte sei es nun, zumindest die Arbeitszeitenregelung für die Saisonarbeitskräfte flexibler zu gestalten. Mit den aktuell gültigen Vorschriften werde der Landwirt momentan alleine gelassen. Ob er gegen das Gesetz verstoßen hat oder nicht, wisse er erst, wenn er kontrolliert wurde. Die Politik müsse sich endlich der Realität stellen, fordert Obrecht. Nach der riesigen Freude nach der Einführung des Mindestlohns sei versäumt worden, die Rahmenbedingungen, wie Arbeitszeiten und Ausnahmeregelungen für Erntehelfer festzulegen. »Hier muss man politisch nachbessern«, betont Obrecht. Nicht nur im Sinne der Landwirtschaft sondern auch für andere Branchen, wie die Gastronomie, die vor den gleichen Problemen stünde.
Die Folgen der Apfelschwemme
Das Jahr 2014 war in der Landwirtschaft europaweit geprägt von einer großen Apfelernte. Ausfuhrbeschränkungen nach Russland verstärkten das ohnehin bereits vorhandene Überangebot an Äpfeln auf dem Markt. Mit Werbeaktionen versuchte der Obstgroßmarkt Mittelbaden zuletzt im November den Konsum regionaler Äpfel anzukurbeln und die gefüllten Lager zu leeren. Mittlerweile sind die Äpfel des Jahrgangs 2014 absortiert, erklärt OGM-Vorstandsvorsitzender Wendelin Obrecht gegenüber der ARZ. Es sei nicht mehr sinnvoll gewesen, die Lagerhaltung weiter in die Länge zu ziehen. Mit der Apfelsaison seien die Erzeuger »völlig unzufrieden« gewesen. »Die meisten werden rote Zahlen schreiben«, meint Obrecht. »Wir hoffen, dass es in der nächsten Kampagne runder läuft.«