Oberkirch

Stadelhofer Landwirt pflückt Äpfel mit dem Tablet

Simon Allgeier
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10. Februar 2017
Einen zur fahrbaren Plattform umgebauten Traktor nutzen Dominic Ell (rechts) und sein Auszubildender Michael Busam, um auch die Äste an den Spitzen der Apfelbäume schneiden zu können.

(Bild 1/3) Einen zur fahrbaren Plattform umgebauten Traktor nutzen Dominic Ell (rechts) und sein Auszubildender Michael Busam, um auch die Äste an den Spitzen der Apfelbäume schneiden zu können. ©Simon Allgeier

»Im Märzen der Bauer die Rösslein einspannt.« Mit dem alten Kinderlied hat die moderne Landwirtschaft nur noch wenig gemein. Obstbäume schneiden, Erdbeerkulturen vorbereiten und den Einsatz der Erntehelfer planen – die Arbeit auf dem Obsthof Ell in Stadelhofen geht auch im Winter nicht aus. Wir begleiten den Landwirt Dominic Ell durch die Jahreszeiten: Winter.

Vom Dachvorsprung im Langenbühndweg 1 tropft der Regen. Tauwetter hat eingesetzt. Vor dem Fenster von Dominic Ells Büro parkt sein weißer VW-Transporter. Gleich wird der Obstbaumeister wieder hinausfahren auf seine rund um Stadelhofen gelegenen Felder. Eigentlich ist jetzt die Jahreszeit, in der es ein Landwirt etwas ruhiger angehen kann. Die Natur ruht. Dominic Ells Handy klingelt. »Wir telefonieren heute Abend mal.« Eine kurze Verabschiedung auf rumänisch. Die ersten Erntehelfer wollen wissen, wann sie auf dem Obsthof Ell gebraucht werden. Sie müssen sich noch etwas gedulden. Zwei Erntehelfer hat der 24-jährige Obstbaumeister ab Mitte Februar einbestellt. Zum Holzmachen und für die Vorbereitung der Johannisbeerkulturen. Doch die meisten ausländischen Arbeitskräfte müssen noch bis Mai warten. Dann leben und arbeiten bis zu 45 Erntehelfer auf dem Obsthof. Sie müssen ihren Einsatz in Deutschland genauso planen wie Dominic Ell. Maximal 70 Tage dürfen sie hier arbeiten, danach fallen sie unter die Sozialversicherungspflicht.  

Über Wirtschaftswege und mit Wasser gefüllte Schlaglöcher geht es zu einem der rund um Stadelhofen gelegenen Felder des Obsthofs. Dominic Ell holt eine Elektro-Rebschere aus dem Laderaum des Transporters und schnallt sich den Akku wie einen Rucksack auf den Rücken. »Die Alternative wäre Druckluft«, meint der Obstbaumeister. Aber dafür brauche man immer auch einen Traktor, der den Kompressor betreibt. Die geräuscharme Variante ist ihm lieber. Michael Busam hat sich schon bis in die Mitte einer Apfelbaumreihe vorgearbeitet, setzt die Schere schon routiniert an den Trieben an. Die Arbeit im Obstbau kennt der Auszubildende von klein auf. Aber hier, auf dem Obsthof Ell, will er lernen, wie es richtig geht. »Wir verwenden hier den sogenannten Zapfenschnitt«, sagt der Obstbaumeister, während ein Ästchen nach dem anderen auf den Boden fällt. Der richtige Schnitt entscheide über die Qualität der Äpfel und die Erntemenge, meint der Obstbaumeister. Beim Zapfenschnitt werde die Entwicklung neuer, flacher Fruchtäste gefördert. Es geht rasend schnell. 80 bis 120 Stunden, überlegt Dominic Ell, so lange brauche er etwa, bis die Bäume auf einem Hektar geschnitten sind. Rund 24 000 Bäume dürften es auf dem gesamten Obsthof sein. 

