Oppenau nutzt digitale Vorteile für individuelles Lernen
Vom individuellen Aufgabenblatt bis zum Lernvideo aus England – digitale Medien leisten in der Franz-Rapp-Schule Oppenau wertvolle Hilfe. Sie haben aber auch Grenzen. Rektorin Simone Brandstetter und ihr Team achten darauf, dass ihre Schüler sie richtig ausloten.
Die Schule 4.0 – sie ist auch in Oppenau Realität. »Die Digitalisierung macht vor unserer Schule nicht halt«, sagt die Oppenauer Rektorin, um zu ergänzen: »Wir sitzen aber nicht alle mit dem Ipad in der Ecke.« Schule ist für sie ein Ort der Begegnung – und die spielt sich von Angesicht zu Angesicht und nicht in sozialen Medien ab. Digitale Hilfsmittel nutzen Brandstetter und ihre Kollegen dennoch – unter einer Bedingung: »Sie sollten die Arbeit vereinfachen.«
Videoeinspielung aus England
Englisch-Lehrerin Simone Federau spielt zum Beispiel gerne mal ein Video im Unterricht ein – damit die Schüler aus dem Mund eines gleichaltrigen Muttersprachlers hören, wie die Vokabeln richtig ausgesprochen werden. Ein Code im Englisch-Buch weist dem Laptop der Lehrerin den richtigen Weg ins Internet. Der Overheadprojektor hat in Oppenau längst Konkurrenz vom Medienwagen bekommen: Per Dokumentenkamera und Beamer lassen sich Schriftsätze in Echtzeit auf die Wand projizieren. Auf jedem Stockwerk der Schule gibt es solche Wagen.
Auch zwölf I-Pads stehen zur Verfügung. Das gesamte Kollegium ist im Umgang mit den tragbaren Computern geschult worden. Sie werden verstärkt auch bei Referaten genutzt: Die Schüler können damit schnell ein Video drehen und es in ihr Referat einbauen. Powerpointpräsentationen sind Standard.
Experiment mit Kamera aufgewertet
Auf Videotechnik setzen auch die Lehrer im Unterricht: Physiklehrer Patrick Schweizer projiziert sein Experiment beispielsweise per Dokumentenkamera auf die Tafel. Damit auch die Schüler in der letzten Reihe gut erkennen können, wie Licht an einer Wasseroberfläche gebrochen wird. Kurz darauf schaltet Schweizer die Kamera ab: Er hat die Bestandteile des Versuchs zuvor mit Kreide auf die Tafel übertragen. Erst zugucken, dann anschreiben.
Arbeitsweise für die Lehrer ändert sich
Die neuen Medien, da ist sich Schweizer sicher, erfordern auch von den Lehrern neue Vorangehensweisen. Lebenslanges Lernen eben. Teile der Unterrichtsvorbereitung verlagern sich ins Internet – und ins Lehrerzimmer. Dort unterstützen sich die Lehrer gegenseitig beim Ausarbeiten von Aufgaben. Konrektor Bernd Kuntz spricht von einem »interaktiven Pool«. Gefüllt ist er nicht nur mit den Ideen der Kollegen und den digitalen Vorlagen aus dem Schulentwicklungsordner der Franz-Rapp-Schule, sondern auch mit Unterrichtsmaterialien der Verlage. Die böten schon viel Material online an, sagt Kuntz. Das sei gerade bei der Differenzierung hilfreich, die in Oppenau groß geschrieben wird: So lassen sich individuelles Arbeitsblätter erstellen, die dann drahtlos vom Lehrerzimmer zum Kopierer übertragen werden.
Lernen durch digitale Medien intensiviert
Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung unterstützt Kuntz’ Beobachtungen. »Digitale Medien – richtig eingesetzt – können dazu beitragen, Lernprozesse zu individualisieren, selbstständiges Lernen zu unterstützen und das Lernen insgesamt zu intensivieren«, fasst ein Kultusministeriums-Sprecher die Erkenntnisse zusammen.
In der Gemeinschaftsschule, die in Oppenau im September startet, werden die Schüler auf drei Niveaus unterrichtet. Kunz schwört auch bei der Dokumentation auf digitale Hilfe: Per »Lernkompass« lässt sich per Säulendiagramm abbilden, welcher Schüler sich im jeweiligen Fach gerade auf welcher Niveaustufe befindet. Der Weg gehe weg von der Papierform hin zum Digitalen.
Bei allen Vorteilen hat die neue Technik aber auch ihre Grenzen: »In der Grundschule sind Tablets nicht der allerletzte Schluss«, sagt Kuntz. Man dürfe die Grundfertigkeiten nicht vernachlässigen. Das Althergebrachte habe auch seine Vorteile – Schreiben mit einem Stift zum Beispiel. Das, sagt Kuntz, funktioniere auf Papier noch immer besser als auf dem Touchscreen.
STICHWORT
In der Mensa haben Handys nichts verloren
Selbst das Essen ist in der Oppenauer Franz-Rapp-Schule ein Stück weit digitalisiert: Ihre Menüs müssen die Ganztagsschüler entweder von zu Hause übers Internet oder per Smartphone-App vorbestellen. Beim Essen selbst haben die Handys dann aber nichts verloren. »Die Mensa ist smartphonefreie Zone«, sagt Rektorin Simone Brandstetter – auch wenn die Schüler mittags in zwei Korridoren das Handy nutzen dürfen. Von generellen Verboten hält auch Bernd Kuntz nichts – spätestens auf dem Weg zur Bushaltestelle würden die Jugendlichen das Handy sowieso nutzen. »Die Schüler sollen einen vernünftigen Umgang mit den Medien lernen und Freiheiten haben, aber ihre Freiheiten auch selbst einschätzen«, sagt der Konrektor. Wer sich nicht an die Regeln hält, muss sein Spielzeug für den Rest des Tages abgeben: »Wir haben eine große Handygarage«, sagt Brandstetter.
Internetzugang vom Drucker
Die Franz-Rapp-Schule verfügt im ganzen Gebäude über drahtlosen Internetzugang (WLAN). Die Schüler können dazu zeitlich begrenzt Zugang bekommen. Ein Drucker, der in den Räumen der Schulverwaltung steht, weist ihnen dafür eine IP-Adresse zu; der Lehrer muss gegenzeichnen.
Von Prävention bis Präsentation
Bausteine des Informatikunterrichts sind in Oppenau in jeder Klassenstufe enthalten – auch wenn es das Fach als solches (noch) nicht gibt. Konrektor Bernd Kuntz glaubt, dass die entsprechenden Stunden bald auftauchen werden – »egal wie das Fach dann heißt«. Oppenau stünde dem offen gegenüber. »Wir hätten Kapazitäten und Kollegen mit jahrelanger Informatikerfahrung.« Eine AG und das Wahlpflichtfach Wirtschaft und Informationstechnik ab Klasse acht gibt es schon.
Und in Klasse sechs und sieben zeigen Lehrer den richtigen Umgang mit sozialen Netzwerken und Medien und die Gefahren des Internet auf. Es geht um Mobbing, um Persönlichkeitsrechte und vieles mehr. Polizisten ergänzen die Präventionsarbeit mit Praxisbeispielen.
Fachbegleitend lernen die Schüler am Computer zu recherchieren, Lernvideos anzuwenden und Präsentationen am Tablet und am Computer auszuarbeiten. Die Desktop-PCs und auch die beiden Computerräume hätten aber nach wie vor ihre Berechtigung. Tablet und Smartphone hin oder her – der Arbeitsalltag in den Büros spiele sich nämlich nach wie vor in erster Linie an Desktop-Computern ab.