Zillgith korrigiert die Architekten
Von der Zähringerstadt Oberkirch wollte am Montag keiner mehr offen sprechen – obwohl der Begriff im Siegerentwurf des Architektenwettbewerbs keine unbedeutende Rolle spielt. Denkmalpfleger Rudolf Hans Zillgith hatte zuvor die Darstellung des Würzburger Architekten verbessert.
Ein Charakteristikum der Oberkircher Hauptstraße erkennt Architekt Hartmut Holl in deren marktartiger Verbreiterung und dem s-förmig geschwungenen Lauf. Elemente, die nicht zufällig entstanden seien. »Der geschwungene Lauf ist Merkmal einer bewusst geplanten Anlage einer Zähringerstadt.« Bei der Umgestaltung der Innenstadt will er diese Elemente wieder deutlicher herausarbeiten. Die Jury fand Holls Entwurf so überzeugend, dass sie ihn einstimmig zum Sieger des Architektenwettbewerbs kürte. Den Begriff Zähringerstadt nahmen die Beteiligten bei der Vorstellung der Entwürfe dennoch nur noch verklausuliert in den Mund.
»Eine urbadische Stadt«
Anlass war eine Mail des Denkmalpflegers und BfO-Stadtrats Rudolf Hans Zillgith an den OB, Fachpreisrichter Fred Gresens und die Kollegen Fraktionssprecher. Zillgith stellt darin in einer zwei Din-A-4-Seiten umfassenden Abhandlung die Gründungsgeschichte der Stadt dar. Sein Fazit: »Oberkirch ist eine urbadische Stadt.«
Die Markgrafen von Baden waren quasi die Nachfolger der aus einem schwäbischen Adelsgeschlecht stammenden Zähringer. Sie hatten deren Markgrafentitel und Teile des Besitzes geerbt, nachdem die Zähringer-Herrscherlinie 1218 mit dem Tod von Herzog Berthold V. ausgestorben war.
Die Markgrafen von Baden hatten Oberkirch von 1246 bis 1286 an der heutigen Stelle in der Tallage wieder aufgebaut. Zuvor war die von den Zähringern erbaute Ansiedelung unterhalb der Schauenburg im Bereich des heutigen Leimen, Finkenweg und Hungerberg von den Grafen von Urach, ebenfalls Schwaben, zerstört worden. Die Herrschaft der Zähringer war da schon fast seit 30 Jahren Geschichte.
Dennoch übernahmen die Badener beim Wiederaufbau der Stadt einige typische Merkmale der Zähringer. Zillgith zählt dazu die breite Hauptstraße als Marktstraße, das überwiegende Raster im Grundriss und das Fehlen eines zentralen Platzes. Folgende Zähringer-Merkmale liegen in Oberkirch hingegen nicht vor: das Fehlen einer Stadtmauer, die Burg des Stadtherrn in der Stadt, die zentrale Wasserversorgung über einen Stadtbach in der Hauptachse.
Zillgiths Zweifel erkannten bei der Ausstellungseröffnung am Montag alle Beteiligten an. »Wir sind alle lernfähig«, sagte Fachpreisrichter Fred Gresens, der die preisgekrönten Entwürfe vorstellte. Oberkirch sei kein Klassiker für eine Zähringerstadt, sondern weise nur einige deren Elemente auf.