Gemeinderat beschließt aus für die Ausschüsse
Der Kehler Gemeinderat hat am Mittwochabend als zweite Große Kreisstadt in Baden-Württemberg die Ausschüsse abgeschafft. Der Beschluss wird ab dem 1. Januar 2016 umgesetzt.
15 Stadträte und OB Toni Vetrano stimmten im Gemeinderat für die Abschaffung der Ausschüsse, sieben Stadträte dagegen. Die Fraktionen der SPD und der GFJ (Grüne, Frauenliste, Jugendliste) hatten den Antrag gestellt. SPD-Stadtrat Hans-Jürgen Sperling hatte ihn mit den Worten begründet: »Wir glauben, dass mit Abschaffung der beschließenden Ausschüsse es mehr als bisher erreicht wird, dass alle Gemeinderäte gleiche Informationen bekommen und damit auch gleiche Mitentscheidungsmöglichkeiten haben.« Wer nicht im Technik-Ausschuss sitze, dem fehlten viele Informationen, die man zur Entscheidungsfindung brauche, argumentierte Sperling. Durch die Abschaffung der Ausschüsse werde die Arbeit transparenter und der Verwaltungsaufwand werde reduziert.
Die Freien Wähler (FW) sprachen sich für die Ausschüsse aus. Deren Abschaffung würden keine Vorteile bringen, meinte FW-Sprecher Claus-Dieter Seufert. Keine der beabsichtigten Ziele – Zeitersparnis, Transparenz und Stärkung des Gemeinderats – würden durch den Wegfall der Ausschüsse erreicht, so Seufert.
CDU-Fraktionschef Richard Schüler sagte: »Wenn wir mit einer Änderung unseres Verfahrens zu einer Entscheidungsfindung, an der alle Gemeinderäte in gleichberechtigter Weise beteiligt sind, kommen können, dann ist das für uns ein Grund zu sagen: Diesen Schritt sollte man probeweise gehen.« Schüler wies darauf hin, dass nicht alle Mitglieder seiner Fraktion dem zustimmen können, aber auf jeden Fall eine Mehrheit der CDU-Fraktion.
Wolfgang Maelger (Grüne) ergänzte, die Motivation für den Antrag sei es gewesen, dass alle Stadträte auf denselben Wissensstand kommen. Er wies darauf hin, dass dies zunächst als »Testlauf« gedacht sei – ebenso wie das sein Stadtratskollege Sperling zuvor getan hatte: Das ganze Verfahren müsse erst einmal erprobt werden, hatte Sperling gesagt: »Wenn wir sehen, wir kommen nicht damit zurecht, dann werden wir wieder neu diskutieren müssen, wie wir unsere Arbeit verbessern können.«
Aus Sicht der Verwaltung sprechen mehrere Gründe für die Beibehaltung der Ausschüsse: Das größte Problem sieht sie laut Vorlage im Wegfall der Option, komplexe oder sensible Themen nichtöffentlich vorzuberaten. Er sei überzeugt, meinte OB Toni Vetrano im Gemeinderat, dass nicht die Frage, ob die Ausschüsse abgeschafft oder beibehalten würden, maßgeblich ist, sondern wie die kommunalpolitische Arbeit mit den vorhandenen politischen Organen – künftig also nur noch der Gemeinderat – organisiert und strukturiert wird. Er – nach eigener Aussage »eher Befürworter der Ausschüsse«, würde daher in dieser Sache keine »dogmatische Diskussion« führen wollen.
SPD-Stadtrat Sperling hatte vorschlagen, bei besonders komplexen Themen künftig »beratende Projekt-Ausschüsse«, eventuell auch mit »sachkundigen Bürgern«, zu bilden. Sie müssten »wesentlich kleiner« sein als die beschließenden Ausschüsse, um dort intensiv beraten zu können. Der Vorschlag stieß zum Teil auf Skepsis: Dadurch werde quasi »durch die Hintertür« wieder auf das Instrument der Ausschüsse zurückgegriffen, kritisierte zum Beispiel FW-Sprecher Seufert. Sperling stellte klar, dass projektbezogene Ausschüsse nur bei sehr komplizierten Themen gebildet werden würden, deren Beratung vom Gemeinderat nicht zu leisten sei. Dies habe es früher auch schon gegeben – unter dem Namen: Arbeitsgruppe.
Abschaffung der Ausschüsse: die Folgen
Damit die Tagesordnung des Kehler Gemeinderats auch nach der Abschaffung der Ausschüsse überschaubar bleibt, schlägt die Stadtverwaltung vor, die Wertgrenzen bei der Zuständigkeit des Oberbürgermeisters deutlich anzuheben. Dafür wurde ein Entwurf für eine neue Hauptsatzung erarbeitet. Auch der Sitzungsrhythmus des Gemeinderats soll sich künftig ändern: Hier schlägt die Stadtverwaltung einen dreiwöchigen Rhythmus vor.
Der Beschluss, die Ausschüsse abzuschaffen, gilt ab dem 1. Januar 2016. Der Gemeinderat hat die Verwaltung am Mittwoch zudem beauftragt, die Einführung von iPads für den Gemeinderat zum 1. Januar 2016 vorzubereiten.