»Stärke der Realschule muss erhalten werden«
Die Weiterentwicklung der Realschulen in Baden-Württemberg ist großes Ziel der Landesregierung. Kultusminister Stoch (SPD) hat zugesagt, bis nächstes Jahr 500 Lehrstellen mehr zu besetzen. Doch das entwickelte Konzept stößt auch auf Kritik.
In einem Pressegespräch im Rahmen der »Gläsernen Schule« am Samstag in Renchen äußerten sich der Landtagsabgeordnete Willi Stächele (CDU), Renchens Bürgermeister Bernd Siefermann sowie der Schulleiter der Grimmelshausenschule, Ralf Moll, zum Thema »Weiterentwicklung der Realschulen«.
Die Renchener Grimmelshausenschule ist eine so genannte Verbundschule. In Grund-, Werk-Real- sowie Realschule wird hier ausgebildet. Bürgermeister Bernd Siefermann ist stolz auf die Institution in seiner Stadt: »Der Campus ist großartig, das Realschulangebot gefragt.« Viele Eltern, auch aus dem weiteren Umkreis, entscheiden sich bewusst, so Siefermann, ihr Kind in der Realschule anzumelden.
Auch Landtagsabgeordneter Willi Stächele ist voll des Lobes für die Atmosphäre der Schullandschaft in Renchen. »Ich sehe in diesem System ein Vorbild. Es bietet ebenso die Chance zum Zusammenfügen wie für die notwendige Differenzierung«, erklärt er und gibt sich als klarer Fürsprecher der »zukunftsstarken Realschule« zu erkennen.
Ungleichbehandlung
Im Gespräch mit Bürgermeister, Schulleiter und dem Elternbeiratsvorsitzenden kritisiert Stächele die Ungleichbehandlung von Real- und Gemeinschaftsschulen, was sich besonders bei den Sachkostenbeiträgen zeige. Er forderte Chancengleichheit und Kontinuität für die Realschulen. »Benachteiligung von Realschulen lasse ich nicht mehr zu«, fügte er kategorisch hinzu. Außerdem wolle er nicht zusehen, wie das Land »schleichend in die Gemeinschaftsschule hinein stolpert«.
Besonders am Herzen liegt Schulleiter Ralf Moll die Qualität der Realschule. Seiner Meinung nach müsse man die Stärke der Werkrealschulen ebenso erhalten wie die der Realschulen. »Die Betriebe bestätigen immer wieder, dass sie die Qualität an unserer Schule schätzen und wir damit auch den Wirtschaftsstandort nachhaltig stärken«, weist er auf Erfahrungswerte hin. Außerdem pflichtet Moll den Ausführungen Stächeles zur Ungleichheit der Sachkostenbeiträge bei. Er berief sich dabei auf eine Aussage des Ministeriums im Landtag, aus der hervor geht, dass die Sachkostenbeiträge je Schüler und Jahr 2014 für die Gemeinschaftsschule 1176 Euro, für die Gymnasien 592 Euro und für die Realschulen 582 Euro betrugen.
Auch Elternbeiratsvorsitzender Klaus Görmann steht hinter der Realschule. »Wir wollen eine starke Realschule und nicht einen Schritt rückwärts gehen«, formuliert Görmann den einhelligen Wunsch der Eltern.
Einig waren sich letztlich alle Beteiligten darin, dass eine Ungleichbehandlung der Schulen nicht zu leugnen sei und dass man hoffe, dass endlich Chancengleichheit hergestellt wird.
Pro/Contra
Schulsystem
Die Landeregierung will das Schulsystem zu einem so genannten »Zwei-Säulen-System« weiterentwickeln, sodass man künftig auf der Realschule auch den Hauptschulabschluss am Ende der 9. Klasse erwerben kann.
Ab dem Schuljahr 2016/17 wird neben dem mittleren Leistungsniveau auch die grundlegende Niveaustufe angeboten. Individualisierte Lernformen sollen gestärkt werden.
◼ Klassen 5 und 6 gelten als Orientierungsstufe
◼ Klassen 7 und 8 als Kurssystem
◼ Klasse 9: grundlegendes Niveau – Hauptschulabschluss; mittleres Niveau – gezieltes Vorbereiten auf Realschulabschluss in Klasse 10
Kritikpunkte der Gegner:
◼ Mangelnde Differenzierungsmöglichkeit bei unterschiedlichen Niveaustufen
◼ Keine Planung, auch das erweiterte Niveau anzubieten
◼ Ungleichbehandlung von Realschulen und Gemeinschaftsschulen bei Förderstunden sowie Sachkostenbeiträgen.