»Wir können nicht billig, sondern gut«
Hochmodern und dennoch mit sehr viel Handarbeit – so werden beim Freistetter Objektmöbelhersteller Brunner Tische und Stühle produziert: Bei einer informativen Führung im Rahmen der ARZ-Aktion »Offenes Werkstor« erhalten zwei Dutzend kleine und große Leser spannende Einblicke in die Welt des Rheinauer Großunternehmens.
Dass ein Stuhl nicht einfach nur was zum Draufsitzen und ein Tisch mehr als eine Arbeitsplatte ist, wird beim Besuch des Objektmöbelherstellers Brunner schon am Eingang deutlich: In dem 2005 fertiggestellten Kommunikationszentrum, ein moderner Glasbau, der einer der sieben Showrooms des Familienunternehmens ist, sind einzelne Produkte ausgestellt: vom eleganten Leder-Bürostuhl über den peppigen Barhocker für den Kantinenbereich bis zum patentierten Stehtisch, bei dem man sowohl die Tischplatte als auch das Gestell einklappen kann und der danach dennoch nicht umfällt. Alle haben eines gemeinsam: die Liebe zu Detail und Qualität.
»Wir können nicht billig, sondern gut«, fasst diese Firmenphilosophie Marc Brunner zusammen, der 2004 in die Geschäftsführung eingestiegen ist und für Export, Marketing und Neuentwicklung zuständig ist. Mit Vater Rolf Brunner sowie Bruder Philip stellt Marc Brunner den ARZ-Lesern das 400 Mitarbeiter zählende Unternehmen vor. Als weitere Geschäftsführerin leitet Helena Brunner die Finanzen. Bevor Philip Brunner mit einer der zwei Gruppen in die Werkhallen schreitet, berichtet er von dem für 2016 geplanten Neubau auf 6000 Quadratmetern Fläche im rückwärtigen Bereich, wo Produktion, Kantine und Büro unterkommen sollen, denn »im Moment platzen wir aus allen Nähten«.
»Alles, was man hier sieht, ist bereits verkauft«, erklärt der Junior-Chef an der ersten Station, der Bohrerei. Hier erhalten aus mehreren dünnen Schichten gepresste Holzschalenstühle die für das Metallgestell nötigen Löcher. Auf einem Fließband geht es später durch die Lackiererei und weiter in den Trockenraum, wo UV-Licht den Lack aushärtet. Allein rund 1000 dieser Stühle werden hier täglich produziert, berichtet Philip Brunner. In der Polsterei erhalten die Stühle bis zu zehn verschiedene Schaumstoffe. Zu sehen ist hier auch, wie vorgefertigte Drehsessel – ein im Kern mit Eisengestell gefestigter Schaumstoffrohling – ausgepolstert werden. »Da steckt viel Know-how drin.«
In Sekundenschnelle
Besonders interessant: der Lederzuschnitt. Hier scannt eine Maschine, die ihre Wurzeln in der Automobilindustrie hat, das Kuhleder. Ein Mitarbeiter sorgt am Computer dafür, dass der vollautomatische Zuschnitt der Einzelteile möglichst mit wenig Verschnitt erfolgt. In Sekundenschnelle bearbeitet die Maschine alle Teile. »Früher haben wir das alles von Hand geschnitten«, sagt Philip Brunner. Seine Gäste staunen. Viel Handarbeit ist hingegen in der Näherei gefragt, und das, obwohl sich das Unternehmen die Lederbezüge auch vorgefertigt anliefern lassen könnte. Macht Brunner aber nicht, und zwar aus gutem Grund: »Die Qualität muss top sein.«
Probesitzen inklusive
An der nächsten Station erhalten Sessel ihre Lederbezüge – da ist viel Körperkraft gefragt. In dem zweifarbigen Ledersessel, der gerade bezogen wird, steckt allein rund 100 Minuten Näharbeit, erklärt der Junior-Chef. In der Endmontage erhalten die eingangs inspizierten Holzschalenstühle ihr Gestell – und zum Schluss einen Barcode-Aufkleber. »Da sitzt man gut drauf, ja?«, lädt Philip Brunner zum Probesitzen auf rot gepolsterten Stühlen ein, die für eine Universität in St. Petersburg produziert werden. Jeder Holzstuhl wird vor dem Versand auf eine geeichte Waage gestellt: Wackelt er, wird umgehend ein Bein leicht gekürzt. Danach werden sie verpackt und verladen.
Bei der Tischproduktion arbeitet Brunner Hand in Hand mit der Rheinbischofsheimer Firma Ruhsi. »Diese liefert dreimal täglich ›just in time‹ die Platten, die dann bei Brunner nur noch die Gestelle erhalten. Viel zu staunen gibt es zum Abschluss im Prüfzentrum, wo neue Produkte einem Dauertest unterzogen werden: Auch nachdem eine Maschine zum 50 000. Mal mit 350 Newton gegen die Sessellehne gedrückt hat, sieht das Möbelstück einwandfrei aus.
HISTORIE
1977: Rolf und Helena Brunner gründen das Familienunternehmen Brunner.
1978 erfolgt der Bau der ersten Produktionshalle und der Umzug von Bühl nach Rheinau.
1983: Fertigstellung einer zusätzlichen Lagerhalle mit 1500 Quadratmetern.
1984: Die Mitarbeiterzahl steigt auf 70, der Umsatz erreicht 16 Millionen DM .
1996 erreicht die Mitarbeiterzahl die 200er-Marke. Gleichzeitig wird die Produktion um 5000 Quadratmeter erweitert.
2004: Einstieg von Marc Brunner in die Geschäftsleitung.
2005: Zum Jahresende wird das sogenannte Kommunikationszentrum, ein als Showroom dienender moderner Glasbau, eröffnet.
2010 steigen auch Philip und Tina Brunner in das Unternehmen ein.
ZAHLEN
Insgesamt 400 Mitarbeiter sind bei der Firma Brunner, eines der fünf größten Rheinauer Unternehmen, beschäftigt. Gearbeitet wird im Ein-Schicht-Betrieb, lediglich in der Polsterei gibt es einen Zwei-Schicht-Betrieb.
Täglich verlassen zwischen 1500 und 2000 Stühle sowie 400 bis 500 Tische die Firma Brunner.
60 Prozent der Brunner-Produkte werden in Deutschland verkauft. Im Fokus des Unternehmens stehen Lösungen für Wirtschaftsunternehmen und Hotellerie, Messen und Kongresszentren sowie für Einrichtungen aus den Bereichen Pflege, Bildung und öffentliche Hand.
Nur sieben Tage beträgt die Durchlaufzeit der in den Werkhallen gelagerten Möbelkomponenten. Die fertigen Möbel werden im Anschluss sofort per Spedition oder mit einem der zwölf firmeneigenen Lkw an die Kunden ausgeliefert.
Brunner unterhält in Deutschland sieben Showrooms. Neben dem am Firmensitz in Freistett gibt es weitere in Berlin, Frankfurt, München, Hannover, Solingen und Großbettlingen bei Stuttgart.
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