Dem Zufall überlassen kann und will Dominic Ell nichts. »Das ist ein wirtschaftlicher Betrieb, der auch so geführt werden muss.« Deutlich wird das am Zeiterfassungssystem. Auf einem in einer kleinen Holzhütte auf dem Obsthof installierten Tablet trägt jeder Mitarbeiter – egal ob Azubi oder Erntehelfer – nicht nur die geleisteten Stunden ein, sondern auch die Art seiner Arbeit, indem er die Symbole für Erdbeeren, Johannisbeeren oder eben Äpfel antippt. Seit dem frühen Morgen ist Michael Busam nun in der Apfelkultur beschäftigt. Der Regen wird wieder stärker. Aber jetzt heißt es hoch hinaus. Die Zeiten, in denen die Apfelbäume aus Gründen der Sicherheit und Arbeitserleichterung immer niedriger gezüchtet wurden, sind auf dem Stadelhofener Obsthof vorbei. Grund dafür sind laut Ell die immensen Kosten für die Hagelnetze. Damit sich diese rechnen, soll ein Baum möglichst viele Äpfel tragen. Gleichzeitig muss er schlank sein, damit noch ausreichend Licht auf die unteren Astreihen fällt. Bis zu 3,50 Meter hoch sind die Bäume hier. 

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Eigentlich sollte der alte Traktor ausrangiert werden. Umgebaut dient er inzwischen als fahrbare Plattform. 

Lösungen von der Stange gibt es nicht, meint der Obstbaumeister und geht zu einem am anderen Ende des Feldes geparkten Traktor. Dass es sich um einen solchen handelt, ist erst auf den zweiten Blick zu erkennen. Eine große Plattform bedeckt die Motorhaube und auch den Fahrerraum. Nur eine kleine Aussparung bleibt da, wo der Sitz ist. Michael Busam fädelt sich durch das Loch, startet den Motor. »Eigentlich wollten wir den Traktor hier schon ausrangieren«, erklärt Dominic Ell. Dann aber kam ihm die Idee für den Umbau. Auch so etwas, was in den nicht ganz so betriebsamen Wintermonten möglich ist. Mit den rot lackierten Stahlstreben und der großen Platte oben drauf verwandelte sich der alte Traktor in eine Arbeitsplattform. Blieb nur noch die Frage zu klären, wie diese durch die Baumreihen gesteuert werden kann. Ein dritter Mann, der das Gefährt steuert, kam für Dominic Ell aus wirtschaftlichen Gründen nicht in Betracht. Also musste der Traktor seinen Weg selbst durch die Reihen finden und zwar so, dass zwei Menschen auf der Plattform stehen und arbeiten können.

Der Dieselmotor tuckert im Leerlauf vor sich hin. Dominic Ell legt den Gang ein und der Traktor setzt sich mit Kriechgeschwindigkeit langsam in Bewegung. Michael Busam klettert auf eine kleine Leiter auf der Plattform, Dominic Ell beugt sich auf der gegenüberliegenden Seite weit nach außen. Jetzt sind auch die obersten Äste der Apfelbäume in Reichweite ihrer Scheren. Die beiden sind ein eingespieltes Team. Kurz bremsen oder gar zurücksetzen ist nicht, der Traktor fährt von alleine. »Das System hat ein Freund von mir entwickelt«, erklärt der Obstbaumeister und zeigt auf einen dünnen Metallstab, der beweglich in Nabenhöhe am Ausleger der Plattformkonstruktion angebracht und mit Sensoren bestückt ist. Sobald der Stab einen Baum berührt, schlagen die Vorderräder des Traktors ein. Immer abwechselnd – rechts, links. Von dem Rädertanz unter ihnen bekommen die beiden auf der Plattform nichts mit. Der Traktor bleibt in der Spur. Wäre die Lenkung einfach nur fixiert, würde er wegen der Bodenunebenheiten auf kurz oder lang in die Baumreihen steuern.

Der Regen wird stärker. Kein Wetter, um noch länger draußen zu bleiben. Dominic Ell bricht den Baumschnitt für heute ab. Auch im Büro und auf dem Obsthof wartet noch genug Arbeit. Sieben Traktoren müssen gewartet werden. »Die Maschinenpflege ist wichtig, damit im Frühjahr auch alles funktioniert.« 

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