Tumorpatient Dominik Stichler (5) geht es wieder gut
Dem kleinen Dominik Stichler geht es wieder gut. Er hatte am 2. März 2015 die Diagnose »bösartiger Tumor im Auge« bekommen, und von einem Tag auf den anderen war nichts mehr, wie es war (wir berichteten). Er durfte von heute auf morgen das Haus nicht mehr verlassen, den Kindergarten nicht mehr besuchen, keine Freunde mehr empfangen und nicht mehr alles essen.
Für ihn und seine Familie mit vier Geschwistern begann ein sechsmonatiger Alptraum mit vielen quälenden Stunden der Hoffnung und Angst. Im Sommer hatte der Elternbeirat von Dominiks Kindergarten einen Basar für den Jungen organisiert, um ihm und seiner Familie eine Freude machen zu können (wir berichteten). Damals wünschte sich die Familie, in den Sommerferien wieder nach draußen zu dürfen und einen Tag mit Dominik im Europa-Park zu verbringen. Die bescheidenen Wünsche wurden erhört.
Der große Tag kam kurz vor den Sommerferien, nachdem die Humangenetik-Untersuchung in Essen positiv verlaufen war. Dominiks Tumor war nicht vererbt, sondern ein Zellteilungsfehler. Ab diesem Tag durfte Dominik wieder raus und auch all seine Lieblingsspeisen wieder essen. Heute steht er absolut auf frisches Obst und Gemüse, was ihm vorher streng verboten war.
Bei den Geschenken des Kindergartens war auch eine Familieneintrittskarte für den Europa-Park dabei. So ging auch dieser Traum in Erfüllung, und die komplette Familie verbrachte einen wundervollen Tag in Rust. Dominik war überglücklich und nicht zu bremsen. Woher er damals all die Kraft und Energie nahm, ist den Eltern bis heute schleierhaft. Er machte alles mit, fuhr alle Bahnen, die er fahren durfte, hatte vor nichts Angst, und nichts war ihm zu wild. Er hatte dringenden Nachholbedarf. Von diesem Tag schwärmt Dominik heute noch.
Die lang ersehnte Rückkehr ins normale Leben gestaltete sich gar nicht so einfach, wie sich die Familie das vorgestellt hatte. So hatten die Eltern noch lange viel Angst um ihn, weil er mit nur einem Auge noch nicht so sicher war und sich oft irgendwo stieß und auch öfter fiel. Zudem bekam er viel schneller blaue Flecken als früher. »Wir haben ihn anfangs sehr behütet, weil er sich dauernd selbst überschätzte«, gesteht Mutter Alexandra.
Fahrrad oder Roller fahren konnte Dominik nicht mehr, was ihn ziemlich frustrierte. Dass wieder normal gegessen werden durfte, musste sich genauso erst wieder im Kopf verankern, wie dass man nicht jedes Mal beim Reinkommen die Hände desinfizieren muss. Viele Vorsichtsmaßnahmen waren zur Gewohnheit geworden.
Dominik war anfangs wie ein »wild gewordener Flummiball«. Aus lauter Angst, wieder eingesperrt zu sein, wollte er von morgens bis abends Programm machen. Er hatte Nachholbedarf und wahrscheinlich auch eine innere Angst, es könne morgen schon wieder vorbei sein, so wie er es schon einmal erlebt hatte. Und das, obwohl er immer noch schnell müde wurde und eigentlich auch etwas Ruhe nötig gehabt hätte.
Jetzt, noch mal ein halbes Jahr später (seit dem 7. Oktober auch stolze fünf Jahre alt), geht es ihm wieder richtig gut. Er spielt nach wie vor sehr gerne draußen, freut sich, wieder in den Kindergarten zu dürfen und viel mit seinem besten Freund Féréol unternehmen zu können. Anfangs war er zwar noch oft krank, da sein Immunsystem geschwächt war. Aber eine Grippe oder Magen-Darm-Infektion ist in Dominiks Augen gar nichts.
Krank sein verbindet er mit den grauenhaften sechs Monaten und ist etwas, was er nie mehr sein will. Von der Chemo ist Neurodermitis übrig geblieben, und an den Haaren sowie auf der Haut ist er noch sehr empfindlich. Sicher muss er auch den einen oder anderen Fehltag im Kindergarten wegen Vorsorge- und Kontrolluntersuchungen hinnehmen, aber Dominik ist dabei ganz relaxed. Wichtig ist ihm, dass seine Eltern dabei sind. »Dominik weiß über alles Bescheid und weiß auch, dass wir ihn nicht aus der Hand geben«, erzählt Mama Alexandra, und Papa Thorsten nickt. Er hat keine Angst vor Nadeln, macht keinen Piep und weint nicht. »Er ist ein unkomplizierter Patient«, sagen seine Eltern bewundernd.
Im Kindergarten war Dominik gleich wieder fest integriert. »Kinder haben da keine Berührungsängste«, sagen seine Eltern froh. Das hätten eher die Erwachsenen. »Viele unserer Freundschaften sind kaputtgegangen. Viele, die uns nahe standen, sind komplett aus unserem Leben verschwunden«, bedauern die Eltern und können es auch nicht ganz verstehen, da ein Tumor nichts Ansteckendes ist.
Dauerpatient
Für Dominik stehen laut Nachuntersuchungsplan weiterhin regelmäßige Arzttermine in Freiburg und Essen an, da zu den Nebenwirkungen der Chemotherapie Zweittumore zählen, die meistens in der Pubertät auftreten. Auch wenn dies bei Dominik wegen seiner Diagnose fast ausgeschlossen werden kann, bleibt ein wenig Restangst, die ein ungewollt treuer Familienbegleiter bleiben wird.em