Achern hatte vor 90 Jahren einen Flugplatz
Vor knapp 90 Jahren war Achern im Flugfieber. Die Fautenbacher Geschichtswerkstatt hat sich auf die Spuren der einstigen Flugbegeisterung begeben und einige interessante Fakten zusammengetragen.
Dass die Stadt Achern einst über einen Flugplatz verfügte, dürfte heute kaum einem Bürger noch bewusst sein. Dass dieser Platz eng mit dem berühmten Sohn eines Fautenbacher Bürgersohns verbunden ist, dürfte bislang ebenfalls unbekannt sein.
Gleichwohl titelte die Badische Presse am 5. Oktober 1926 »Großer Flugtag in Achern« und nannte diesen einen »großen Tag für das kleine Städtchen Achern«. Zehntausende Flugbegeisterter hätten auf den Zufahrtstraßen zum Flugplatz an der Unzhurster Straße, der früheren Acherner Schweinewiese, eine neuzeitliche Völkerwanderung geboten, wie der seinerzeitige Sonderberichterstatter formulierte.
Eigens, so ergaben mittlerweile auch Recherchen im Stadtarchiv, hatte die Stadt zu diesem Tag gar das Stromnetz umgebaut. Über 481 Reichsmark hatte das Überlandwerk die Kosten veranschlagt, 840 Reichsmark hätte man tatsächlich benötigt, so belegen die Unterlagen. Veranstalter des Flugtags war der Verkehrsverein Achern, der noch am 2. August 1926 einen Antrag auf einen Flugtag auf den Rennwiesen beim Gemeinderat gestellt hatte.
Ein Flugzeug der badisch-pfälzischen Lufthansa habe dann eben an der Unzhurster Straße morgens zu Rundflügen eingeladen. Der »bekannte und beliebte Kunstflieger Weber aus Freiburg« habe am Mittag »das große Wort« gehabt.
Aus Fautenbach
Recherchen der Geschichtswerkstatt Fautenbach brachten mittlerweile an den Tag, dass die Eltern des seinerzeitigen Kunstpilots aus Fautenbach stammten. »Meine Vorfahren Mathias Weber und Christina Herr waren mit einer Schneiderwerkstatt um 1890 gen Freiburg gezogen, um fortan vorwiegend mit Gewändern für die Domherren in der Herrenstraße ihren Lebensunterhalt zu verdienen«, berichtet Thomas Weber aus Häg-Ehrsberg im Wiesental, dessen Großvater Ludwig Weber der damalige Acherner Pilot gewesen war.
Von dem engagierten Familienforscher ist zu hören, dass Ludwig Weber, geboren 1895, noch vor dem Ersten Weltkrieg das Fliegen gelernt hatte und während des Kriegs als Mitglied einer Jagdstaffel im Einsatz war. Der »alte Adler« habe später Motoren gekauft und in seiner Freiburger Firma große Autos der Marke »LuWe-Luxus-Chassis« mit 50 PS und sechs Zylindermotor gebaut.
Motorräder produziert
Nach einem beinahe Bankrott zu Inflationszeiten der 1920er Jahre habe Ludwig zusammen mit seinem Bruder Anton Motorräder produziert. Um Geld zu verdienen, habe er sich in den 1920er Jahren auch bei der Luftverkehrsgesellschaft Schwarzwald GmbH verdingt und in diesem Zusammenhang mit einem Flugzeug der Marke Dietrich Gobiet am Acherner Flugtag teilgenommen. Die Badische Presse hatte in ihrer Morgenausgabe vom 5. Oktober 1926 auch berichtet, dass manchem aus dem Publikum die Kunstflüge zwar »auf die Nerven« gegangen seien, sie jedoch durchweg gefielen. Wie sein Bruder Anton und dessen Frau Lina, so weiß Thomas Weber, habe Ludwig Weber mit den »LuWe-Super-Sport-Motorrädern« in jenen Jahren auch Rennen in Baden und der Pfalz gefahren.
Ludwig Weber wanderte aus
Ein neues Kapitel habe der enorm umtriebige Ludwig Weber zu Beginn der Dreißiger-Jahre als Privatpilot des Kaisers Haile Selassie aufgeschlagen. Durch die Tätigkeit als Flieger bei Junkers in Dessau war Ludwig Weber nach Äthiopien gekommen. »Von den Goldmünzen jener Jahre konnte es sich Ludwig später auch relativ gut gehen lassen«, so Thomas Weber.
An kriegerischen Auseinandersetzungen habe sich der Großvater noch einmal in Portugal und Spanien beteiligt. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs sei Ludwig Weber mit der aus Adlikon (Kanton Zürich) stammenden Frida Heuri nach Sao Paulo ausgewandert. 1941 habe das Paar dann geheiratet, als Ludwig technischer Direktor der Fluggesellschaft Viação Aérea São Paulo (VASP) gewesen sei. Anstatt ihn das gewonnene Leben genießen zu lassen, hätten ihn die Behörden in Brasilien jedoch für einige Jahre in den Arrest gesteckt.
Bis 1967 blieb Ludwig Weber dann als »angesehene und schaffige Person« in Brasilien geachtet. Ludwig Weber verstarb 1991 mit 96 Jahren am Hallwiller See.mk