Windrad-Standorte sorgen für Ärger
Mit großer Mehrheit hat der Oberkircher Gemeinderat entschieden, neben den in Oberkirch bereits gesetzten Gebieten Schwend und Kutschenkopf auch mit dem Großen Schärtenkopf in Lautenbach in die Offenlage des Teilflächennutzungsplans »Windenergie« zu gehen.
In der Vorlage zur Bürgerversammlung in Oberkirch, die im Dezember über den Windkraft-Flächennutzungsplan informierte, sollte das Gebiet am Großen Schärtenkopf noch wegen »hoher Sichtbarkeit« im Renchtal ausscheiden. Damals mit dem Zusatz versehen, dass unklar sei, ob die Verwaltungsgemeinschaft Oberkirch-Renchen-Lautenbach mit den Konzentrationszonen Schwend und Kutschenkopf den von der Landespolitik geforderten »substanziellen Raum« für Windräder ausweist. Jetzt geht das Gebiet »Großer Schärtenkopf« zusätzlich in die Offenlage (20 zu 4 Stimmen dafür). Für OB Matthias Braun ist dies aber noch keine Festlegung: Welche der drei Standorte am Ende des Verfahrens übrigblieben, sei völlig offen.
In Oberkirch geht man zumindest davon aus, dass mit der Ausweisung von drei Vorranggebieten im Flächennutzungsplan alle weiteren Flächen des Verbandsgebietes als Windrad-Standorte ausgeschlossen werden können.
»Wir wollen die Standortwahl steuern«, erläuterte der OB. »Windkraft auf dem Festland ist die günstigste Form der Erneuerbaren Energie. Mit drei Windkraftanlagen können 70 Prozent der Oberkircher Privathaushalte mit Strom versorgt werden«, skizzierte er den aus seiner Sicht gegebenen Nutzen. Die Attraktivität nehme zu, da die Technik zum Speichern des produzierten Stroms »relativ weit ist«.
Unterstützung gab es aus dem Gemeinderat. Michael Braun für die CDU: »Wir folgen dem Vorschlag der Verwaltung, mit den Gebieten »Buchwald/Schwend« und »Kutschenkopf« in die Offenlage zu gehen.« Den Standort »Großer Schärtenkopf«, vom Regionalverband als einziger Standort vorgeschlagen, könne man sich ebenfalls vorstellen, wenn dieser Vorschlag in der Verwaltungsgemeinschaft mehrheitsfähig sei.
Hans-Jürgen Kiefer hatte für die SPD den Antrag gestellt, den »Großen Schärtenkopf« als weitere Konzentrationszone aufzunehmen. Er habe erwartet, dass die Auswahl von Standorten »reflexartige Proteste und Horrorszenarien« auslöst. »Es geht aber nicht um die Veränderung des Landschaftsbildes am Standort X, sondern um die Versorgungssicherheit nachfolgender Generationen.«
Frank Hellstern (FWV) sprach für eine geteilte Fraktion (Joachim Haas und Karl-Heinz Menzel stimmten gegen den Schärtenkopf), die aber grundsätzlich für Windkraft in Oberkirch ist. »Belästigungen für die, die nah dran wohnen, gibt es bei allen Infrastrukturprojekten.« Diese Personen dürften alle Rechte ausschöpfen, um die Entscheidung zu beeinflussen. Der Gemeinderat müsse aber im Sinne Oberkirchs entscheiden. Reibereien mit angrenzenden Kommunen seien nicht zu vermeiden. »Wenn im Laufe des Verfahrens Fehler auftauchen, werden die Gerichte das wohl klären.«
Manuela Bijanfar (Grüne) schloss sich dem SPD-Antrag an: »Mit drei mal drei Windrädern können wir sehr gut leben. Die Planungszuweisung an die Kommunen durch die Landesregierung bewertete sie positiv.
Rudolf Hans Zillgith (BfO) war nicht ganz so euphorisch. Er sprach die mangelnde Rentabilität von Altanlagen an und verwies auf neue Informationen aus Dänemark über die Gefahren des von Windrädern produzierten Infraschalls. Wie sein Fraktionskollege Florian Braun sprach er sich gegen den Schärtenkopf und für zwei Standorte in der Offenlage aus.
Kein Thema waren die Empfehlungen der Ortschaftsräte, die sich mehrheitlich für zwei Standorte (Kutschenkopf und Schwend) ausgesprochen hatten. Mit der Festlegung ist klar, dass weitere Standorte zunächst nicht untersucht werden.
Kommentar: Schwarzen Peter gezogen
Kommunalpolitiker sind nicht dafür da, sich beliebt zu machen. Sie sollen nach bestem Wissen Entscheidungen treffen, idealerweise zum Wohle der Bürger ihrer Gemeinde. Doch was ist mit den Interessen der Nachbargemeinden. Bei den meisten kommunalpolitischen Entscheidungen stellt sich die Frage nicht. Bei der Ausweisung von Flächen für Windräder schon. Die Nachbarn in Durbach bleiben verschont, die Achertäler sind in Kappelrodeck, Ottenhöfen und Seebach mit Schwend und Kutschenkopf doppelt betroffen. Die Oppenauer vor allem in Lierbach und Ramsbach.
Jetzt ist der Ärger in der Verwaltungsgemeinschaft angekommen. Die Lautenbacher wollen den Schärtenkopf ausschließen. Die Oberkircher den Standort prüfen lassen, obwohl er auf Lautenbacher Gemarkung liegt.
Oberkirch wird den Schwarzen Peter nicht los. Schuld daran ist nicht nur die Landesregierung, die das Planungsrecht den Kommunen übertragen hat. Schuld ist auch die mangelhafte Kommunikation zwischen den Nachbarn und die fehlende Energie, interkommunal zu agieren und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Zusammenarbeit in Sachen Windräder leider Fehlanzeige. Und damit landet der Schwarze Peter auch bei den Nachbarn.
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Bühler enttäuscht
Enttäuscht vom Oberkircher Beschluss zeigte sich gestern Lautenbachs Bürgermeister Karl Bühler. »Oberkirch soll auf seiner Gemarkung Standorte suchen, nicht auf unserer. Dafür habe ich kein Verständnis«, sagte er auf Anfrage der Acher-Rench-Zeitung. Der Lautenbacher Gemeinderat hatte sich sowohl im Flächennutzungs- als auch im Regionalplan gegen Windkraftanlagen auf dem Schärtenkopf ausgesprochen. Dem Oberkircher Standort Schwend hatte Lautenbach nur unter dem Vorbehalt sein Okay gegeben, dass auch der Oberkircher Gemeinderat dem Standort zustimmt. Bühler: »Gleiches hätten wir auch von Oberkirch erwartet.«