Uli Boettcher unterhält in Kappelrodeck mit Midlife-Krisen
Das Leben kann ganz schön vertrackt werden, wenn ein Mann die 40 erreicht hat. Wie vertrackt und Besorgnis erregend, das vermittelte am Sonntagabend im Gästehaus Vaya Casa Kabarettist Uli Boettcher. Gestik und Mimik unterstrichen immer wieder die bedrohliche Erkenntnis: »Ü40 – Die Party ist zu Ende«, dies war auch der Titel seines Programms. Eine frappierende Schlagfertigkeit gehörte dazu; sie kam in seinen witzigen Dialogen mit Besuchern grandios zum Ausdruck. Auf diese Weise sowie mit tollen Gags gelang es Boettcher, dass sein Publikum von der ersten bis zur letzten Minute gespannt auf jedes nächste Wort wartete. Und sah in der voll besetzten Veranstaltung tatsächlich einmal eine oder einer zufällig auf die Uhr oder zeigte einen Anflug von Unaufmerksamkeit, so hatte Boettcher sie gleich beim Wickel und zog sie in ein herzhaftes und spaßiges Zwiegespräch.
Junge haben gut lachen
Gleich zu Beginn machte er unmissverständlich klar: »Ü40 ist nicht Gefühlssache, sondern knallharte Realität.« Deshalb teilte er den 20-Jährigen im Saal auch gleich mit, dass sie eigentlich zu jung für das Programm seien und fragte, ob sie sich denn als »Katastrophentouristen« unters Publikum gemischt hätten. Die Kuriositäten des Schreckens erstreckten sich im Lauf der zweieinhalbstündigen Schilderung der ins ganz normale Leben einbrechenden Vertracktheiten ab 40 vom Schnarchen über die Überwindung der Midlife-Crisis durch ein Klassentreffen und über den ersten Besuch beim Urologen bis zum Umgang mit dem pubertierenden Nachwuchs.
Köstlich war Boettchers Ausführung zum Elternabend im Kindergarten. Schallend gelacht wurde auch bei seiner Schilderung des Elternabends in der Schule. Als Ratschlag gab er werdenden Eltern im Saal mit: »Klärt ab, wer geht.« Realitätsnah und äußerst amüsant vermittelte er Freud und Leid mit dem pubertierenden Nachwuchs und stellte fest: »Ich war jahrelang der Meinung, unseren Kindern ein liebevolles und behütetes Elternhaus geboten zu haben, aber anscheinend war es doch ein pädagogisches Guantanamo.«
Kahle Stellen abdecken?
Wissenschaftlich erklärte er den Zustand der Pubertät mit einer Zeit der Umbildung der Synapsen im Gehirn, weshalb Ohren und Hirn vorübergehend nicht mehr vernetzt seien. Die peinliche Entdeckung, dass seine Buben eine kahl werdende Stell auf dem Hinterkopf filmten und ihm zeigten, rundete zu guter Letzt die Ü40-Katastrophe ab. Dem Vorschlag aus dem Publikum, sie mit »Streuhaar« zuzudecken, konnte Boettcher nur ein müdes Lächeln abgewinnen, aber zum Judentum konvertieren und somit die Stelle mit einer Kippa abdecken wollte er auch nicht. Riesenbeifall machte schlussendlich deutlich, dass sein Auftritt bestens angekommen war. Als Zugabe gab er eine Kostprobe seines neuen Programms »Ü50 – Silberrücken im Nebel«.