Sänger ist der beliebteste Nachname in Holzhausen
Wer sich für Geschichtliches in Holzhausen interessiert, wer wissen möchte, welcher Name wann woher kam und was er bedeutet, ist bei Willi Sänger bestens aufgehoben. Der Ortshistoriker machte sich schon in früher Kindheit auf die Suche nach Antworten.
Willi Sänger zog bereits als Zwölfjähriger durch das Dorf, notierte sich die Hausnamen und versuchte herauszufinden, wie die Leute »richtig« hießen. Auch interessierte ihn brennend, wer die Leute zu den Namen auf dem Kriegerdenkmal waren. Früher wurden diese nämlich nicht beim richtigen Namen genannt, sondern beim Übernamen. Die richtigen Namen waren den Dorfbewohnern oft gar nicht bekannt. Willi Sänger schrieb sie als Bub alle vom Denkmal ab und fragte erst seinen Opa, dann auch andere ältere Leute. Diese Übernamen wie »de Schtalljerri«, »s’Waners«, »s’Murescherschels«, »de Schtallschegebbel«, »s’ Metschegobbe« oder »de Hauße-Karel«, betreffen nur alte Häuser bis in die 60er/70er Jahre und gelten heute noch, wie in fast jedem Dorf im Hanauerland.
Bis 1790 zurückverfolgt
In dem beschaulichen Holzhausen gab es in den 50er und 60er Jahren zwei Friseure, zwei Schmieden sowie eine Seegrasspinnerei und eine Schreinerei. In den Sechzigern kamen zwei Einkaufsläden dazu – ganz schön viele Gewerbebetriebe für einen Ort mit damals nur rund 300 Einwohnern. Landwirt Willi Sänger, der selbst den häufigsten Holzhauser Nachnamen trägt, betreibt seit circa 15 Jahren Ahnenforschung; inzwischen ist er beim Jahr 1790 angelangt. Früher wurden die Familiengeschichten noch in Bibeln geschrieben, so wie heute in ein Stammbuch. Die vielen verschiedenen Sütterlinschriftarten gestalten das Studieren schwierig. Da früher in seinem Haus eine Schreibstube war – Holzhausen war einige Jahre ohne Rathaus – bekam Willi Sänger fünf Ordner voller alter Dokumente von seinem Großvater mit den Worten »Schau Dir das mal an, wenn ich nicht mehr bin«.
Wie ein Vermächtnis
»Warum auch immer, nach seinem Tod 1977 habe ich angefangen, alles zu studieren«, lacht er. Es sind mit die ältesten Dokumentationen der Stadt Rheinau aus den Ortsteilen. Willi Sänger kopierte alles und gab die Originale an Dirk Wacker ins Stadtarchiv zur sicheren Aufbewahrung. Bis vor einem Jahr betrieb er noch Landwirtschaft mit Rindern. In seinem Tabakschopf hat er Maschinen und Geräte der vergangenen vier Generationen. Seine sehenswerte Sammlung nennt er liebevoll »Sängers Hofgeschichte«.
In den 80er Jahren gab es fünf Häuser in Holzhausen, in denen »Sänger« lebten. So hieß das Haus von Willi Sänger »Sängerlippse«, da es vier Generationen vorher vier Philipp Sänger gab – und von deren Vormane »Lipps« abgeleitet wurde. Das Haus von Karl Sänger hieß »s Becke«, weil die Familie bis gegen 1920 eine Backstube hatte. Heute heißt die Familie Focht. Weiter gab es die Sänger-Hänsels, auch Karl Sänger, weiter den Erbhof von Friedrich Sänger (Pflugwirt). Heute heißt die Familie Pfetzinger.
D’ Schelzlere war die Brotfrau in Holzhausen; sie hieß Frieda Sänger. Die zuletzt gebauten Sänger-Häuser sind relativ neu und haben keinen alten Übernamen. Der Name Sänger stammt von den Kirchensängern und war in Holzhausen weit verbreitet. Senger mit »e« geschrieben kommt von sengen oder brennen, zum Beispiel beim Brandroden. Aßmus, der zweithäufigste Name in Holzhausen, tragen zwei Familien mit mehreren Generationen – zum einen eine Firma, die Fotovoltaikanlagen baut, zum anderen der heutige bekannte Geflügelhof Aßmus. Dieser Familienbetrieb in vierter Generation blickt auf eine über 50-jährige Tradition zurück. Asmus ist die Kurzform des Namens Erasmus sowie ein männlicher Vor- und Familienname. Aus dem Griechischen übersetzt, bedeutet er »Der Liebenswürdige« oder »Der Liebenswerte«.
Focht – der Name, der heute an dritter Stelle steht – ist kein alter Holzhauser Namen. Er könnte von fechten, kämpfen oder als Abwandlung von Vogt kommen. Der Name kommt aus Sand und wurde 1984 eingeheiratet. Heute tragen ihn vier Familien. Kopf gibt es erst seit gegen 1965 im Dorf, er kommt von Freistett. Eine weitere Familie Kopf zog gegen 1995 zu. Der Name könnte früher auf einen besonders großen oder auffallenden Kopf hingewiesen haben.
Jeweils sieben »Holzhuser« heißen Knobloch und Lacker. Ersterer beschreibt, laut Internet, die Entwicklung der Mechanik zu einem Teil der Physik. Um 1703 wanderte Daniel Lacker, als erster Lacker und Vorfahre aller Lackers in Rheinau, nach Hausgereut ein und kam von dort nach Holzhausen. Er könnte auf eine Wohnstätte nahe einer Lache, Pfütze oder eines Tümpels hinweisen.
Häufigste Namen
Die aktuell häufigsten Namen in Holzhausen (455 Einwohner) sind:
1. Sänger (13 Personen)
2. Aßmus (zehn)
3. Focht (neun)
4. Kopf (acht)
5. Knobloch und Lacker (jeweils sieben)em