Wettach: »Wir sind Weltbürger«
Seit 15 Jahren war Walter Wettach evangelischer Pfarrer für Freistett und Memprechtshofen. Nach seiner offiziellen Verabschiedung Mitte April steht für den »Pfarrer in Reichweite« in Kürze ein Umzug nach Kamerun, Heimatland seiner Frau Victoria, an. Im Interview verrät Wettach, warum er nach Afrika umzieht, was er wohl vermissen wird und ob die Rheinauer ihn trotzdem hin und wieder sehen werden.
Herr Wettach, Sie wurden bereits offiziell in den Ruhestand verabschiedet. In Kürze soll es dann nach Kamerun gehen. Sitzen Sie schon auf gepackten Koffern?
Walter Wettach: Noch nicht ganz. Wir waren dabei, unser Pfarrhaus zu räumen: Packen, Möbel abbauen, entsorgen oder aufbewahren, bis der Container zum Packen kam.
Sicherlich haben Sie noch die eine oder andere Verpflichtung, bevor es losgeht. Wie sieht Ihr Fahrplan für die nächsten Wochen bis zur Abreise aus?
Wettach: Zwei Gottesdienste stehen und standen noch an: Am Pfingstsonntag waren Jubelkonfirmationen und am 24. Juli der Heidenkirchel-Gottesdienst zum Fest des Heimatbundes, dazu eine goldene und eine diamantene Hochzeit sowie drei Hochzeiten. Anfang August ist alles erledigt und wir fliegen nach Kamerun.
Was treibt Sie in die Ferne Afrikas?
Wettach: Meine Frau ist eine Kamerunerin. Über 20 Jahre lebte sie hier in Deutschland, jetzt darf sie wieder mach Hause, zumal ihre Mutter mit über 90 Jahren noch am Leben ist und sich auf uns freut.
Was nehmen Sie mit?
Wettach: Ein Teil unserer Möbel und Haushaltsgegenstände, Bilder und Kunstgegenstände und das Versprechen, dass unsere Freunde uns besuchen werden.
Gibt es etwas, von dem Sie jetzt schon wissen, dass Sie es vermissen werden?
Wettach: Wir werden Menschen vermissen, mit denen wir viel gelebt und erlebt haben, zuerst natürlich auch unsere Kinder. An Weihnachten werden wir den Winter vermissen und Christbäume. Aber ein anderes Land ist hochinteressant. Wir wohnen in einer Stadt mit über vier Millionen Einwohnern und in einem Fischerdorf mit 1200 Einwohnern im Haus am Meer, ebenfalls spannend.
Als Seemannspfarrer wirkten Sie bereits zu Beginn der 90er ein Jahr lang in Kamerun. Haben Sie seither den Kontakt nach Westafrika gehalten oder wird es für Sie erneut ein Sturz ins kalte Wasser?
Wettach: Ich bin in unserem Stadtviertel gut verankert, »le Blanc de Quartier« – der Weiße im Viertel. Im Heimatort meiner Frau kenne ich alle Verwandten und Nachbarn – seit über 20 Jahren.
Wie werden Sie Ihre 15-jährige Rheinauer Amtszeit mit all Ihren Höhen und Tiefen in Erinnerung behalten?
Wettach: Freistett ist meine Heimat geworden. Ich kenne mich hier besser aus als in meinem Geburtsort. Die Menschen, die Familien, die Vereine, alles ist mir und meiner Familie sehr vertraut.
Der Pfarrer i.R. Walter Wettach träge in einer Hängematte am Strand – dieses Bild können sich wohl die wenigsten, die Sie kennen, vorstellen. Wie sehen Sie sich selbst in Kamerun?
Wettach: In Kamerun können wir viel machen. Wir unterstützen die Grundschulkinder im Dorf meiner Frau und deren Eltern. Wir haben viele Ideen und sind selbst gespannt, was wir letztlich verwirklichen können.
Pfarrer sein ist wohl mehr Berufung als Beruf. Wollen Sie in Kamerun in irgendeiner Form kirchlich weiterarbeiten?
Wettach: Die Partnerkirche der Badischen Landeskirche ist die englischsprachige Presbyterian Church. In unserem Stadtviertel haben sie eine Kirche. Vielleicht kann ich da Anschluss finden. Aber wir sind jedes Jahr zwei bis drei Monate in Freistett. Da bin ich als Pfarrer i. R. (in Reichweite) ansprechbar.
Haben die Rheinauer die Chance, Sie auch nach Ihrer Abreise hin und wieder mal in Freistett zu sehen oder kehren Sie Ihnen endgültig den Rücken?
Wettach: Wie gesagt, wir kommen. Unsere Kinder sind in Bern, Freistett, Ludwigshafen, Berlin und Oxford. Wir wollen sie sehen. Unsere Freunde sind in Freistett, wir wollen mit ihnen feiern. Wir sind in Freistett zu Hause und ebenso in Douala oder Ebodje. Wir sind Weltbürger.
Zur Person
Walter Wettach, 1952 geboren, ist in Langensteinbach bei Karlsruhe aufgewachsen. Nach dem Abitur in Ettlingen studierte er Theologie in Erlangen und Tübingen. Als Lehrvikar war Wettach in Gaienhofen am Bodensee, als Pfarrvikar in Mannheim und ab 1981 Pfarrer in Rielasingen-Worblingen am Bodensee.
1990/91 folgte ein Jahr als Seemannspfarrer in Kamerun. Nach 1991 arbeitete Wettach zwei Jahre als Religionslehrer in der Integrierten Gesamtschule in Mannheim-Herzogenried (IGMH), um von 1993 bis 2000 die Paulusgemeinde in Mannheim-Waldhof zu betreuen.
Seit 2000 ist der fünffache Familienvater Wettach Pfarrer für Freistett und Memprechtshofen. Bis morgen, Sonntag, hat er noch Resturlaub, dann endet endgültig seine Rheinauer Amtszeit. Dann übernimmt Pfarrer Martin Grab aus Rheinbischofsheim die Vakanzvertretung.bru